Die Veranstaltung „Alleinerziehend in Marburg“ bildete den Auftakt einer neuen Fortbildungsreihe. Alleinerziehende sollen gesund bleiben mit verlässlichen Netzwerken.
Alleinerziehende Elternteile machen in Marburg rund 30 Prozent aller Familien aus. Das Interesse ist groß, sich mit dieser Zielgruppe intensiver zu beschäftigen und weitere unterstützende Angebote zu schaffen. Das machte die große Resonanz auf ein neues Fortbildungsangebot deutlich, das sich an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren richtet, die beruflich mit der Zielgruppe alleinerziehender Eltern und ihrer Kinder in Kontakt stehen.
„Alleinerziehende sind eine Zielgruppe, die wir noch viel mehr – auch präventiv – unterstützen möchten“, erklärte Stadträtin Kirsten Dinnebier unter Verweis auf verschiedene Angebote und Informationen der Stadtverwaltung, die sich speziell dieser Familienform widmen. Ein Angebot ist das Präventionsprojekt der Koordinierungsstelle Gesunde Stadt in Kooperation mit der Evangelischen Familien-Bildungsstätte (FBS). „Verbunden – Stark – Gesund“ umfasst regelmäßige Treffen für Alleinerziehende – „Eltern-AGs“ genannt – in der Marburger Kernstadt und in Wehrda.
„Diese Treffen ermöglichen es den Teilnehmenden, sich auszutauschen, ihren oft stressigen Alltag gemeinsam zu reflektieren, Entspannungstechniken zu erlernen und von neuen Impulsen zu Gesundheitsthemen zu profitieren“, erläuterte Projektorganisatorin Linda Noack. Zeitgleich findet ein von erfahrenen Pädagog*innen und Ernährungsberatenden begleitetes Kochangebot für die Kinder statt und zum Abschluss kommen alle zum gemeinsamen Abendessen zusammen. Weitere Treffen sind in Wehrda und in Cappel geplant.
Ebenfalls dazu gehören seit diesem Jahr Multiplikatorenschulungen für pädagogische Fachkräfte im gesamten Stadtgebiet rund um das Thema Gesundheitsförderung für alleinerziehende Eltern. Das Angebot der Gesunden Stadt in Kooperation mit der gemeinnützigen Praxis GmbH findet im Zusammenhang mit dem Projekt „Verbunden – Stark – Gesund“ statt. Das Ziel der Fortbildungen ist, sich die besondere Situation Alleinerziehender zu vergegenwärtigen, um bestehende Unterstützungsstrukturen in der Region noch effektiver zu vernetzen und neue, zielgruppengerechte Angebote zu schaffen.
„Für uns ist alleinerziehend eine Familienform unter vielen“, erklärten Stadträtin Dinnebier und Projektorganisatorin Noack. „Daher möchten wir auch Alleinerziehenden mit entsprechenden Angeboten ermöglichen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und gesund zu bleiben. Das ist das Ziel des Projekts Verbunden – Stark – Gesund.“
Das neue Fortbildungsangebot wurde mit einer Auftaktveranstaltung unter dem Titel „Alleinerziehend in Marburg – Wie ist das?“ im Technologie- und Tagungszentrum (TTZ) eingeführt. Mehr als 30 Interessierte nahmen daran teil. Neben alleinerziehenden Eltern waren auch Mitarbeitende von Bildungs-
und Erziehungseinrichtungen, Beratungsstellen, freien sozialen Trägern, Verwaltung und Behörden. gekommen
Noack stellte das Angebot der „Eltern-AGs“ vor. Als Referentin sprach Prof. i. R. Dr. Uta Meier-Gräwe. Die Expertin auf dem Gebiet der Situation Alleinerziehender war an der Justus-Liebig-Universität (JLU) in Gießen an der Professur für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienforschung von 1994 bis 2018 tätig.
In ihrem Vortrag „Gesundheitszustand von alleinerziehenden Eltern – zwischen Sorgeverantwortung, Zeitnöten und Existenzsicherung“ berichtete sie aus ihrer jahrzehntelangen Erfahrung mit der Zielgruppe: „Alleinerziehende brauchen gute berufliche Perspektiven: Das stärkt ihr Selbstwertgefühl, trägt zu ihrer Gesundheit bei und beugt häuslicher Isolation vor.“
Zudem gab die Expertin zu bedenken, dass trotz des zunehmenden Fachkräftemangels das Potenzial dieser erwerbsorientierten und in großen Teilen gut ausgebildeten Frauen noch nicht wirklich beachtet werde. Sie nahm die Notwendigkeit einer flexiblen Kinderbetreuung – auch in Randzeiten, in denen Kitas oder Schulhorte geschlossen sind – ebenso in den Blick wie entlastende Angebote für den Alltag zuhause.
„Für gute berufliche Perspektiven braucht es zugleich passgenaue Angebote der Kinderbetreuung und haushaltsentlastende Angebote vor Ort, um Alleinerziehenden ein selbständiges Leben mit ihren Kindern ohne Zeitstress und Überforderung zu ermöglichen. Kommunen, die in solche Angebote investieren, tragen damit wesentlich zur Standortattraktivität bei und befördern zugleich gute Bildungsverläufe ihrer Kinder jenseits von Armut“, lautete ihr Statement.
In der abschließenden Podiumsrunde, die Janina Aldag von der Praxis GmbH moderierte, kamen neben Meier-Gräwe und Noack zwei weitere Fachleute zu Wort. Dabei handelte es sich um Sandra Frommhold vom Familienzentrum „Gedankenspiel“ in Wehrda und Charlotte Wagner. Sie ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern und Mitarbeiterin des Kulturzentrums Waggonhalle.
Bei der Diskussion wurde deutlich, dass Alleinerziehende sich vor allem eines wünschen. Das sind verlässliche Netzwerke beruflich und privat, die aus Eltern und engagierten Akteur*innen im Sozialraum bestehen.
Multiplikatorinnen, die sich für die drei weiteren Fortbildungsmodule interessieren, die für 2024 und 2025 geplant sind, wenden sich an die Praxis GmbH unter veranstaltung@praxisgmbh.de und lassen sich in den E-Mail-Verteiler aufnehmen. Weitere Informationen gibt es außerdem bei Linda Noack von der „Gesunden Stadt“ unter 06421/201-1037 oder linda.noack@marburg-stadt.de.Alleinerziehende Eltern, die sich für die „Eltern-AGs“ interessieren, finden vielleicht auf der Website der FBS Infos zu Ablauf und Anmeldung, wenn sie auf der Webseite www.fbs-marburg.de das Suchwort „Eltern-AG“ eingeben.
* pm: Stadt Marburg