Allmählich lässt die Kälte nach. Warm werden will es aber auch in Marburg nur sehr langsam.
Die „Soziale Kälte“ in Deutschland ist indes noch viel schlimmer als die Temperaturen bis zu 10 Minusgraden. Die – auf Betreiben von CDU, CSU, SPD und FDP nachträglich ins Grundgesetz geschriebene – „Schuldenbremse“ droht, die Demokratie nachaltig zu beschädigen oder gar ganz zu zerstören. So wichtig es ist, eine übermäßige Staatsverschuldung zu vermeiden, so sehr sind doch auch der gesellschaftliche Ausgleich und die Soziale Gerechtigkeit unerlässlich für den Frieden im Land. Die Hardliner einer rücksichtslosen Sparpolitik befördern mit ihrem verbohrten Verhalten und ihrer Verweigerung einer gerechten Besteuerung höherer Vermögen die Furcht vor Verelendung und damit zugleich auch die Bereitschaft, sich populistischen Demagogen und ihren unhaltbaren Versprechen ungeteilten Wohlstands für alle „Deutschen“ anzuschließen.
Dass Marburg immer noch ein aufrechtes Bollwerk gegen Rechtspopulismus ist, liegt nicht zuletzt auch an der sozialen Grundhaltung in der mittelhessischen Universitätsstadt. Marburg möchte mehr Geflüchtete aufnehmen, während anderswo lauthals über Abschiebungen geplappert wird. Das – jüngst in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit gerückte –
Verharmlosungswort „Remigration“ steht für gnadenlose Unmenschlichkeit gegenüber Menschen, deren Heimat ihnen keinen Schutz und keinen Frieden bietet. Glücklicherweise hält Marburg derartigen Anfeindungen weiterhin stand und bleibt damit die Stadt der „Heiligen Elisabeth“ und der weltgewandten Philosophin Hannah Ahrendt.
* Franz-Josef Hanke