Gut angekommen: Zentrale Universitätsbibliothek feierlich eröffnet

„Das Herz und Hirn einer Universität ist ihre Bibliothek“, sagte Boris Rhein. Die neue Zentrale Universitätsbibliothek (ZUB) wurde am Montag (30. April) feierlich eröffnet.
Neben dem Hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst (HMWK) war auch sein Kabinettskollege Dr. Thomas Schäfer aus Wiesbaden zur Bibliothekseröffnung nach Marburg gekommen. „Dein Geld ist hier gut angelegt“, hätten ihm mehrere Besucher der Einweihungsfeier erklärt. Doch es sei nicht sein Geld, betonte der Finanzminister, „denn ich bin nur der Kassierer im Dienst von sechs Millionen Hessen“.
120 Millionen Euro hat das neue Gebäude gekostet. 2014 war der Erste Spatenstich erfolgt. Seit Montag (9. April) ist die neue ZUB im Testbetrieb geöffnet.
„6.000 Studierende kommen täglich hierher“, berichtete Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Abends gehen sie auch alle wieder nach Hause.“ Dadurch entstünden riesige Verkehrsströme, die die Stadt nun im Auge behalten und auf die sie gegebenenfalls auch rasch reagieren wolle.
Einen Zebrastreifen vom Haupteingang über die Deutschhausstraße zum Firmaneiplatz hatte Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause in ihrer Begrüßung gefordert. Schäfer forderte den anwesenden SPD-Bundestagsabgeordneten Sören Bartol auf, das gleich vor Ort zu klären. Spies ergänzte diese Anregung um die Bereitschaft der Stadt, auch die Einrichtung einer Fußgängerampel zu prüfen.
Ihre Freude über das neue Bibliotheksgebäude begründete Krause mit den unzureichenden Verhältnissen in der bisherigen Universitätsbibliothek (UB) direkt an der Autobahnausfahrt „Marburg-Mitte“. Der Turm neben der Philosophischen Fakultät (Phil. Fak.) sei inzwischen marode und die Räumlichkeiten viel zu beengt. Ein Umzug der Bibliothek sei deshalb dringend notwendig geworden.
Erfreut äußerte sich die Universitätspräsidentin darüber, dass alle Fachbereiche ihre Zusagen eingehalten und ihre Fachbereichsbibliotheken in die neue ZUB eingebracht haben. Ebenso freute sie sich über die Unterstützung des Projekts durch die Universitätsstadt Marburg und das Land Hessen. Vor Allem aber lobte sie die Beteiligten am Bauvorhaben und die Beschäftigten der Bibliothek.
Die ZUB ist bereits der sechste Ort der Universitätsbibliothek seit der Universitätsgründung im Jahr 1527. Drei Bibliotheken befanden sich in Universitätsgebäuden in der Oberstadt, bevor an der Universitätsstraße das erste eigenständige Bibliotheksgebäude errichtet wurde. Ihm folgte 1967 der achtstöckige Turm an der Stadtautobahn und nun das vierstöckige Gebäude auf dem „Campus Firmanei“ an der Deutschhausstraße.
„Räume ermöglichen Entwicklung; und in diesem Sinne hat die UB Marburg mit ihrem neuen Bibliotheksgebäude beste Voraussetzungen, um Forschende, Lehrende und Studierende mit zeitgemäßen Diensten zu unterstützen“, erläuterte Bibliotheksdirektorin Dr. Andrea Wolff-Wölk. „Dabei geht es nicht nur um die klassische Literatur- und Informationsversorgung. Die Bibliothek versteht sich als zentraler Lern- und Arbeitsort, der durch seine differenzierten und offenen Raumangebote universitäres Leben und Lernen fördern möchte.“
Die Bibliotheksdirektorin zitierte einen Gästebucheintrag zur Eröffnung der vorherigen UB im Jahr 1967. Damals habe der Vorsitzende des internationalen Bibliotheksverbands das Gebäude für seine Funktionalität gepriesen. Dieses Lob könne man auf den Neubau genauso übertragen, erklärte sie.
