Über Wissenschaftsfreiheit spricht Prof. Dr. Sabine Döring bei der Christian Wolff-Vorlesung 2022 am Donnerstag (10. November) ab 20 Uhr in der Aula der Alten Universität. Veranstalter ist das Institut für Philosophie der Philipps-Universität.
In der diesjährigen Christian Wolff-Vorlesung nimmt sich Prof. Dr. Sabine Döring der Debatte darüber an, wer und was an der Universität gehört oder gelesen werden soll und wer und was nicht. Der wissenschaftliche Diskurs soll zugleich „epistemisch gerecht“ und „epistemisch offen“ sein. „Alle potenziell Erkennenden sollen die gleiche Freiheit haben, am Diskurs teilzunehmen, und dabei freimütig sprechen können“, fordert Döring.
Auf diese Weise werde Wissen beziehungsweise Erkenntnis – Griechisch „Episteme“ – bestmöglich erreicht. In der Vorlesung möchte sie die Gründe für die „heftige, frustrierend verlaufende“ Debatte offenlegen und einen Vorschlag dazu machen, wie sich die beiden nur scheinbar konfligierenden Ziele der epistemischen Gerechtigkeit und der epistemischen Offenheit miteinander versöhnen lassen.
Danach solle es für Meinungsäußerungen, sofern sie epistemisch qualifiziert sind, keine Grenze geben. „Wissenschaft darf sich nicht nur, sie muss sich sogar mit jedem erdenklichen Thema auseinandersetzen, da gerade sie mögliche epistemische Irrwege mit guten Argumenten beenden kann“, erklärte die Philosophin. Das Argument und der Dialog, und nicht Zensur aufgrund „sozialer Tyrannei“ (John Stuart Mill), sind aus ihrer Sicht der Weg der Wissenschaft und ihr schärfstes Schwert.
Döring ist Professorin für Praktische Philosophie an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Zwischen 2007 und 2017 war sie an der Leitung des Tübinger Exzellenzclusters „Center for Integrative Neuroscience“ beteiligt. Zur Zeit engagiert sie sich im Rahmen eines Forschungsprojekts über religiöse Gefühle. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die Philosophie der Kunst, Handlungs- und Rationalitätstheorien sowie philosophische Theorien der Emotionen.
Christian Wolff (1679-1754) hat der Philosophie der Neuzeit maßgebliche Impulse verliehen. Wesentliche Errungenschaften, wie etwa die Begründung einer säkularen Moral oder die Öffnung des europäischen Denkens gegenüber außereuropäischen Kulturen, gehen auf ihn zurück. In Marburg lehrte Wolff von 1723 bis 1740 und war neben Gottfried Wilhelm Leibniz der bedeutendste Philosoph der frühen Aufklärung in Deutschland.
Die weit über die Grenzen Marburgs hinaus bekannte Vorlesungsreihe wurde 1999 von Peter Janich ins Leben gerufen. Seitdem diskutieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Vorlesung aktuelle, philosophische Fragestellungen – von Gerechtigkeit bis Moral.
* pm: Philipps-Universität Marburg