Das Gemeindezentrum Richtsberg feiert 50-jähriges Bestehen. Es war das erste ökumenische Zentrum seiner Art in ganz Deutschland.
„Wir sind ein Haus mit offenen Türen“, sagt Pfarrer Oliver Henke von der evangelischen Kirchengemeinde Richtsberg. Das Haus ist ein ökumenisches Zentrum. Es ist das erste, das es in ganz Deutschland in dieser Form gab.
Am Samstag (14. Oktober) wird gemeinsam mit der katholischen Liebfrauengemeinde das 50-jährige Jubiläum gefeiert. Und das Thema Ökumene ist heute immer noch aktuell beziehungsweise sogar noch einmal weiter gefasst zu verstehen.
„Dieses Haus ist für alle da“, titelte die Oberhessische Presse (OP) am 15. Oktober 1973 zur Einweihung des ökumenischen Zentrums am Richtsberg. „Das war damals bereits eine wichtige Aussage und heute ist sie es angesichts der Weltlage umsomehr“, bekräftigt Henke. Am Tag des Richtfests war eine Urkunde in eine Wand eingelassen worden, auf der ein Bibelzitat aus dem Johannes-Evangelium steht: „Und Jesus betete zu seinem Vater für seine Jünger: ,.dass sie alle eins seien, .damit die Welt glaube, .dass Du mich gesandt hast.“
Dieses Eins-Sein als christlicher Auftrag ist in Marburgs einwohnerstärkstem Stadtteil am Richtsberg von besonderer Bedeutung: Menschen aus vielen verschiedenen Ländern, Kulturen und Religionen leben dort zusammen. Die Predigt beim Festgottesdienst am Samstag wird Prälat Burkhard zur Nieden halten und dabei Bezug auf eine andere Stelle des Johannes-Evangeliums nehmen: „Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall“.
Da gehe es um mehr als die klassische Ökumene, erklärt Pfarrer Henke. Was bedeutet das für die Arbeit, gerade am Richtsberg?
„Wir müssen uns auch ausstrecken nach denen, die sich gar keiner Kirche mehr zugehörig fühlen – gemeinsam“, erklärt Henke. Die Frage, wie heute noch missionarische Arbeit aussehen kann, werde vor Ort vor allem über die sozialdiakonische Ausprägung beantwortet. Das sei ein Ansatz, um Menschen zu erreichen.
„Und wir müssen die Offenheit des „Stalls“ immer wieder aufs Neue betonen.“ Die Offenheit und Menschenfreundlichkeit Gottes zu kommunizieren, sieht man im Zentrum am Richtsberg als zentrale Aufgabe an.
Die beiden Pfarrer Heinz Gerlach und Erich Rommerskirch hatten den Bau des Zentrums seinerzeit initiiert – „weil theologische Differenzen und Unterschiede der Frömmigkeitsformen kein Anlass sein sollten, nebeneinander statt miteinander zu bauen“, wie Gerlach es damals in seinem Festvortrag formulierte. Ökumenische Bauten könnten ein Zeichen dafür sein, dass Brücken geschlagen werden. Architekt Georg Solms wurde indes als einer von drei Architekten des „Theodor London-Collective“ im Rahmen des „Tag des offenen Denkmals“ 2019 von Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies mit dem Historischen Stadtsiegel geehrt.
Um das Jubiläum zu feiern, hatten die beiden Gemeinden bereits zu mehreren kleineren Veranstaltungen eingeladen. Unter anderem luden sie zu einem Vortrag zum Thema „Gemeindezentren – Ökumene in Beton?!“. Außerdem ist noch bis zum März 2024 eine Ausstellung auf dem Kunstpfad am Richtsberg zu sehen, die von Projektkoordinatorin Angelika Schönborn zusammen mit verschiedenen Einrichtungen und Institutionen am Richtsberg extra zum Jubiläum der Thomaskirche gestaltet wurde.
Der große Festgottesdienst mit Prälat Burkhard zur Nieden und dem Generalvikar des Bistums Fulda Christof Steinert findet am Samstag (14. Oktober) um 14 Uhr im Ökumenischen Zentrum an der Chemnitzer Straße statt. Bereits um 13 Uhr sind die Gäste zu einem Ankommen mit Imbiss eingeladen, im Anschluss an den Gottesdienst gibt es ein gemeinsames Kaffeetrinken.
* pm: Evangelischer Kirchenkreis Marburg