Zu Lebzeiten Livemusik: Molly Malone’s Irish Pub

In den späten 70er und frühen 80er Jahren gab es in Marburg mehrere Musikkneipen. Eine davon war das „Molly malone’s“.
„Molly Malone’s Irish Pub“ hatte sich vor allem auf Irish Folk spezialisiert. Allerdings war dort auch Musik benachbarter Stilrichtungen zu hören. Das Lokal am Wehrdaer Weg hat am 25. März 2018 endgültig seine Pforten geschlossen.
Mitte der 80er Jahre ging ich gelegentlich gern mal mit Bekannten dorthin. Mein Stammlokal war das „Molly Malone´s“ aber nie. Gleichwohl gefiel mir die Musik meist, die dort live dargeboten wurde.
Das Gebäude „Wehrda er Weg 16a“ betrat man über mehrere Stufen. Im Gastraum saß man auf rustikalen Stühlen an ebenso rustikalen Tischen. An bestimmten Abenden spielten dort Singer-Songwriter, kleine Bands oder Einzelinterpreten meist zur Gitarre.
Einmal überraschte mich ein Musiker, der auf Englisch Songs zur Gitarre sang. Mit einer hohen und zugleich dennoch sehr wohlklingenden Stimme trug er Lieder vor, die er selbst komponiert und getextet hatte. Zwischendurch berichtete der US-Amerikaner mit dunkler Hautfarbe, er sei als Soldat nach Hanau gekommen und dann dort geblieben.
Seinen Namen habe ich mir leider aber ebensowenig gemerkt wie den einer jungen Frau aus einem Dorf in der Gießener Gegend. Die Studentin mit langem lockigem blonden Haar hatte sich mit Cowboystiefeln und Ledermini verkleidet und trut zunächst Country-Songs vor. Auf Lieder von Collin Wilkie folgten dann einige Titel von Hannes Wader auf Deutsch.
Vor der Pause überraschte sie das Publikum dann mit zwei eigenen Liedern auf Deutsch. In der Pause setzte sie sich zu mir und meinen Bekannten an den Tisch. Ich lobte sie wegen ihrer poetischen und berührenden Texte und sagte ihr eine große Karriere voraus.
Nach der Pause folgten dann noch zwei überaus gelungene Eigenkreationen. Ich war hellauf begeistert. Von der Liedermacherin habe ich aber nie wieder etwas gehört.
Einmal erlebte ich im „Molly Malone´s“ auch ein Trio aus Irland. Die drei Mittvierziger spielten Gitarre, Flöte und Geige. Mitunter ertönte auch ein Dudelsack, eine Harfe oder ein Banjo. Ihr Repertoire umfasste alle die Irish-Folk-Klassiker, die ich von den „Dubliners“ und anderen kannte und die sie durchaus gekonnt vortrugen.
All diese Konzerte haben irgendwann in den 80er Jahren stattgefunden. In den 90ern war ich höchstens zweimal und danach nie mehr im „Molly Malone´s“. So habe auch ich kaum dazu beigetragen, diese kleine – aber feine –
Auftrittsmöglichkeit für Künstlerinnen und Künstler in familiärer Atmosphäre zu erhalten.
Als die umtriebige Wirtin, die „Molly Malone´s Irish Pub“ zuletzt übernommen hatte, die Schließung des traditionsreichen Lokals ankündigte, ergriff mich dann doch die Wehmut. Musikkneipen wie das „Frustika“ an der Barfüßerstraße, der „Hinkelstein“ am oberen Marktplatz, Die „Cavete“ am oberen Steinweg und das „Molly Malone´s“ am Wehrdaer Weg gehören ganz gewiss zu den legendären Lokalen in Marburg.

* Franz-Josef Hanke

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