"Es ist 5 vor 33", warnt auch die Humanistische Union (HU). Die vielzitierte
"Brandmauer" müsste in erster Linie ein Schutzwall gegen menschenfeindliche
und undemokratische Positionen sein.
Stattdessen beobachtet die HU Marburg nach den Landtagswahlen in Thüringen
und Sachsen eine zunehmend erbittert geführte Debatte über "mehr
Abschiebungen" und eine "Verschärfung der Asylpolitik". Viele der dabei
vorgebrachten Forderungen sind eindeutig verfassungswidrig und verstoßen
gegen europäisches sowie internationales Recht. Zudem hat die Debatte in der
Öffentlichkeit eine Aufmerksamkeit erlangt, die nach Einschätzung des
Marburger HU-Regionalvorsitzenden Franz-Josef Hanke "allein der AfD zu
weiteren Erfolgen bei den nächsten Wahlen verhilft".
Hanke warnte die demokratischen Parteien davor, der AfD die Diskurshoheit zu
überlassen: "Wer weiterhin nur über Asylbewerber zetert und sie damit
implizit für alle Probleme der Politik verantwortlich macht, der begibt sich
damit auf einen gefährlichen Kurs rassistischer Sündenbock-Hetze.
Gleichzeitig versäumt er notwendige Aktivitäten zum Klimaschutz sowie einer
gerechteren Bildungs- und Sozialpolitik."
Der Marburger HU-Vorsitzende erinnert an die 16.000 Demonstrierenden, die
am 27. Januar 2024 allein in Marburg auf der Straße waren, um gegen die
rassistischen Parolen von "Remigration" zu protestieren. Gleich drei
Demonstrationen haben am 29. Juli einen Auftritt des Neonazis Martin Sellner
in Marburg verhindert. "All diese Leute finden sich in der Politik von
Friedrich Merz, Markus Söder, Nancy Faeser und Bijan Djir-Sarai nicht
wieder", erklärte der Bürgerrechtler warnend.
Der hessische HU-Landessprecher Jens Bertrams ist in Solingen geboren und
aufgewachsen. Auch er hält die Aufmerksamkeit, die die meisten Medien
Herkunft und Vorgeschichte des Attentäters von Solingen widmen, für
übertrieben: "In meiner Heimatstadt sind die Leute nach dem Attentat vom 23.
August eher still und geschockt als wütend. Fremdenfeindlichkeit oder
Rassismus ist dort eher selten."
Bertrams und Hanke fordern die Parteispitzen in Berlin auf, nicht länger ihr
Wahlsüppchen auf dem Rücken geflüchteter Menschen zu kochen. Die Medien
sollten eindeutig verfassungswidrige Forderungen gar nicht erst
weiterverbreiten, schlagen die beiden Journalisten vor. Zudem fordern sie
die Verfassungsorgane auf, ein Verbot der AfD in die Wege zu leiten, wozu
nur Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung antragsberechtigt sind.
Das Parteiverbot hält Bertrams für "das einzige Mittel, unsere Demokratie
noch wirksam zu schützen". Er empfindet es als "feige Ausrede",
Verfassungsfeinde "politisch stellen" zu wollen, wie es die Bundesregierung
erklärt hat.
* pm:HU-Marburg
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