In der neuen Universitätsbibliothek sind auf 18.500 Quadratmetern Fläche rund 1.250 moderne Nutzerarbeitsplätze entstanden. Sie alle verfügen über Zugang zum WLAN.
Ein Großteil der Einzelarbeitsplätze ist in sogenannten „Leseinseln“ bei den Freihandbereichen angeordnet. Die Bibliothek will nicht nur ein stiller Lernort sein, sondern auch ein Ort der wissenschaftlichen Interaktion und der Kommunikation. Daher stehen neben rund 727 Einzelarbeitsplätzen auch unterschiedlich große Gruppenräume zur Verfügung.
Ergänzt wird das Angebot durch ein Medienzentrum, in dem in Zukunft audiovisuelle Medien nicht nur bearbeitet, sondern auch produziert werden können. Die umfangreichen Altbestände der Bibliothek sind in einem klimatisierten Sondermagazin aufgestellt und können in dem angeschlossenen Lesesaal und Seminarraum genutzt werden.
Eine Besonderheit stellen die Lounge-Bereiche dar. Ausgestattet mit Sesseln und Sofas, sollen sie dem Arbeiten in entspannter Atmosphäre und als Kommunikationsorte dienen. Veranstaltungs- und Ausstellungsräume sollen die Bibliothek zu einem kulturellen Zentrum universitären und städtischen Lebens machen. Dazu trägt auch die im Erdgeschoss der UB gelegene Cafeteria „CoLibri“ bei, die circa 240 Plätze bietet und vom Studentenwerk Marburg betrieben wird.
In dem neuen Gebäude könne man zugleich flanieren und studieren, freute sich die Universitätspräsidentin. Der Entwurf für das Gebäude stammt von dem Darmstädter Architekturbüro Sinning. Architekt Norbert Sinnig begründete bei dem Festakt bas besondre architektonische Konzept des gigantischen Bauwerks inmitten der Stadt.
Das viergeschossige Bibliotheksgebäude fügt sich harmonisch in die historische Umgebungsbebauung ein. Höhe und Farbgebung nehmen Bezug auf die historischen Nachbarbauten: Die rote Sandsteinfarbe von Elisabethkirche und Schäfer-Bau findet sich im Atrium wieder; der helle Putz der angrenzenden Gründerzeitbauten bestimmt die Farbigkeit der Fassaden.
Das 190 Meter lange, zweifach geknickte Gebäude wird von einem gläsernen Atrium diagonal durchschnitten. Über das Atrium gelangen die Besucherinnen und Besucher in die Bibliothek. Zugleich dient die von einem geschwungenen Glasdach überspannte Halle auch als öffentlicher Durchgang und verbindet auf diese Weise die Bibliothek mit der Stadt.
Auch im Innenraum greife der Neubau die Besonderheiten Marburgs auf: „Die Vorsprünge der Atriumfassaden zitieren die typischen Fachwerkgassen. Die große Freitreppe und die „Leseterrassen“ erinnern an die Topographie der Oberstadt.“
Die in den 20er Jahren errichtete Hautklinik wurde grundlegend saniert und für die Bibliotheksverwaltung umgebaut. Ein zweigeschossiges Medien- und Informationszentrum verbindet das Verwaltungsgebäude mit der Bibliothek. Beim Abriss oder Umbau von insgesamt 17 älteren Gebäuden seien die einzigen Mehrkosten entstanden, berichtete Sinning, weil deren Substanz zum Teil mit größerem Aufwand fachgerecht habe entsorgt werden müssen.
Direktor Thomas Platte vom Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH) berichtete vom Aufwand der Entwässerungsmaßnahmen während der Ausschachtung der Baugrube. Letztlich stehe das Gebäude sicher auf einer schweren Grundplatte und halte aufgrund seines Gewichts dem Druck des aufsteigenden Grundwassers stand. 3,2 Millionen Bücher täten da ihr Übriges, bemerkte er: „Das ist der Grund, warum sich auch ein Ingenieur über dicke Bücher freut.“

* Franz-Josef Hanke

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