Für Datentreuhänder: Neues Zentrum erforscht geeignete Rechtsformen

„Rechtsformen für Datentreuhänder“ erforscht das Zentrum verantwortungsbewusste Digitalisierung (ZEVEDI). Beteiligt daran sind auch zwei Marburger Professoren.
Am ZEVEDI-Netzwerk beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Philipps-Universität und der Technischen Universität Darmstadt erforschen rechtliche Grundlagen für Datentreuhänder unterschiedlichen Typs und erarbeiten Vorschläge für die operative Ausgestaltung der Governance von Datentreuhändern. ZEVEDI wird gefördert durch die hessische Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung.
Datentreuhänder gelten als Schlüssel, um das Datenteilen zu intensivieren und Datenmärkte jenseits einer von Machtasymmetrien geprägten Plattformökonomie zu schaffen. Derzeit versuchen verschiedene Initiativen, funktionsfähige Datentreuhänder zu etablieren.
Dabei zeigt sich eine eindrucksvolle Vielfalt unterschiedlichster Ausgestaltungsvarianten und Betreiberkonstellationen. Allerdings fehlen bislang gesicherte Erkenntnisse über die optimale rechtliche Ausgestaltung solcher Datenintermediäre, um die heterogenen Interessen von Datengebern und -nutzern sowie spezifische Anforderungen unterschiedlicher Datendomänen zu berücksichtigen.
Ab Oktober wird nun das Forschungsvorhaben „Rechtsformen für Datentreuhänder unterschiedlichen Typs an der Schnittstelle Wissenschaft, Wirtschaft und öffentliche Hand“ (ReFo_DaT) vom BMBF gefördert. Am ZEVEDI-Netzwerk beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Philipps-Universität und der Technischen Universität Darmstadt erforschen rechtliche Grundlagen für Datentreuhänder unterschiedlichen Typs und erarbeiten Vorschläge für die operative Ausgestaltung der Governance von Datentreuhändern.
„Datentreuhänder sind als neutrale Mittler entscheidend, um die riesige Menge an Daten gesamtgesellschaftlich nutzbar zu machen und die Emanzipation kleinerer Unternehmen gegenüber großen Plattformbetreibern mit Datenmonopol zu ermöglichen“, erklärte Prof. Sebastian Omlor. „Bislang bleiben zur körperschaftlichen Ausgestaltung solcher Intermediäre noch viele Fragen offen. Mit unserem Projekt leisten wir einen Beitrag, das theoretische Konstrukt des Datentreuhänders zu operationalisieren.“, erläuterte der Direktor des Instituts für das Recht der Digitalisierung (IRDi) an der Philipps-Universität.
Obwohl der europäische Data Governance Act Vorschriften für neue Intermediäre statuiert, enthält er keine Vorgaben zur unternehmerischen Organisationsverfassung. Auch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGV) sieht keine Regelungen für Datentreuhänder vor.
„Die Frage nach der adäquaten Rechtsform eines Datentreuhänders, der Verteilung von Entscheidungskompetenzen und Vermögensrechten sowie Haftungsregelungen bedürfen daher juristischer Klärung“, sagte Prof. Florian Möslein. Er ist ebenfalls Direktor des IRDi. ReFo_DaT soll Antworten auf diese vielfältigen Fragen liefern.
Ziel ist die Erarbeitung einer – durch rechtswissenschaftliche Analysen unterfütterte und durch Praxisbeispiele angereicherte – Entscheidungsmatrix, ergänzt um Mustersatzungen und prototypische Governance-Konzepte, die Gründer und Betreiber von Datentreuhändern als Orientierungshilfe bei der Auswahl und Ausgestaltung einer passenden Rechtsform und nachhaltiger Governance-Strukturen und Geschäftsmodellen unterstützt. „Die Verzahnung von rechtswissenschaftlicher Analyse und konkretem Praxisbezug ist das Besondere des Projekts“, erläuterte Prof. Petra Gehring. Die wissenschaftliche Direktorin des Zentrums verantwortungsbewusste Digitalisierung ergänzte: „Hier kann Wissenschaft am lebenden Objekt bedarfsgenaue Konzepte entwickeln, die für die Gründer praktikabel sind und zugleich Rechtssicherheit schaffen.“
Die Hessische Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung fördert das Forschungs- und Kompetenznetzwerk ZEVEDI. „ZEVEDI wird mit seiner hervorragenden Expertise das Zukunftsthema Datentreuhänder und die Ausgestaltung ihrer Rechtsformen entschieden voranbringen.“, begründete Ministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus ihre Entscheidung. „Mit ZEVEDI haben wir ein schlagkräftiges Netzwerk geschaffen, das nun erneut eine Förderung des Bundes erhält. Zu diesem Erfolg gratuliere ich herzlich.“
Das Förderprojekt „ReFo_DaT – Rechtsformen für Datentreuhänder unterschiedlichen Typs an der Schnittstelle Wissenschaft, Wirtschaft und öffentliche Hand“ steht unter der Leitung von Prof. Dr. Petra Gehring von der TU Darmstadt, Prof. Dr. Florian Möslein und Prof. Dr. Sebastian Omlor von der Philipps-Universität. Offizieller Start ist der 15. Oktober 2023. ReFo_DaT wird vom BMBF bis Ende 2025 mit 500.00 Euro gefördert.
ZEVEDI ist ein Forschungs- und Kompetenznetz. Es bündelt die wissenschaftliche Expertise der hessischen Hochschulen zur Analyse normativer Aspekte des digitalen Wandels und trägt zur Gestaltung dieses Wandels bei. Das Zentrum konkretisiert Verantwortung als wichtigen Gesichtspunkt von Technologieentwicklung und arbeitet daran, ihn umsetzbar zu machen. Es erbringt Forschungsleistungen, stärkt den Transfer von Wissen in die Wirtschaft und die Gesellschaft hinein und berät die Politik forschungsbasiert zu den Themen Recht, Ethik und Innovation – für eine demokratische und humane Ausrichtung des digitalen Wandels.
Wissenschaftliche Direktorin des Zentrums ist Prof. Petra Gehring. Die Leitung der Geschäftsstelle an der TU Darmstadt hat Dr.-Christiane Ackermann inne. ZEVEDI wird gefördert durch die hessische Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung.
Das 2018 gegründete Institut für das Recht der Digitalisierung am Fachbereich Rechtswissenschaften der Philipps-Universität erforscht die Auswirkungen der Digitalisierung auf bestehende Rechtsordnungen und leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, digitale Technologien rechtssicher und zukunftsfähig zu machen. Die Institutsleitung haben Prof. Dr. Sebastian Omlor und Prof. Dr. Florian Möslein inne.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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