Eine menschenverachtende Misshandlung durch eine Polizeibeamtin in Mannheim beklagen Aktive der „Letzten Generation“. Darunter war auch das Marburger Ehepaar Trommer.
Um gegen den Verfassungsbruch der Regierung in der Klimakatastrophe zu protestieren und darauf aufmerksam zu machen, dass sich in Bayern mehrere Dutzend Unterstützer*innen der Letzten Generation im Langzeitgewahrsam befinden, protestierten am Samstag (2. September) Aktive der Letzten Generation mit einer Sitzblockade in Mannheim. Mehrere Personen klebten dabei ihre Hände mit Sekundenkleber auf der Konrad-Adenauer-Brücke an den Asphalt. Alle Aussagen beziehen sich auf die Polizeibeamtin, die in einem Video zu sehen ist, wie sie Öl über den Kopf einer Demonstrantin schüttet.
Nach dem Eintreffen am Versammlungsort auf der Konrad-Adenauer-Brücke sammelte die Beamtin zunächst Klebstofftuben ein. „Beim Einsammeln des Klebers hat die Beamtin auch ein Kältespray eingezogen“, berichtete Mario Hess. „Auf meinen Einlass, dass dies benötigt wird, um die geklebte Hand zu kühlen, damit keine Verletzungen an der Hand entstehen, meinte sie nur: Das ist mir egal, ihr seid selbst schuld, ihr habt euch ja auch angeklebt.“
Benjamin Schuler erklärte: „Ein Polizeibeamter hat uns Kältespray gegeben mit den Worten: Falls ihr Schmerzen habt, könnt ihr es benutzen.“ Die Beamtin sei dazwischengegangen mit den Worten: „Was soll das jetzt?“
Der Polizeibeamte erwiderte: „Das bleibt stehen, die haben Schmerzen.“ Sie erwiderte: „Die sollen Schmerzen haben, die sind ja auch selber schuld.“
Um das Lösen der Hände voAsphalt möglichst verletzungsfrei durchzuführen, verwendet die Polizei Pflanzenöl, das auf die Hände aufgetragen wird, um abschließend die Hände nach einer Einwirkzeit Stück für Stück vorsichtig zu lösen. Die Polizeibeamtin überschüttet mit diesem Pflanzenöl mehrere der Sitzblockierer*innen. Anschließend reicht ein Feuerwehrmann den Betroffenen Papiertücher zum abwischen. Die Szene ist im Video [2] dokumentiert.
„In Vorbereitung zum Lösen kippte sie besonders großzügig Öl auf meinen Arm, sodass ich die ganze Zeit in einer großen Lache aus Öl und Desinfektionsmittel saß,“ berichtete Sabine G. Ähnlich erging es auch Stefan Diefenbach-Trommer aus Marburg: „Mir wurde von ihr Desinfektionsmittel über Hand und Hose gegossen, ohne jede Vorwarnung. Anschließend riss sie mir die Finger vom Asphalt.“
Sabine G. erzählte weiter: „Sie wollte meinen Rucksack durchsuchen, ich erklärte, dass ich ihn nicht absetzen könne, weil meine Hand ja angeklebt sei.“
Daraufhin habe die Polizistin ohne Vorwarnung dreimal so heftig daran gerissen, „dass ich vor Schmerz aufschrie. Ich habe ihr dann nochmal erklärt, dass ich den Rucksack nicht ausziehen könne. Darauf meinte sie: Ja, selber schuld, das hätten Sie sich überlegen sollen, bevor Sie sich angeklebt haben. Anschließend riss sie an den Reißverschlüssen, sodass meine Sachen herausfielen.“
Alle Sitzblockierenden wurden ins Polizeipräsidium Mannheim verbracht. Im Hinterhof befindet sich dort der Flachbau mit den Gewahrsamszellen. Dort gibt es braune Kacheln; in vielen Zellen riecht es nach Urin.Die Luft ist abgestanden. Einige Zellen haben ein Toilettenloch im Boden.
Susanne Flender berichtete: „Bei mir wollte die Beamtin mit der Leibesvisitation bei noch offener Tür anfangen, eine zweite Kollegin war dabei, die sich sichtlich unwohl fühlte. Daraufhin wurde die Tür geschlossen. Lächelnde Aufforderung: ,Ausziehen.‘ Brüste hochgezogen. Dann: ,Hose!‘ Ich habe um mein Oberteil gebeten, dann ging es weiter. Diskussion um Unterhose mit den Damenbinden drin, auch durchsucht. Als ich diese wieder anziehen wollte, Pobacken auseinandergezogen. Alles sehr demütigend, wortkarg und hämisch. Auf meinen Einwand, dass das alles nicht nötig sei, hat nur die andere Kollegin reagiert.“
Die Marburger Psychologin Jana Trommer sollte auf der Polizeiwache im Flur ihr Kleid ausziehen. „Dann hat sie mich allein in der Zelle nackt durchsucht und ich musste mich ohne Unterhose breitbeinig an die Liege stellen“, berichtte sie. „Eine weitere Aktivistin sollte sich dann in meiner Gegenwart ausziehen, alles zusammen ziemlich entwürdigend.“
Sabine G. erlebte dort Ähnliches: „Auf der Polizeiwache nahm die Beamtin mich und eine andere mit den Worten in Empfang: Na, welche der Prinzessinnen wollen wir denn zuerst behandeln? Meine beiden Arme waren voller Öl; und ich bat darum, mich abwischen zu dürfen, wurde auf die Zelle vertröstet, das war dann aber nicht mehr möglich. Ich musste mich für die Leibesvisitation in der Zelle neben einer anderen Aktivistin – eine junge Polizistin war ebenfalls anwesend – Stück für Stück ausziehen, wollte dann die Unterhose nicht ausziehen, sagte, das sei entwürdigend und ich würde mich schämen. Da riss sie mir die Unterhose selbst runter.“
Sie empfand dies als sehr demütigend. „Und weil ich nicht wollte, dass sie an meiner Hose die Bändel zerschneidet, musste ich ohne Hose, also im Slip in der Zelle sitzen. So sahen mich auch männliche Beamte halbnackt in der Zelle. Da kam dann beispielsweise auch ein Beamter vom KDD (Kriminaldauerdienst) rein, um eine andere Insassin abzuholen. Erst nach Schichtwechsel hat der Beamte am Abend festgestellt, dass dafür, dass ich meine Hose nicht zurückbekäme, ja offenbar kein Grund vorliege, und hat mir meine Hose zurückgegeben.“
Raúl Semmler von der „Letzten Generation Rhein-Neckar“ erklärte dazu: „Bisher hatten wir einen guten Kontakt mit der Polizei in Mannheim. Wir würden uns über ein Gespräch mit allen am Einsatz Beteiligten freuen.“
* pm: Die Letzte Generation