Einen weiteren wissenschaftlichen Erfolg meldet die Philipps-Universität. Forscher aus Marburg und Kanada haben die Struktur eines Proteinkomplexes aufgeklärt, der für die Herstellung lebenswichtiger Enzyme erforderlich ist.
Die Forschungsgruppe um den Marburger Biochemiker Prof. Dr. Roland Lill ermittelte, welche dreidimensionale Struktur die sechs Proteine des Komplexes aufweisen, der an der Synthese von Eisen-Schwefel-Clustern beteiligt ist. Das Team veröffentlicht seine Ergebnisse in der Wissenschaftszeitschrift „Nature Communications“.
„Enzyme mit Eisen-Schwefel-Clustern sind unersetzlich für zahlreiche essenzielle Lebensprozesse“, erläuterte Lill. Beispiele dafür sind insbesondere die Energiegewinnung in den Mitochondrien, die Vervielfältigung der Erbsubstanz DNA sowie deren Reparatur nach Schädigungen.
„Vor kurzem konnte ein Eisen-Schwefel-Protein charakterisiert werden, das bei der zellulären Virenabwehr hilft“, führte der Marburger Hochschullehrer weiter aus. Ist der Prozess der Synthese von Eisen-Schwefel-Clustern gestört, kommt es zu schwerwiegenden neurologischen Erkrankungen.
Die Entstehung von Eisen-Schwefel-Proteinen ist ein mehrstufiger Prozess, der das Zusammenwirken einiger spezialisierter Enzyme erfordert. Er findet in den Mitochondrien statt, die als die Kraftwerke der Zelle gelten.
Lill und seine Kollegen präsentieren nun drei Kristallstrukturen. Sie seien „Schnappschüsse unterschiedlicher Stadien des Syntheseprozesses“, erklärte Lill. „Aus diesen Daten konnten wir zum ersten Mal herauslesen, wie die verschiedenen Enzyme des Komplexes räumlich zueinander angeordnet sind und wie sie ihre Funktion koordinieren, um aus Eisen und Schwefel einen Eisen-Schwefel-Cluster zusammenzusetzen.“
Dabei blieben auch Überraschungen nicht aus. So fanden die Forscher heraus, dass zwei kleine Proteine, deren Funktion bisher unbekannt war, eher eine steuernde Funktion übernehmen, als dass sie die Clustersynthese direkt unterstützen: Die Proteine ISD11 und ACP stellen vielmehr sicher, dass die Clustersynthese in enger Abstimmung mit dem Energiehaushalt der Zelle geschieht.
Lill leitet das Institut für Zytobiologie und Zytopathologie der Philipps-Universität. Außerdem gehört er dem Marburger „LOEWE-Institut für Synthetische Mikrobiologie“ (SynMikro) an.
Seit 2003 ist der Biochemiker Träger des Leibniz-Preises. Das ist der am höchsten dotierte deutsche Wissenschaftspreis. Einem Ranking der Zeitschrift „Laborjournal“ zufolge zählt er zu den dreißig meistzitierten deutschen Zellbiologen.
Die Publikation ging aus einer engen Kooperation zwischen Lills Arbeitsgruppe und kanadischen Wissenschaftlern von der University of Saskatchewan hervor. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das hessische Förderprogramm „LOEWE“ haben die Forschungsarbeit unterstützt.
* pm: Philipps-Universität Marburg