arnica angepflanzg: Botanischer Garten empfiehlt Magerrasen

Naturschutz und erfolgreiche Landwirtschaft müssen sich nicht ausschließen. Das zeigt ein neues Projekt des Botanischen Gartens.
Magerrasen bietet einen wertvollen Schutzraum für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten. Doch in den vergangenen Jahrhunderten ging der Anteil der besonders schützenswerten Grünflächen immer weiter zurück.Verantwortlich dafür war unter anderem der wirtschaftliche Druck auf die Landwirtschaft.
Ein Projekt der Philipps-Universität soll dem Rückgang nun entgegenwirken: Die Heilpflanze „Arnica montana“ trägt zum Erhalt des Magerrasens bei und birgt für die Landwirtschaft großes ökonomisches Potenzial, das Marburger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deutlich machen wollen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft fördert das Projekt „Revitalisierung und ökologische Aufwertung bodensaurer Magerrasen durch die Anreicherung und nachhaltige Nutzung der Heilpflanze Arnica montana“ mit knapp 380.000 Euro für vier Jahre.
Magerrasen hat eine sehr lange Geschichte. Schon in der Frühsteinzeit ließen die Menschen ihr Vieh auf vormals bewaldeten Flächen weiden. Die Tiere verbissen junge Sträucher; und Bäume und zurück blieb besonders artenreicher, nährstoffarmer und wasserdurchlässiger Boden – der Magerrasen.
„Es handelt sich um die ältesten landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen in Deutschland“, erklärte Dr. Andreas Titze. „Geprägt von unterschiedlichsten Kraut- und Halbstrauchpflanzen bietet der Magerrasen einen wichtigen Lebensraum für zahlreiche Arten.“
Titze ist der Leiter des Botanischen Gartens der Philipps-Universität. „“Hier ist über viele Jahrhunderte ein komplexes Beziehungsgefüge zwischen Pflanzen, Insekten, Amphibien, Reptilien und Vögeln entstanden, das besonders schützenswert ist“, erläuterte er.
Mittlerweile ist der Flächenanteil des Magerrasens in Deutschland jedoch auf unter vier Prozent gesunken. Das ist unter anderem auf die Industrialisierung der Landwirtschaft, den zunehmenden Einsatz von Pestiziden sowie den immer stärkeren wirtschaftlichen Druck, dem Landwirt*innen ausgesetzt sind, zurückzuführen.
„Das ist eine sehr problematische Entwicklung, da viele dieser Insektenarten – zum Beispiel Hummeln – für eine optimale Bestäubung bei 70 Prozent unserer Nutzpflanzen verantwortlich sind“, warnte Titze. „Indirekt schadet sich die Landwirtschaft damit also auch selbst.“
Das neue Projekt des Botanischen Gartens soll dazu beitragen, den wichtigen Lebensraum Magerrasen zu erhalten und dem weiteren Abbau auch langfristig entgegen zu wirken. „Eine Schlüsselrolle nimmt hier Arnica montana ein. Der Erhalt und die Pflege dieser Heilpflanze trägt dazu bei, dass auch alle anderen – für diesen Lebensraum typischen – Pflanzen und mit ihnen assoziierten Insekten, Amphibien, Reptilien und Vögel erhalten und in ihrem Bestand gefördert werden“, erläuterte Titze.
Wer Arnica montana pflegt, erhält im Prinzip automatisch den wertvollen Magerrasen. Bedingt ist das durch die angepasste Flächenpflege.
Gleichzeitig ergibt sich für Landwirtinnen und Landwirte ein erheblicher ökonomischer Vorteil. „Arnica montana“ ist eine wertvolle Heilpflanze, die entsprechend vermarktet werden kann – und sie bringt Gesellschaft mit.
„Thymus pulegioides“, „Galium verum“, „Veronica officinalis“ oder „Betonica officinalis“ sind ebenfalls wertvolle Medizinalpflanzen, die zahlreiche sekundäre Pflanzenstoffe enthalten und zum Beispiel eine sehr positive Wirkung auf die Tiergesundheit haben. So verbessern sie unter anderem die Futteraufnahme, wirken antimikrobiell und entzündungshemmend sowie verdauungsfördernd. „Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, das krautreiches Tierfutter den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung deutlich minimiert und gleichzeitig die Qualität der Milchzusammensetzung signifikant erhöht“, betonte Titze.
Innerhalb des Vorhabens werden im Botanischen Garten zirka 40.000 Jungpflanzen gezüchtet, um sie im Anschluss in Grünflächen einzubringen und für die Landwirtschaft verfügbar zu machen. „Momentan bespielen wir zwei Flächen im Landkreis Marburg-Biedenkopf und drei im Vogelsbergkreis“, erläuterte Titze. Das sind insgesamt zirka fünf Hektar Grünland.
Nach drei Jahren sollen sich die Pflanzen dann selbständig auf der Fläche vermehren. Die notwendige Flächenpflege soll von den Landwirt*innen umgesetzt werden.
„Die Blütenköpfe der Heilpflanze können dann geerntet und entsprechend vermarktet werden“, ergänzte Titze. „Auch diesen Vorgang begleiten wir, da wir durch unsere Arbeit mit Heilpflanzen seit vielen Jahren gute Kontakte zu relevanten Firmen pflegen.“
Durch das Projekt soll damit auch gezeigt werden, dass eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung gefährdeter Grünlandbiotope den Belangen des Naturschutzes nicht entgegensteht. Ganz im Gegenteil ist sie für den langfristigen Erhalt sogar notwendig.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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