Fast zehn Jahre lang lebte er in Marburg. Seit fast 40 Jahren wohnt Frank Schwalba-Hoth nun aber bereits in Brüssel.
Er hat Geschichte geschrieben in gleich mehreren Punkten. War seine „Blutspritz-Aktion“ am 3. August 1983 in Wiesbaden überaus öffentlichwirksam und erregte bundesweit die Gemüter, so gilt der ehemalige Abgeordnete des Hessischen Landtags und des Europäischen Parlaments seit gut 30 Jahren als „die graue Eminenz in Brüssel“, die eher im Hintergrund wirkt. Geboren wurde Schwalba Hoth am 12. Dezember 1952 in Hamburg.
Nach dem Abitur und seinem Wehrdienst kam Schwalba-Hoth 1974 als Leutnant der reserve zum Studium nach Marburg. An der Philipps-Universität studierte er Deutsch, Politik und Geschichte auf Lehramt. 1981 schloss er sein Studium mit dem Zweiten Staatsexamen nach einem Referendariat an der Martin-Luther-Schule (MLS) ab.
1984 zog Schwalba-Hoth nach Brüssel, wo er seither lebt. Seine Kontakte zu Marburg sowie seinen Weggefährtinnen und Weggefährten in der mittelhessischen Universitätsstadt hat er aber über all die Jahre aufrechterhalten. Am 29. November 2014 traf er sich beispielsweise mit Freundinnen und Freunden in der Geschäftsstelle der Grünen an der Frankfurter Straße.
Zuletzt hat Schwalba-Hoth Marburg zusammen mit seiner Tochter und seinem kleinen Enkelsohn zum GBAL-Treffen am Samstag (20. August) besucht. 1980 hatte Schwalba-Hoth die „Grün-bunt-alternative Liste“ (GBAL) im Studentenparlament (StuPa) der Philipps-Universität gegründet. Sie war die erste „Grüne Liste“ an einer Hochschule in Deutschland.
Im Wintersemester 1980/81 zog sie ins StuPa und den Allgemeinen Studentenausschuss (AStA) ein. Mehrere Jahre lang prägte die GBAL das kulturelle, soziale und politische Leben in Marburg und gab der Universitätsstadt Anstöße, die bis heute immer noch wirksam sind. Darauf blickten gut 35 Ehemalige GBALer im August 2022 bei einem historischen Rundgang zu den Schauplätzen ihrer einstigen Aktivitäten zurück.
Bereits 1978 hatte Schwalba-Hoth die Grüne Marburger Wahlliste (GMW) mitbegründet. Außerdem war er Mitbegründer der Grünen Liste Hessen (GLH) sowie 1980 der Partei „Die Grünen“. 1981 und 1982 war er einer der beiden Landesvorsitzenden der Grünen Hessen.
Am Buß-und Bettag 1981 saß Schwalba-Hoth zusammen mit seinem Parteifreund Roland Stürmer und dem Jungsozialisten Peter feldmann auf der Schlosstreppe, als der Hessische Ministerpräsident Holger Börner im Landgrafenschloss dem Marburger Obberbürgermeister Dr. Hanno Drechsler das Bundesverdienstkreuz überreichte. Die Blockade des – wegen des Baus der „Startbahn West“ des Frankfurter Flughafens überaus umstrittenen – Ministerpräsidenten führte im Nachgang zur Aufkündigung der Ampel-Koalition im Marburger Rathaus. Sie war wohl das erste kommunale Ampel-Bündnis in Deutschland gewesen.
Gestärkt von der Anti-Startbahn-Bewegung in Südhessen, machte Schwalba-Hoth im Herbst 1982 im Landkreis Marburg-Biedenkopf Wahlkampf für Die Grünen. Damals benötigte die Partei noch Tausende von Unterstützungsunterschriften, um zur Landtagswahl antreten zu dürfen. In jeder Gemeinde und jedem Ortsteil im Landkreis organisierte Schwalba-Hoth deshalb Informationsveranstaltungen, vor oder bei denen er auch Unterschriften sammelte.
Mit dem Auto seiner damaligen Lebensgefährtin fuhr er überallhin, um Plakate aufzuhängen. Dabei sprach er Bekannte und Fremde an, die er mit seiner kommunikativen Art oft zur Mithilfe gewinnen konnte. Nicht zuletzt dank seines unermüdlichen Einsatzes wurden Die Grünen im Landkreis wie auch in der Stadt Marburg stark genug, um am 1. Dezember 1982 in den Landtag einzuziehen.
Dort brachte der Abgeordnete Schwalba-Hoth einen Gesetzentwurf zur Lehrerausbildung ein. Mit seiner Annahme im August 1983 wurde er das erste –
von den Grünen initiierte – Gesetz in einem deutschen Parlament. Auch sein Gesetzentwurf zum Hessischen Personalvertretungsgesetz (HPVG) prägte die spätere Debatte über die Mitbestimmung der Landesbediensteten in Hessen nachhaltig.
Bei einem Empfang am 3. August 1983 spritzte Schwalba-Hoth dem US-amerikanischen General Paul S. Williams im Landtag Blut an die Uniform, das er sich selbst zuvor abgezapft hatte. Mit den Worten „Blood for the bloody Army“ machte er auf die Verstrickung des Generals in völkerrechtswidrige Einsätze während des Vietnam-Kriegs aufmerksam. Bereits am 4. August 1983 trat Schwalba-Hoth aufgrund des heftigen Drucks auch auf seine Angehörigen von seinem Landtagsmandat zurück.
Dem Europa-Parlament gehörte Schwalba-Hoth von 1984 bis 1987 an. Gemäß dem damaligen Rotationsprinzip gab er sein Mandat nach der Hälfte der Wahlperiode ab. Anschließend wurde er Geschäftsführer von Greenpeace Brüssel.
In einer gemeinsamen Agentur mit der FDP-Politikerin Silvana Koch-Merin sowie später allein betrieb Schwalba Hoth dann Lobbyarbeit für Menschenrechte, Umweltschutz und Soziale Gerechtigkeit. Legendär sind seine Dinners, zu denen er seit 1989 zwischen 60 und 80 zahlende Gäste einlädt. Den Zahlenden ordnet er Plätze zu, bei denen sie mit gesponserten Gästen aus Umweltorganisationen oder Ländern des „globalen südens“ zwanglos ins Gespräch kommen können.
Seit 2006 gehört Schwalba-Hoth dem Beirat der „Right Lifelyhood Foundation“ an, die alljährlich den gleichnamigen Preis verleiht. In Deutschland wird er oft auch als „Alternativer Nobelpreis“ bezeichnet. Zudem hat Schwalba-Hoth einen internationalen Preis für „Women in Leadership“ ins Leben gerufen.
Seine Verdienste für Marburg, Hessen, Deutschland und Europa sind größer, als viele denken. Wer Schwalba-Hoth kennt und schätzt, der wünscht ihm zu seinem Geburtstag Gesundheit und ein langes Leben, damit der „Unsichtbarste aller Klimaschutz-Netzwerker für die Zukunft der Menschheit“ noch viele seiner Ziele erreichen kann.
* Franz-Josef Hanke