Diskussion: Wissenschaft und gesellschaftliche Verantwortung

„Der gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden“ wollte eine Podiumsdiskussion über gute wissenschaftliche Praxis. Gleichzeitig fand die Verleihung der Preise für exzellente Promotionen und Promotionsbegleitung statt.
„Gute wissenschaftliche Praxis“ war das Thema beim „Tag der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ am Freitag (3. September) an der Philipps-Universität. „Mit dem Tag haben wir Forschende in frühen Phasen ihrer Karriere für Integrität und Verantwortung in der Wissenschaft sensibilisiert und ihnen den Austausch mit erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ermöglicht“, sagte Prof. Dr. Sabine Pankuweit. Sie ist Vizepräsidentin für Gleichstellung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses der Philipps-Universität.
Kern der Veranstaltung, die aus dem Vortragssaal der Universitätsbibliothek übertragen wurde, war die Podiumsdiskussion zur Frage „Wer trägt Verantwortung?“. Im Anschluss verlieh die Universität Preise für herausragende Promotionen und Promotionsbegleitung.
Gerade zu Beginn einer wissenschaftlichen Laufbahn ist es nicht einfach zu überblicken, was gute wissenschaftliche Praxis ausmacht und welche Stolpersteine möglicherweise zu erwarten sind. Um in diesem Feld sicher zu navigieren, ist es wertvoll, Erfahrungen zu teilen und zu wissen, wer unterstützen und beraten kann. Doch wer trägt letztlich die Verantwortung?
Moderatorin Dr. Ines Braune von der Marburg University Research Academy (MaRA) nahm zumindest einen Teil der Antwort vorweg: „Jede einzelne Wissenschaftlerin, jeder einzelne Wissenschaftler trägt Verantwortung. So ist es in den 2019 veröffentlichten Leitlinien der Deutschen Forschungsgemeinschaft verankert.“
Damit sei die Frage aber nicht erschöpfend beantwortet, sagte Braune. Auch Rahmenbedingungen spielten eine wichtige Rolle.
Inwiefern tragen Leitungskräfte, Betreuerinnen und Betreuer von Promotionen sowie Universitäten oder andere Institutionen der Wissenschaft eine besondere Verantwortung? Darüber diskutierte Braune mit Prof. Dr. Susanne Buckley-Zistel vom Zentrum für Konfliktforschung, Prof. Dr. Johannes Buchheim vom Fachbereich Rechtswissenschaften, der Ombudsfrau Prof. Dr. Regine Kahmann und Michaela Löffler von „N² Network of Doctoral Researchers Networks“. Im Vordergrund stand dabei der Blickwinkel von Forscherinnen und Forschern am Beginn ihrer Wissenschaftskarriere.
Was zum Beispiel ist zu tun, wenn der eigene Name nicht auf der Publikationsliste einer wichtigen Publikation erscheint, obwohl man als maßgeblich an der Forschungsarbeit beteiligt war? Wen soll man ansprechen? Man fürchtet nicht nur, die eigene Promotion werde schlechter bewertet, wenn man sich zu Wort meldet, sondern hat auch Sorge, bei weiteren Forschungsarbeiten oder Forschungsstellen nicht berücksichtigt zu werden.
Braune fasste die Bedenken so zusammen: „Irgendetwas bleibt immer hängen. Und die Promovierenden befinden sich im Abhängigkeitsverhältnis in der schwächeren Position.“ Kahmann, betonte dagegen, wie wichtig es sei, sich gerade in solchen Fällen an die Ombudsperson zu wenden: „Man muss sich trauen. Sich zu trauen ist die Grundlage für Veränderung, eben weil es im Wissenschaftsbetrieb ein Ungleichgewicht im Machtverhältnis gibt.“
Im Anschluss an die Diskussion verlieh Vizepräsidentin Pankuweit die Promotionspreise für den Jahrgang 2020. „Im Namen der Universität gratuliere ich Ihnen sehr herzlich zu dieser Auszeichnung“, würdigte Pankuweit die Preisträgerinnen und Preisträger. „Sie haben mit Ihrer Dissertation bewiesen, dass Sie über herausragende wissenschaftliche Fähigkeiten verfügen. Dieser Preis soll für Sie Ansporn sein, auf dem beschrittenen Weg weiterzugehen.“
Für ihre Leistungen wurden die Soziologin Dr. Nina Hossain, die Arabistin Dr. Yvonne Albers, der Chemiker Dr. Marc Duchardt, die Pharmazeutin Dr. Jie Fan und der Mikrobiologe Dr. Manuel Osorio Valeriano geehrt. Die Promotionspreise der Philipps-Universität werden seit 2005 in den vier Sektionen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Philosophie und Kulturwissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften sowie Biowissenschaften und Medizin verliehen.#
Zum zweiten Mal verlieh die Universität einen Preis für exzellente Promotionsbegleitung. „Der Erfolg einer Promotion hängt ganz wesentlich auch von einer Qualität der Betreuung ab, die die individuelle Entwicklung der Promovierenden fördert“, sagte Pankuweit. Für ihre besonderen Leistungen bei dieser Aufgabe wurden Prof. Dr. Susanne Buckley-Zistel vom Zentrum für Konfliktforschung und Prof. Dr. István Heckenberger vom Fachbereich Mathematik und Informatik gewürdigt.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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