Eine Studie entschlüsselt die innere Struktur der „Peroxisomen“. Das sind „Mini-Fabriken“ in Zellen.
„Peroxisomen“ sind eine Art von „Recyclingzentren“ der Zellen. Sie sind nicht nur einfache Vesikel, sondern besitzen eine innere Struktur, die verschiedene Stoffwechselprozesse effizient trennt. Forschende um die Biologen Nils Bäcker und Dr. Johannes Freitag von der Philipps-Universität haben nun entschlüsselt, wie sich in diesen Zellorganellen sogenannte Kernstrukturen bilden, die bestimmte Enzyme konzentrieren und andere ausschließen.
Diese Selbstorganisation sorgt dafür, dass verschiedene chemische Reaktionen in Zellen nebeneinander ablaufen können, ohne sich gegenseitig zu stören. Die Erkenntnisse, die in der einzelligen Pilzart „Ustilago maydis“ gewonnen wurden, konnten auch in menschlichen Zellen nachgewiesen werden. Sie könnten langfristig helfen, Stoffwechselerkrankungen besser zu verstehen und Peroxisomen für biotechnologische Anwendungen besser nutzbar zu machen. Die Studie erscheint im Fachmagazin „Nature Communications“.
Peroxisomen spielen eine zentrale Rolle beim Abbau von Fettsäuren und anderen Stoffwechselprozessen zum Beispiel der Biosynthese von Antibiotika oder dem Abbau bestimmter Stickstoffverbindungen. Die neue Studie zeigt, dass ihre innere Organisation gezielt bestimmte Enzyme in sogenannten Kernstrukturen konzentriert, während andere Enzyme, wie jene des Fettsäureabbaus, außen vorliegen. Das ermöglicht parallele chemische Reaktionen ohne Störungen.
„Man kann sich das vorstellen wie eine Werkstatt, in der verschiedene Abteilungen existieren, um Chaos zu vermeiden“, erklärte der Genetiker Johannes Freitag. Schon vor langer Zeit entdeckten Forschende, dass manche Peroxisomen verdichtete Kernstrukturen enthalten. Doch ihre Funktion war bislang unbekannt.
Das Team konnte nun zeigen, dass sich verschiedene Enzyme selbst zu diesen Strukturen zusammenlagern und dadurch Peroxisomen mit unterschiedlichen Stoffwechselfunktionen entstehen können. „Unsere Studie liefert eine mögliche Erklärung für die metabolische Vielfältigkeit von Peroxisomen besonders in Pilzen, aber auch darüber hinaus“, sagte Prof. Gert Bange. Er ist Vizepräsident für Forschung an der Philipps-Universität und einer der Hauptautoren der Studie.
Die Erkenntnisse sind nicht nur für die Grundlagenforschung wichtig. „In menschlichen Zellen sind Peroxisomen essenziell“, erklärte Erstautor Nils Bäcker. „Ihr Ausfall führt zu schweren Krankheiten wie Zellweger-Syndrom oder Adrenoleukodystrophie. Beides sind schwerwiegende Stoffwechselerkrankungen.“
Die detaillierte Kenntnis ihrer inneren Struktur könnte neue Therapieansätze liefern. Zudem könnten die Ergebnisse helfen, Peroxisomen in Mikroorganismen gentechnisch so zu verändern, dass sie besser zur Produktion von Antibiotika, Biokraftstoffen oder Bioseifen genutzt werden können. Die Studie entstand in Zusammenarbeit zwischen den Forschungsgruppen von Johannes Freitag und Gert Bange von der Philipps-Universität sowie Kay Oliver Schink von der Universität Oslo und Judith Klatt vom Microcosm Earth Center, der Uni Marburg. Zum Einsatz kamen modernste Methoden der Mikroskopie, Genetik und Biochemie.
* pm: Philipps-Universität Marburg