Kinder psychisch erkrankter Eltern besser erreichen möchte die Stadt Marburg. Für Betroffene hat sie einen Online-Fragebogen erstellt.
Die „Netzwerkkoordination Kinder psychisch erkrankter Eltern“ der Stadt Marburg untersucht, wie sich die Erreichbarkeit von Angeboten für Kinder psychisch erkrankter Eltern verbessern lässt. Dafür ruft die Universitätsstadt Familien sowie Mitarbeitende aus dem Bildungs-, Sozial-
und Gesundheitswesen zur Teilnahme an einem Online-Fragebogen auf. In Deutschland erfüllt mehr als jede vierte erwachsene Person im Zeitraum eines Jahres die Kriterien einer psychischen Erkrankung. Etwa zwei Drittel davon sind Eltern.
Diese Situation stellt für die gesamte Familie – sowohl für die Menschen selbst, für die Angehörigen, aber vor allem auch für die Kinder – je nach Krankheitsverlauf eine große Belastung dar. Kinder von psychisch erkrankten Eltern tragen häufig große Verantwortung im bereits sehr jungen Alter – für sich und den erkrankten Elternteil. Diese Belastung kann langfristige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, die Bildung und die sozialen Beziehungen der betroffenen Kinder haben.
Nicht selten fragen sich Kinder auch, ob sie verantwortlich für die Erkrankung ihrer Eltern sind. Sie fühlen sich schuldig, wenn ein Elternteil beispielsweise wieder eine „traurige Phase“ durchlebt, weil sie glauben, sie hätten etwas falsch gemacht. Trotz der Bedeutung dieses Themas sind psychische Erkrankungen oft tabuisiert und stigmatisiert.
„Gelingen das Erkennen der elterlichen Erkrankung und eine bedarfsgerechte Unterstützung der Eltern und Kinder, erhöhen sich auch die Chancen der Kinder auf ein gesundes Aufwachsen“, erklärte Bürgermeisterin Nadine Bernshausen. „In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, praktikable Wege zu finden, wie betroffene Kinder gut erreicht werden können.“
Auch in Marburg leben Familien, in denen mindestens ein Elternteil an einer psychischen Erkrankung leidet. Es gibt verschiedene Unterstützungsangebote für diese Familien, die von unterschiedlichen Institutionen bereitgestellt werden. „Allerdings passen die Angebote und die Bedürfnisse der Familien nicht immer optimal zusammen“, erläuterte Bernshausen. „Daher möchte die Stadt Marburg untersuchen, wie sie die Zugänglichkeit und Passgenauigkeit dieser Hilfsangebote verbessern kann.“
Dabei sollen möglichst viele Blickwinkel einbezogen werden. Dafür hat die „Netzwerkkoordination Kinder psychisch erkrankter Eltern“ des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie der Universitätsstadt Marburg einen anonymen Online-Fragebogen entwickelt. Dieser Fragebogen richtet sich an betroffene Jugendliche, Eltern, Angehörige und Partner aus der Stadt Marburg und an alle Mitarbeitenden, die im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitswesen in der Stadt Marburg arbeiten. Der Fragebogen ist anonymisiert und lässt keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zu.
Das Ausfüllen des Fragebogens nimmt nach Angaben der Stadtverwaltung etwa 20 Minuten in Anspruch. Er steht bis Montag (30. September) zur Verfügung. Über mobile Endgeräte ist der Fragebogen mittels einer Übersetzungsapp in jeder Sprache ausfüllbar. Der Fragebogen ist erreichbar über rtpm.spectos.com/fd59-erreichbarkeit. Weitere Informationen gibt es bei der Netzwerkkoordinatorin Silvia Kemmerling unter der Telefonnummer 06421/201-2219 oder per Mail an silvia.kemmerling@marburg-stadt.de.
* pm: Stadt Marburg