Magerwiesen sind durch europäisches Recht geschützt. Auf ihre Bedeutung hat das Regierungspräsidium Gießen am Dienstag (18. Juni) hingewiesen.
Warum Wiesen geschützt sein sollen, ist nicht auf den ersten Blick verständlich, schließlich gibt es doch viele „Wiesen“ in Hessen. Die meisten davon – mehr als 90 Prozent – sind allerdings artenarm. Sie werden zu intensiv genutzt.
Das heißt, sie werden zu stark gedüngt, zu häufig gemäht oder falsch beweidet, um ein wertvoller Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sein. Aber es gibt auch andere „Wiesen“ – magere, artenreiche Mähwiesen. Und die sind es, die es zu schützen gilt und die nach Paragraf 30 des Bundesnaturschutzgesetzes und gleichzeitig nach europäischem Recht der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) geschützt sind.
Es sind die mageren Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen, auf die es ankommt. Beide haben gemeinsam, dass auf Düngung verzichtet wird und sie meistens zweimal im Jahr gemäht werden, wobei der erste Schnitt nach der Blütezeit der meisten Wiesenpflanzen (frühestens ab Juni) erfolgt. Üblicherweise wird aus dem Mahdgut Heu gemacht und als Tierfutter verwendet.
„Durch diese traditionelle Nutzung haben sich über Jahre hinweg Pflanzengesellschaften entwickelt, die zu den arten- und blütenreichsten Lebensräumen überhaupt gezählt werden“, erklärte Stefanie Specht von der Oberen Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums Gießen. Als Beispiele nannte die Expertin Wiesen in den Naturschutzgebieten „In der Bellersdorfer Tränk“ und „Helfholzwiesen bei Erda“ im Lahn-Dill-Kreis.
Magere Wiesen sind stark gefährdet. Werden diese Wiesen gedüngt, werden viele Pflanzenarten durch nährstoffliebende, stark wachsende Arten verdrängt. Auch ein häufigerer oder früherer Schnitt bewirkt, dass viele Kräuter nicht mehr aussamen können und nach und nach von der Wiese verschwinden. Diese Wiese wird dadurch artenärmer; und dort stehen weniger Blüten zur Verfügung.
„Aber auch eine ausbleibende Nutzung ist schädlich für diese Biotope“,, erkläret Specht. „Da Wiesenpflanzen alle lichtliebend sind, werden einige niedrigwüchsige Arten verdrängt, wenn sie durch hochwachsendes Gras beschattet werden. Relativ schnell breiten sich dann Gehölze aus und es setzt die sogenannte Verbuschung ein.“
Zwar können es diese mageren Wiesen in Einzelfällen vertragen, wenn sie im Frühherbst bei trockenem Wetter statt einer zweiten Mahd kurzzeitig beweidet werden, aber das hängt stark mit dem Weidemanagement zusammen. „Wird eine Wiese zum Beispiel zu lange beweidet, bei Nässe oder über Winter als Weide genutzt, ist die Grasnarbe oft so geschädigt, dass die gewünschten Wiesenarten dort nicht mehr wachsen können“, weiß die RP-Mitarbeiterin. Stattdessen breiten sich hier Pflanzen aus, die zwar schnell wachsen, aber auf einer Wiese nicht erwünscht und oft sogar giftig sind. Als Beispiele dafür nannte die Expertin das hochgiftige Jakobskreuzkraut und den breitblättrigen und krausen Ampfer, die sehr viele Samen produzieren, viel Platz einnehmen, aber von Weidetieren nicht gefressen werden.
Manchmal ist es möglich, eine verbuschte Wiese wieder in eine magere Flachlandmähwiese beziehungsweise Berg-Mähwiese umzuwandeln. Ist eine Wiese aber zu sehr gedüngt, umgepflügt oder durch Trittschäden zerstört worden, stehen die Chancen sehr schlecht. Aber einen Versuch ist es wert.
In Hessen und den anderen Bundesländern gibt es Förderprogramme, die Anreize bieten, magere Wiesentypen zu erhalten, und die einen monetären Ausgleich für die geringere Wirtschaftlichkeit der Flächen schaffen sollen. Weitere Informationen dazu gibt es im Internet unter llh.hessen.de/unternehmen/agrarpolitik-und-foerderung/halm/.
„Gleichzeitig kann auch jeder zum Wiesenschutz beitragen, indem er diese nicht unnötig betritt, zum Picknick, als Hundeauslauffläche, Parkplatz oder für andere Freizeitaktivitäten nutzt“, betonte Specht. „Denn auch hierdurch kann die Grasnarbe geschädigt oder die Mahd unnötig erschwert werden. Gemeinsam können wir für den Erhalt solcher wertvoller Flächen Sorge tragen.“
* pm: Regierungspräsidium Gießen