Im Ohe-Tal entsteht neuer Lebensraum für Amphibien. Grundlage dafür bietet die Renaturierung zwischen Hermershausen und Nesselbrunn.
Die Stadt Marburg hat ihre Flächen im Ohe-Tal zwischen Hermershausen und Nesselbrunn renaturiert und Nebengerinne angelegt. Das schützt im Ohe-Tal besser vor Hochwasser und bietet zugleich Amphibien neuen Lebensraum.
„Die Renaturierung des Ohe-Tals ist ein beispielhaftes Projekt, das zeigt, wie sich Naturschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels gut miteinander verbinden lassen“, erklärte Bürgermeisterin Nadine Bernshausen. „Die Steigerung der Wasserrückhaltung verringert zum einen die Hochwasserspitzen in der Allna und schafft zum anderen zusätzlichen Lebensraum für gefährdete Arten.“
Auf einem rund 700 Meter langen Talabschnitt hat die Stadt Marburg im Herbst 2024 in Kooperation mit der Oberen Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums (RP) Gießen die Ohe renaturiert, also in einen natürlicheren Zustand zurückversetzt. Die Stelle befindet sich etwa einen Kilometer oberhalb der Mündung des Elnhäuser Wassers zwischen Hermershausen und Nesselbrunn. Dort finden sich nun unter anderem Nebengerinne mit sogenannten „Blänken“.
Umgangssprachlich sind sie als „Tümpel“ bekannt. Blänken sind saisonale Teiche, die sich im Winter und bei Hochwasser füllen und die in heißen Sommern komplett austrocknen können. Diese seichten Tümpel sind häufig Ablaich-Orte für Amphibien. Das Nebengerinne wird nur bei hohen Wassermengen in der Ohe durchströmt, damit das Hauptgerinne der Ohe in Trockenperioden möglichst nicht austrocknet.
Barbara Zimmermann, die seitens der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Marburg das Projekt seit den ersten Planungsideen im Jahr 1996 begleitet, freute sich über die Umsetzung: „Ich finde es toll, dass alle Beteiligten –
inklusive der Landwirt*innen – hier gemeinsam etwas Nachhaltiges und Sinnvolles geschaffen haben. Man kann jetzt nach kurzer Zeit schon sehen, dass die Amphibien ihren neuen Lebensraum bereits angenommen haben.“
Vor Ort machte Zimmermann auf die vielen Kaulquappen und Graureiher-Spuren aufmerksam, die in den Blänken zu finden waren. Die Umgestaltung des Ohe-Tals schafft somit Lebensräume für gefährdete Arten. Dazu zählen insbesondere die sogenannten „Klimaverlierer-Arten“.
„Das sind Arten, die durch die Folgen und Auswirkungen des Klimawandels besonders gefährdet sind“, berichtete Franziska Bopf vom RP Gießen. Durch die Umsetzung dieses Projekts profitieren insbesondere Amphibien wie der Grasfrosch und der Kammmolch, die Fischarten Groppe und Bachneunauge sowie die Bachmuschel. Die Amphibien sorgen auch für ein verbessertes Nahrungsangebot für andere Tiere wie zum Beispiel den Schwarzstorch. Er ist ebenfalls eine klimasensible Art.
Zudem führt der gesteigerte Wasserrückhalt in der Ohe-Aue bei Starkregen zur Senkung von Hochwasserspitzen in der Allna. Denn in diesen Fluss mündet die Ohe bei Hermershausen. Damit sollten auch die örtlichen Überschwemmungen in Hermershausen selbst seltener werden.
Ortsvorsteher Hubert Detriche aus Hermershausen kündigte an, dass der Ortsbeirat zu einem gemeinsamen Termin einladen werde, um das Projekt vorzustellen und die Wertigkeit zu erläutern. „Die Wiese soll ansonsten nicht betreten und auch nur zu bestimmten Zeiten durch die Landwirt*innen gemäht werden“, ergänzte Ortrud Simon von der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Marburg. Durch die Nutzung der Landwirtschaft müsse der Zustand der neuen Renaturierungsfläche höchstens zweimal im Jahr kontrolliert werden, erläuterte Zimmermann.
„Hauptaugenmerk liegt dabei auf der möglichen Versandung der Ohe“, erklärte Zimmermann. „Durch den hier doch starken Wasserfluss nach Starkregen-Ereignissen neigt die Ohe dazu, viel Sediment abzulagern. Daher muss geschaut werden, ob die Durchlässigkeit und das geplante Überlaufen in die neuen Nebengerinne gegeben ist.“
Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf rund 145.000 Euro. Sie wurden zu 100 Prozent aus dem „Klimaplan Hessen 2030“ der Maßnahme LN-10 „Biotopverbund für klimasensible Arten verbessern“ finanziert. Die Gelder aus der Finanzierung des Landes Hessen wurden dem RP Gießen zugewiesen und von der Oberen Naturschutzbehörde verwaltet.
* pm: Stadt Marburg