Die Linke in Hessen macht ab jetzt außerparlamentarisch Druck. Sie möchte dem bedrohlichen Rechtsruck und einer Politik des Sozialabbaus solidarische Alternativen entgegenstellen.
Als Ergebnis der Landtagswahl vom 8. Oktober 2023 wird in der 21. Legislaturperiode des Hessischen Landtags Die Linke nicht mehr vertreten sein. Zwei Tage vor Beginn der konstituierenden Sitzung der 21. Legislaturperiode erklärten die beiden bisherigen Fraktionsvorsitzenden Elisabeth Kula und Jan Schalauske ihr Bedauern darüber: „Es ist schmerzlich, dass Die Linke zukünftig im Hessischen Landtag nicht mehr vertreten sein wird. Ein Grund dafür ist die bedrohliche gesellschaftliche Rechtsentwicklung: Soziale Gerechtigkeit, solidarisches Miteinander und ein humaner Umgang mit vor Unterdrückung und Krieg fliehenden Menschen – um nur ein paar Stichworte zu nennen – treten hinter eine rückwärtsgewandte, reaktionäre und unsoziale Politik zurück.“
Markantester Ausdruck dieser Entwicklung seien Rekordergebnisse für die rassistische und in Teilen neofaschistische AfD. „Auch wenn wir als Linke das Ergebnis vom 8. Oktober weiter aufarbeiten müssen, können wir durchaus selbstbewusst auf knapp 16 Jahre politische Arbeit im Landtag zurückblicken, in denen die Fraktion Spuren in der Landespolitik hinterlassen hat“, erklärte der Marburger Linken-Politiker Schalauske.
Ohne Linke hätte es keine parlamentarische Mehrheit für die Abschaffung der Studiengebühren gegeben. „Und der entscheidende Vorstoß, die NS-Vergangenheit hessischer Landtagsabgeordneter aufzuarbeiten, kam von unsrer Fraktion. Ohne den Druck der Linken wäre kein NSU-Untersuchungsausschuss eingesetzt worden, der die Rolle hessischer Behörden und Politiker*innen im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex beleuchtet hat. Auch die Einsetzung der Untersuchungsausschüsse zum Terroranschlag von Hanau und zur Ermordung von Walter Lübcke ist von der Linken wesentlich mit vorangebracht worden.“
Auch im Kampf gegen die Rodung des Dannenröder Walds und den Weiterbau der Autobahn A 49 oder gegen den ungezügelten Ausbau des Frankfurter Flughafens habe Die Linke stets ie Linke die Interessen von Bürgerinitiativen und Gruppen und Initiativen der Zivilgesellschaft zur Sprache gebracht, erklärte Schalauske. Gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di und der Rosa-Luxemburg-Stiftung habe die Fraktion unter anderem ein Gutachten vorgelegt, wie das privatisierte Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) wieder in öffentliches Eigentum zurückgeführt werden könne.
„Viele Forderungen, die wir als erste in den Landtag eingebracht haben, wurden später zumindest teilweise umgesetzt“, berichtete er. Geschehen sei das „auch auf Druck von Initiativen und Gewerkschaften“. Beispiele sind die Einführung des Gehörlosen- und Taubblindengelds, die hauptamtliche Kinderrechts- und Behindertenbeauftragte, die Koordinierungsstelle zur Istanbul-Konvention und die Sicherung der Ombudsstelle für Kinder- und Jugendrechte.
„Die Linke hat sich immer gegen die Verschärfung des Asylrechts und gegen Abschiebungen eingesetzt“, berichteten Kula und Schalauske. „Durch unsere Arbeit im Petitionsausschuss und in Solidaritätskomitees konnten wir einzelne Abschiebungen verhindern und Bleiberechtsregelungen erwirken.“ Die Linke im Hessischen Landtag hat in den zurückliegenden 16 Jahren viel Wert auf eine enge Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Mieterbündnissen, der Friedensbewegung, mit Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen sowie außerparlamentarischen Bewegungen gelegt.
„Wir bedanken uns herzlich bei allen, mit denen wir in den letzten Jahren zusammengearbeitet haben und die uns unterstützt haben“, erklärten die beiden Fraktionsvorsitzenden. „Unser Kampf für eine gerechte Gesellschaft geht weiter – in Hessen erstmal seit 16 Jahren ausschließlich außerparlamentarisch.“Unser Dank gilt unseren zahlreichen außerparlamentarischen Bündnispartnerinnen und -partnern, deren Anliegen wir gern in den Landtag getragen haben und mit denen wir auf der Straße solidarisch Seite an Seite für ein sozialeres, ökologischeres, demokratischeres und friedlicheres Hessen gekämpft haben.“
Mit der neuen Legislaturperiode des Hessischen Landtags endet vorerst der gemeinsame parlamentarische Kampf. Doch Eines stehe fest: „Wir kommen wieder. Und bis dahin werden wir außerparlamentarisch aktiv bleiben, werden alte Bündnisse pflegen und neue schmieden, werden gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft kämpfen und die Stimme der außerparlamentarischen Opposition gegen die hessische GroKo sein.“
Die Linke wolle sich neu aufstellen. „Seit der Landtagswahl haben wir im Landesverband über 200 neue Mitglieder dazugewinnen können“, berichtete Kula. „Das macht Mut.“
Angesichts der enormen sozialen Spaltung der Gesellschaft, der Militarisierung, des Rassismus und des Sozialchauvinismus brauche es dringend gesellschaftliche Kräfte, die sich mit diesen Zuständen niemals abfinden. „Wir bleiben zuversichtlich, dass in nicht allzu ferner Zukunft wieder Menschen im Landtag Platz nehmen werden, für die der Grundsatz der Hessischen Verfassung, wonach die Wirtschaft dem Wohle der Bevölkerung und der Befriedigung ihres Bedarfs dient (Art. 38 HV), ebenso die zentrale Richtschnur des politischen Handelns ist, wie sie es für uns gewesen ist.“
* pm: Die Linke im Hessischen Landtag