Für Forschung: Stiftung schüttet 1 Million Euro Fördergeld aus

Die Von-Behring-Röntgen-Stiftung unterstützt sechs wegweisende Forschungsprojekte in Marburg und Gießen. Sie gibt eine Million Euro für medizinische Spitzenforschung.
Lebensbedrohliche Herz- und Lungenerkrankungen, Antibiotikaresistenzen bei Krankenhauskeimen, Parkinson sowie Coronaviren sind die medizinischen Herausforderungen, denen sich die aktuellen Forschungsprojekte der Von-Behring-Röntgen-Stiftung widmen. Bereits zum 17. Mal fördert die Medizinstiftung innovative Forschungsvorhaben an der Philipps-Universität und der Justus-Liebig-Universität Gießen. Über insgesamt 1 Million Euro für sechs Projekte können sich die Begünstigten freuen. Bei einer Feierstunde am Mittwoch (24. Januar) 2024, am Stiftungssitz im Marburger Landgrafenschloss überreichte der Stiftungsvorstand die Förderurkunden.
„Hoffnung auf Heilung schenken – das treibt uns an“, betonte Stiftungspräsident Dr. Lars Witteck bei der Gratulation. „Unsere Förderung der Spitzenmedizin legt die Grundlage für eine bessere Zukunft, in der Gesundheit nicht nur bewahrt, sondern aktiv verbessert wird – eine lohnenswerte Investition in das Wohlbefinden und den Fortschritt der Gesellschaft.“
Im Januar 2024 starten die vielversprechenden Nachwuchsprojekte von Dr. Nastasja Merle, Prof. Dr. Mareike Lehmann, Dr. Christin Müller-Ruttloff, Dr. Anna Lena Jung und Dr. Kenan Steidel sowie das Kooperationsprojekt von Prof. Dr. Sven Bogdan und Prof. Dr. Klaus-Dieter Schlüter. Ausgewählt wurden ihre Forschungsvorhaben von einem Wissenschaftlichen Beirat aus 40 eingereichten Vorschlägen der aktuellen Förderrunde der Von-Behring-Röntgen-Stiftung. Drei Jahre haben die Forschenden Zeit, um ihre ambitionierten Ziele zu verwirklichen. Lungenkarzinome – insbesondere das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC) –
sind schwer zu behandeln und haben eine schlechte Prognose. Obwohl SCLC-Tumore ein breites Spektrum an Mutationen aufweisen, die normalerweise auf ein gutes Ansprechen auf moderne Immuntherapien hindeuten, bleiben diese Therapien bei den meisten Patienten erfolglos.
Das Ziel des Projekts von Dr. Nastasja Merle ist, SCLC-Zellen pharmakologisch so zu beeinflussen, dass sie für das Immunsystem besser erkennbar werden, indem der NOTCH-Signalweg aktiviert wird. Dieser Ansatz soll SCLC-Tumore empfänglicher für Immuntherapien machen, um die Erfolgschancen dieser Therapieform zu verbessern. Das Projekt der Marburger Nachwuchswissenschaftlerin wird mit 199.059 Euro gefördert.
Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine altersbedingte, fortschreitende Lungenerkrankung mit tödlichem Verlauf, für die es derzeit keine Heilung gibt. Betroffene erleben erhebliche Beeinträchtigungen ihrer Lungenfunktion und leiden zusätzlich unter Begleiterkrankungen wie Herzleiden. In ihrem Projekt erforscht Prof. Dr. Mareike Lehmann, ob extrazelluläre Vesikel, die in der Lunge entstehen, zu diesen Begleiterscheinungen beitragen.
Insbesondere untersucht sie, ob diese Vesikel Alterungsprozesse im Herzen auslösen. Das Ziel ihres Projekts ist, die zugrunde liegenden Mechanismen besser zu verstehen und neue Ansätze zur Prävention und Behandlung von IPF sowie den damit verbundenen Begleiterkrankungen zu entwickeln, um die Lebensqualität und Prognosen der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Die Nachwuchsforscherin aus Marburg erhält eine Förderung von 199.900 Euro.
Coronaviren führen dazu, dass sich in den infizierten Zellen spezielle, organellenähnliche Strukturen im Zellinneren – genauer im Zytoplasma –
