Ziemlich gut angekommen: Hélène Louvart erhielt den 18. Marburger Kamerapreis

Hélène Louvart ist die Trägerin des Marburger Kamerapreises 2018. Die 1964 im französischen Pontarlier geborene Kamerafrau nahm ihn am Samstag (28. April) in der Alten Aula entgegen.
Die Auszeichnung ist mit 5.000 Euro dotiert. Vergeben wird sie von der Stadt Marburg und der Philipps-Universität.
In ihrer Rede betonte Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause: „Hélène Louvart ist der Welt zugewandt, neugierig und offen, ohne voreingenommen zu sein – und hat so ihre spezifische Ästhetik entwickelt, die sich für andere Arten von Lebensentwürfen, vor allem für Außenseiter und Querdenker interessiert. Sie ist weniger an den öffentlich verehrten Heldenfiguren interessiert, sondern versucht, immer wieder andere Perspektiven auf die Welt zu eröffnen, das allzu Selbstverständliche und Naheliegende zu vermeiden. Insofern reiht sie sich würdig in die Reihe der großen Kameramänner und -frauen ein, die hier in Marburg seit 2001 geehrt wurden“.“
Nach Judith Kaufmann im Jahr 2006 und Agnes Godard 2012 ist Louvart die dritte Kamerafrau, die den Marburger Kamerapreis erhält. Das griff in seiner Rede auch Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies auf: „Wir haben bisher 15 männliche und drei weibliche Preisträgerinnen und Preisträger. Das liegt aber vor allem daran, dass der Job zu 90 Prozent in Männerhand ist. Dass das nicht so sein sollte, zeigt Hélène Louvart eindrucksvoll.“
Sie sei eine herausragende Bildgestalterin, schaffe einfühlsame, bewegende Bilder. „Erlauben Sie mir eine Anmerkung zur MeToo-Debatte“, griff der Oberbürgermeister ein aktuelles Thema aus der Filmbranche auf. „Missbrauch von Macht kann nur eingedämmt werden, wenn das Gefälle von Macht abgebaut wird. Dazu gehört, dass andere Bilder – auch andere Leitbilder – von humanem Zusammenleben entstehen. Deshalb brauchen wir Frauen als Kamerapreisträgerinnen.“
„Durch die Linse der Künstler sieht die Welt sich selbst“, sagte Dr. Thoralf Lipp von der Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst. „Künstlerische Bilder zu gestalten, ist daher eine kaum hochgenug zu schätzende gesellschaftliche Leistung.“
Die Laudatio auf die Preisträgerin hielt Regisseurin Hélèna Klotz, mit der Louvart 2012 den Film „Atomic Age“ („L ‚Age Atomique“) drehte. Sie schilderte die Zusammenarbeit mit der Kamerafrau, die eine spontane Künstlerin sei. „In ihrer Art, zu arbeiten, liegt etwas Mysteriöses“, sagte die Regisseurin.
Louvart gehe es nicht nur darum, eine Einstellung zu machen. „Indem ich ihre Arbeit beobachte, wie sie eine Einstellung ausleuchtet, bekomme ich selbst Ideen für die Szene und dafür, wie ich meine Schauspieler führe“, berichtete Klotz. Das Besondere an Louvart sei: „Sie ist in jedem Film anders.“
„Ich übersetze die Wünsche und Begeisterung meiner Regisseure“, erklärte die Preisträgerin ihre unterschiedlichen Bildstile. Sie zeigte sich überrascht von den vielen Besucherinnen und Besuchern bei der Verleihung: „Wir Kameraleute arbeiten eher im Schatten, während die Regisseure im Fokus stehen.“
Besonders erfreue sie, dass die Jury sie für ihre Arbeit auszeichne. Gerade in der Beleuchtungsarbeit stecke viel Forschung ihrerseits. „Ich fühle mich verstanden“, sagte sie mit einem Lächeln.
Louvart erhielt die Auszeichnung für Ihre der „Welt zugewandten, aber trotzdem nie den Blick für die Magie und Lyrik der Realität verlierenden Aufnahmen“, wie die Jury in ihrer Begründung erklärte. „Es fällt auf, dass dieses Kino dezidiert transnational operiert, sich also konsequent traditionellen Zuschreibungen der Nationalkinematographie entzieht. Nur wenige Bildgestalter können eine derart kosmopolitische Filmografie vorweisen“, heißt es weiter. „Dieses Gespür, ganz dicht an der Essenz der Realität zu bleiben und sich für deren Nuancen zu interessieren, aber noch in der unwirtlichsten Szene eine eigene Schönheit zu entdecken, ist der gemeinsame Nenner ihrer Bildgestaltung.“
Louvart fotografierte Filme wie „Gibt es zu Weihnachten Schnee?“ im Jahr 1996 mit Sandrine Veysset und „Raya“ 2003 mit Jacques Doillon. Für Wim Wenders drehte sie 2010 die dreidimensionalen Tanzbilder von „Pina“.
Die Philipps-Universität und die Universitätsstadt Marburg vergaben den von Prof. Dr. Malte Hagener und Lara Perski geleiteten und organisierten Marburger Kamerapreis zum 18. Mal. Die Verleihung fand im Rahmen der 20. Bild-Kunst Kameragespräche statt, die am Mittwoch (4. April) mit dem Film „Atomic Age“ eröffnet wurden.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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