Ein ganz besonderer Termin stand am Donnerstag (26. Januar) im Polizeipräsidium Mittelhessen an. Sieben Menschen waren zur Bürgerehrung eingeladen.
Im Mittelpunkt stehen dabei Menschen, die durch ihr Handeln maßgeblich dazu beigetragen haben, andere zuschützen oder Täter zu ermitteln. Mittelhessens Polizeipräsident Bernd Paul zeigte sich besonders erfreut über diesen Anlass.
„Es ist mir eine große Freude, den anwesenden sieben Personen meinen ausdrücklichen Dank für ihr Handeln auszusprechen“, erklärte der Polizeipräsident. „Durch Ihre Hilfe und Ihr vorbildliches Eingreifen konnte teils finanzieller oder auch körperlicher Schaden verhindert werden, auch halfen Ihre Hinweise bei der Ermittlung der Tatverdächtigen. Dieser Dank gebührt auch vielen weiteren Zeuginnen und Zeugen, die der Polizei tagtäglich wichtige Hinweise liefern.“
Paul stellte anschließend im Wechsel mit dem Polizeivizepräsidenten Torsten Krückemeier und dem Abteilungsdirektor Manfred Kaletsch die sechs Fälle vor. Zum ersten Fall fügte Paul noch an, dass die Anzahl der Straftaten zum Nachteil älterer Menschen erkennbar zunehmen und in seinen Augen besonders niederträchtig und kriminell seien.
Die 25-jährige Lea Warnat aus Herborn ermöglichte mit ihrem Handeln das Aufklären von gleich drei Straftaten. Am 26. Oktober 2022 fielen ihr zwei Männer auf, die einen Senioren auffällig beobachteten. Letztlich lenkte einer der beiden den 92-jährigen Mann ab, während der andere sein Portmonee entwendete.
Später bemerkte Warnat die zwei Männer noch in einer Bankfiliale wohlmöglich bei dem Vorhaben, Geld mit der gerade entwendeten EC-Karte abzuheben. Sie verständigte die Polizei und lieferte direkt noch Bilder der verdächtigen Männer. Mit. Ihnen konnten die Beamten noch zwei weitere, ähnliche Taten zuordnen.
Ebenfalls um zwei Senioren, die in Bad Nauheim wohnen, ging es im zweiten geschilderten Fall. Sie erhielten am 26. Januar 2022 einen sogenannten „Schockanruf“ und fielen auf die fiese Masche der Betrüger rein. Um ihrer angeblichen Tochter in Not zu helfen, hoben sie mehrere tausend Euro vom Konto ab und fuhren mit einem Taxi los.
Ihr Taxifahrer Recep Göksen bemerkte anhand der geführten Gespräche den laufenden Betrug. Der 60-jährige Mann aus Friedberg machte das Ehepaar auf die Masche aufmerksam. Daraufhin kam es zu keiner Geldübergabe; sondern stattdessen wurde die Polizei informiert.
„Telefonbetrüger schaffen es leider immer wieder, schnell emotionalen und zeitlichen Druck bei ihren Opfern aufzubauen, dass diese die Masche nicht erkennen“, bemerkte Krückemeier dazu. „Die Opfer sind dann auf solche Zeugen angewiesen – beispielsweise Bankmitarbeiter oder – wie in diesem Fall der Taxifahrer. Für jeden Hinweis dieser Art bedanke ich mich.“
Gemeinsam agierten zwei Zeugen im nächsten Fall und ermöglichten damit die Festnahme von zwei Jugendlichen, die am 13. Oktober 2022 einer Frau in Altenstadt beim Einkaufen die Handtasche entwendeten. Während ein weiterer Mann bei der versuchten Verfolgung noch stürzte und sich leicht verletzte, stellte der 34-jährige Nils Hoßfeld aus Helmstadt sein Auto quer und versperrte damit einem der Flüchtenden den Weg. Ihm zur Hilfe eilte der 50-jährige Andreas Häfner aus Altenstadt.
Die – von ihnen verständigte – Polizei ermittelte auch den zweiten Tatverdächtigen und stellte bei den Durchsuchungen Beweismittel sicher. Die Geschädigte bekam ihr Geld zurück und bedankte sich bei den Zeugen.
Um eine Lebensrettung ging es bei der Ehrung des 80-jährigen Rafael Fernandez aus Biedenkopf. Gemeinsam mit weiteren Zeugen zog er am 8. September 2022 in Biedenkopf einen Mann von den Bahngleisen, der sich dort in suizidaler Absicht hingelegt hatte. Der Mann kam im Anschluss in eine Klinik. Der Biedenkopfer konnte berichten, dass er den Mann zuletzt auch wiedergesehen habe.
Mit einer resoluten Zeugin und Inhaberin eines Juweliergeschäfts bekamen es Telefonbetrüger zu tun, als ihr eigentliches Opfer am 16. September 2022 versuchte, Gold für hunderttausend Euro zu kaufen. Während die Frau im Juweliergeschäft stand, waren die Betrüger offenbar noch in der „Leitung“ des – von der Goldkäuferin – mitgeführten Handys. Die Zeugin wurde darauf aufmerksam und nahm sich das Telefon der Frau.
In diesem Gespräch flog der Betrug auf. Luisa Parr ist in diesem Zusammenhang keine Unbekannte im Polizeipräsidium Mittelhessen: Vor einigen Jahren schaffte sie es, Diebe in ihrem Geschäft einzusperren und der Polizei zu „übergeben“.
Insbesondere im Zusammenhang mit dem letzten Fall betonte Kaletsch, dass es sich immer um einen „schmalen Grat“ handelt, wenn es um die Frage geht, bei beobachtetem Unrecht selbst einzuschreiten oder nur Hilfe zu holen, indem beispielsweise die Polizei gerufen wird. Der 23-jährige Fabian Bertsch entschied sich am 12. Juni 2022 für die erste Variante und profitierte dabei wohlmöglich auch von seiner Größe und Statur.
In den frühen Morgenstunden hatte er zufällig einen Verkehrsunfall in der Gießener Innenstadt mitbekommen. Dabei hatte ein Autofahrer zwei Fußgänger verletzt. Einer von ihnen starb später infolge seiner sehr schweren Verletzungen.
Der Autofahrer fuhr weg; und Bertsch folgte ihm instinktiv auf seinem Motorrad. Er überholte den Wagen, stoppte ihn und hinderte den Fahrer bis zum Eintreffen der Polizei an der Flucht. Durch sein Handeln konnte die Polizei den mutmaßlichen Täter festnehmen.
Im Anschluss an die Fallschilderungen erhielten die sieben Zeugen kleine Präsente. Danach endete die Veranstaltung in einem Beisammensein in ungezwungener Atmosphäre.
* pm: Polizei Marburg