bilden. Die genauen Faktoren im Wirtsorganismus, die mit dieser Bildung in Verbindung stehen, sind noch weitgehend unbekannt. Dr. Christin Müller-Ruttloff plant daher, die molekulare Zusammensetzung dieser Strukturen, die während der Virusvermehrung eine Rolle spielen, genauer zu untersuchen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen als Grundlage für die Entwicklung von Therapien gegen bestehende und künftige Coronaviren dienen. Für die Durchführung ihres Projektes erhält die Nachwuchsgruppenleiterin aus Gießen 197.708 Euro.
Antibiotikaresistenzen stellen ein ernsthaftes Problem dar, da sie die Wirksamkeit von Antibiotika bei der Bekämpfung von Infektionen beeinträchtigen und die weltweite Gesundheitsversorgung gefährden können. In ihrem Projekt will die Nachwuchswissenschaftlerin Dr. Anna Lena Jung die Antibiotikaresistenz von „Klebsiella pneumoniae“ entschlüsseln. Das ist ein Krankenhauskeim, der schwere Lungenentzündungen auslösen kann.
Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den sogenannten „äußeren Membranvesikeln“ (OMVs). Das sind kleine Bläschen, die unter dem Einfluss von Antibiotika freigesetzt werden. Die Marburgerin untersucht, wie diese OMVs die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen beeinflussen. Ihr Ziel ist, die Mechanismen hinter den Veränderungen der Vesikel zu verstehen und neue wirksame Substanzen gegen multiresistente Bakterien zu finden. Das mit 58.905 Euro geförderte Forschungsprojekt soll dazu beitragen, neue Therapieansätze gegen die zunehmende Antibiotikaresistenz von Klebsiella pneumoniae zu entwickeln und das Verständnis für die Krankheitsauslösung zu verbessern.
Die Parkinson-Krankheit ist eine Erkrankung des Nervensystems, die weltweit Millionen von Menschen betrifft und sich in verschiedenen Symptomen äußert. Neben den typischen motorischen Bewegungsstörungen wird oft übersehen, dass Betroffene auch unter gestörten Magenbewegungen leiden. Das beeinträchtigt nicht nur ihre Lebensqualität erheblich, sondern kann auch die Wirkung der Medikamente beeinflussen.
Eine vielversprechende Lösung könnte die sogenannte „transkutane Vagusnervstimulation“ (tVNS) sein, die bereits bei anderen Krankheiten positive Effekte gezeigt hat. In seinem mit 125.000 Euro geförderten Projekt plant der Marburger Nachwuchswissenschaftler Dr. Kenan Steidel, den innovativen Ansatz der tVNS mithilfe von bildgebenden Verfahren zu erforschen und deren Einfluss auf Magen und Gehirn bei Parkinson-Patienten zu untersuchen. Das könnte dazu beitragen, die Mechanismen der Krankheit besser zu verstehen und den Weg für neue, zielgerichtete Therapien zur Behandlung der Parkinson-Krankheit zu ebnen.
Herzerkrankungen zählen weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Bei pathologischem Stress wie Bluthochdruck oder Sauerstoffmangel reagiert das Herz durch Vergrößerung der Herzmuskelzellen, Bildung von Bindegewebe und Narben. Dieser problematische Reparaturprozess unterliegt intensiven, kalziumbedingten Veränderungen in der Zellstruktur, deren genaue molekulare Mechanismen noch wenig erforscht sind. Das mit 222.300 Euro bewilligte Projekt von Prof. Dr. Sven Bogdan aus Marburg und seinem Kooperationspartner Prof. Dr. Klaus-Dieter Schlüter aus Gießen nutzt verschiedene Tiermodelle (Maus, Ratte und Fliege), um die grundlegende Rolle von EFhD2/Swip-1, einem konservierten Kalziumregulator des Zytoskeletts, sowohl in der normalen Herzfunktion als auch bei Herzkrankheiten zu entschlüsseln.

* pm: Von-Behring-Röntgen-Stiftung

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