Unter dem Motto „Die Magie der Musik“ eröffnete der Marburger Konzertverein am Freitag (27. September) seine neue Saison im Erwin-Piscator-Haus (EPH) mit einem musikalischen Glanzpunkt. Die Philharmonie Südwestfalen begeisterte das Publikum mit einem vielseitigen Programm.
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Zusammen mit der herausragenden Cellistin Tanja Tetzlaff präsentierte das Landesorchester Nordrhein-Westfalens unter der Leitung von Constantin Trinks Robert Schumanns Cellokonzert. Eingerahmt war es in eine stimmungsvolle Auswahl klassischer Meisterwerke und Publikumsfavoriten: IM EPH erklangen Bedrich Smetanas populäre „Moldau“, Ottorino Respighis „Fontane di Roma“ und Maurice Ravels berühmter „Bolero“. Vor ausverkauftem Saal wurde damit ein beeindruckender Auftakt in die neue Saison gefeiert.
Eröffnet wurde das Konzert mit Smetanas „Moldau“. Sie versetzte das Publikum sofort in gespannte Stille. Unter der souveränen und zugleich einfühlsamen Leitung von Constantin Trinks gelang der Philharmonie Südwestfalen eine eindrucksvolle Darbietung, die die Zuhörenden auf eine musikalische Reise entlang des Flusses entführte.
Trinks wählte ein gemäßigtes Tempo, das dem Stück eine feierliche Würde verlieh. Außerdem fügte er der Aufführung seine persönliche Note hinzu. Seine Detailgenauigkeit und das gezielte Spiel mit subtilen Akzenten und unerwarteten Wendungen – wie etwa kurze Momente des Innehaltens – schufen eine besondere Atmosphäre und Intensität. Der Dirigent verstand es, den Moment auszukosten.
Dabei legte er großen Wert auf Präzision und Perfektion in jedem Detail. Das berühmte „Moldau“-Thema erstrahlte bei jeder Wiederkehr in leicht variierenden Klangfarben. Trinks führte das Orchester mit großer Ruhe und Sicherheit. Die Darbietung hinterließ das Publikum sichtlich bewegt, spürbar verzaubert und voller Vorfreude auf den weiteren Verlauf des Abends.
Im Anschluss beeindruckte Cellistin Tanja Tetzlaff mit Robert Schumanns Cellokonzert in a-Moll op. 129. Schon beim Betreten der Bühne strahlte sie eine faszinierende Präsenz aus, die das Publikum in ihren Bann zog. Ihr Spiel war von eindringlicher Musikalität geprägt, die nicht nur ihr außergewöhnliches Können und ihre Virtuosität zur Geltung brachte, sondern auch eine tiefe Authentizität ausstrahlte.
Das enge Zusammenspiel von Solistin, Dirigent und Orchester verlieh Schumanns Cellokonzert Tiefe. Das Werk betont insbesondere den Dialog zwischen Cello und Orchester, wodurch die Solistin nicht als alleinige Hauptfigur, sondern als integrativer Bestandteil des Gesamtklangs auftrat. Durch intensive Zusammenarbeit und musikalische Intimität entstand so eine innige Verbindung, die es der Cellistin ermöglichte, sowohl im Orchesterklang zu verschmelzen als auch strahlend hervorzutreten.
Tetzlaffs nuancenreiches Spiel, das von zarter Verletzlichkeit bis zu kraftvoller Intensität reichte, berührte das Publikum zutiefst. So ging die ergreifende Darbietung tief unter die Haut! Nach dem letzten Ton verharrte der Saal in atemloser Stille, bevor laute „Bravo“-Rufe und tosender Applaus die außergewöhnliche Darbietung samt Zugabe der Solistin krönten.
Nach der Pause ging das Konzert mit Respighis „Fontane di Roma“ weiter, das einen spannenden Kontrast zu den vorherigen Stücken bot. Der Komponist – ein Vertreter des Neo-Klassizismus – bewies hier seine Meisterschaft in orchestraler Farbmalerei und schuf eine musikalische Postkarte eines Spaziergangs durch die ewige Stadt. In lebendigen Klangbildern vertonte Respighi vier berühmte römische Brunnen, von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang. Die Philharmonie Südwestfalen transportierte dieses sprudelnde Plätschern des Wassers, die besondere Atmosphäre und die Schönheit der Stadt in jedem Ton, sodass die Zuhörenden die idyllische Kulisse vor ihrem inneren Auge hautnah miterleben konnten.
Schließlich erklang Maurice Ravels „Boléro“. Zweifellos ist das Stück eines der bekanntesten und beliebtesten Werke der klassischen Musik. Es zeichnet sich durch einen gleichmäßigen Trommelrhythmus aus, der 169 Mal wiederholt wird, während eine schlichte Melodie darüber erklingt.
Beim ersten Hinhören wirkt das Werk eher eindimensional und weist nur begrenzte musikalische Vielfalt auf. Zu Beginn stand Trinks in völliger Bewegungslosigkeit steif auf der Bühne, was die gespannte Atmosphäre intensivierte und die künstlerische Essenz des Stückes unterstrich.
Während die Melodie durch verschiedene Instrumente wanderte, entwickelte sich in kleinen Schritten ein beeindruckendes orchestrales Crescendo, in dem sich Dynamik, Klangdichte und Intensität kontinuierlich steigerten. Die kleine Trommel bildete dabei das unverrückbare Fundament, auf dem die gesamte Klangfülle aufbaute. Ravels „Boléro“ vereint scheinbar gegensätzliche Empfindungen. Die Komposition birgt eine faszinierende Koexistenz von hypnotisierender Schönheit und provokanter Reduktion, die sowohl fesselt als auch irritiert. Das Stück steigert sich kontinuierlich und schafft so eine fesselnde Spannung, die in einem grandiosen Finale gipfelt, das das Publikum begeisterte und zu tosendem Applaus bewegte.
Abschließend lässt sich festhalten, dass der Konzertabend eine wahre Ode an die klassische Musik war. In jeder Hinsicht stellte der Abend ein gelungenes Gesamtkunstwerk dar und hinterließ einen bleibenden Eindruck sowie ein kribbelndes Gänsehautgefühl. Das abwechslungsreiche Programm vereinte sowohl bekannte Meisterwerke als auch seltene Kostbarkeiten wie Respighis „Fontane di Roma“. Dirigent, Solistin und Philharmonie brillierten auf ihre eigene Weise. Das Versprechen der „Magie der Musik“ wurde nicht nur erfüllt, sondern weit übertroffen und weckte große Vorfreude auf die kommenden Konzerte.
- Leonie Schulz