Die Jugendberufshilfe von Stadt und Kreis bereitet „Wege in die Zukunft“ . Sie arbeitet im Aufgabenverbund für soziale Teilhabe.
Nicht immer läuft es geradlinig am Übergang von der Schule in einen Beruf. Jeder Weg an diesem Übergang bringt einige Herausforderungen mit sich, vor allem auch wenn die Sprache eine Barriere darstellt. Die Jugendberufshilfe von Stadt und Landkreis steht jungen Menschen zwischen 12 und einschließlich 26 Jahren bei diesem Übergang zur Seite – als ein Beitrag zur Sicherstellung sozialer Teilhabe.
„Der Übergang Schule-Beruf ist nicht nur geprägt von der Weichenstellung zur beruflichen Zukunft“, sagte Stadträtin Kirsten Dinnebier. Die Jugend- und Bildungsdezernentin führte das näher aus: „In dieser Lebensphase beschäftigen sich junge Menschen mit Fragen wie ,Wer bin ich und wie will ich sein? Wo gehöre ich hin und zu wem dazu?‘. Diese Phase ist somit ein Balanceakt zwischen dem Finden subjektiver Freiheit und sozialer Zugehörigkeit sowie der Übernahme von Verantwortung für sich und als Mitglied der Gesellschaft.“
Aufgabe der Jugendhilfe sei, diejenigen Jugendlichen dabei zu unterstützen, die auf wenig familiäre Unterstützung zurückgreifen können, und so einen Beitrag zur Sicherstellung der sozialen Teilhabe zu leisten. Während dieser Phase steht die Jugendberufshilfe von Stadt und Landkreis jungen Menschen zwischen 12 und 26 Jahren offen. Sie ist in einem Aufgabenverbund der Stadt Marburg und des Landkreises Marburg-Biedenkopf tätig und wirkt aktiv im regionalen Netzwerk zur „Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit im Übergang Schule-Beruf“ (OloV) mit.
Das Ziel der landesweiten OloV-Strategie ist, die Qualität der Prozesse im Übergang Schule-Beruf zu sichern. „Eine optimale Vernetzung der Akteurinnen und Akteure auf dem Ausbildungsmarkt in Abstimmung mit den Unterstützungsangeboten der Jugendhilfe in unserer Region ist uns ein großes Anliegen“, erklärte Landrätin Kirsten Fründt.
Neben dieser Vernetzung sei auch die Sprache ein Schlüssel zum Erfolg bei der Unterstützung junger Menschen. „Mögliche sprachliche Barrieren abzubauen ist ganz entscheidend, damit sich die jungen Menschen voll entfalten können. Zumal sie gerade auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der älter werdenden Bevölkerung in Gegenwart und Zukunft eine wichtige Rolle auf dem Arbeitsmarkt spielen werden“, erläuterte die Landrätin.
Die Beratung kann in den Räumen des Kreisjobcenters (KJC) oder den Außenstellen des Landkreises stattfinden, aber auch an anderen individuell vereinbarten Orten. „Die Kolleg*innen der Beratungsstelle sind je nach Wohnort der jungen Menschen direkt für die Anliegen und Fragen der Ratsuchenden da“, berichtete Rosa Fink. „Mit viel Kreativität schauen wir dann gemeinsam, was bei der Klärung der Frage und der Suche nach Orientierung helfen kann. Dies kann auch bei einem Gang zu einem potentiellen Arbeitgeber passieren – oder bei einem Spaziergang.“
Die Beraterin ist eine von fünf Fachkräften der beiden Jugendberufshilfen. Manche Jugendliche benötigen Unterstützung bei der Suche nach Sprachschulen wie zum Beispiel Rayan Kattan. Die inzwischen 21-jährige Frau befindet sich im ersten Lehrjahr ihrer Ausbildung zur Zahnarztassistentin und macht nebenbei ihren Führerschein.
Dass die Sprache eine der schwierigsten Barrieren ist, berichten auch andere. „Ich war immer gut in Mathematik. Aber hier ist es schwierig zu zeigen, was ich kann, da alle Fächer auf Deutsch unterrichtet werden und die Noten immer am Verständnis der Sprache hängen“, berichtete Habib Ali Syed. „Auch wenn ich alle Rechenwege kenne, muss ich erst einmal die Aufgabe verstehen, damit ich weiß, was ich ausrechnen soll. Die Sprache zu lernen war daher am Anfang das Wichtigste für mich.“
Seine Schwester Asma Maz Syed berichtet zudem von weiteren Startschwierigkeiten: „Ich war auf der Hauptschule und wusste am Anfang gar nicht, was das eigentlich bedeutet, und wofür die anderen Schulformen da sind.“ Ihrs habe sehr geholfen, dass sie durch eine Fachkraft der Jugendberufshilfe erst einmal das deutsche Schulsystem erklärt bekommen hat.
Die 19-jährige Frau hat inzwischen ihren qualifizierenden Realschulabschluss bestanden und nimmt jetzt ihr Fachabitur in Angriff. Im Anschluss daran möchte sie IT studieren.
Weitere Ratsuchende brauchen eher Hilfe bei Bewerbungen. Yavuz Evdem hat ebenfalls einen qualifizierenden Realschulabschluss erreicht und schließt demnächst das Fachabitur an. Er möchte soziale Arbeit studieren und jungen Menschen zur Seite stehen – so wie er von der Jugendberufshilfe unterstützt wurde.
„Frau Fink hat mir dabei geholfen, einen Job zu finden“, erinnert sich der 18-jährige Mann. „Außerdem hat sie mich in der Kommunikation mit meiner Familie unterstützt, wenn es um meine berufliche Zukunft ging.“
Andere Jugendliche wünschen sich beispielsweise die Begleitung zu einer Praktikumsstelle oder die gemeinsame Kontaktaufnahme zu einem möglichen Arbeitgeber beziehungsweise zu einer möglichen Arbeitgeberin. „Der Fokus liegt auf dem Tempo der Jugendlichen“, erläuterte die Pädagogin Katja Schirmbeck.
Wichtig sei, dass die jungen Menschen die nötigen Schritte aus eigener Kraft gehen. Denn die Erfahrung habe gezeigt, dass Lösungen, die nicht von der oder dem Jugendlichen selbst entwickelt wurden, auf lange Sicht oft nicht erfolgversprechend sind. Entscheidend sei die Beziehungsarbeit und das große Vertrauen zueinander. Daher wurde auch während der gesamten Corona-Pandemie der persönliche Kontakt angeboten und aufrechterhalten.
„Eine besondere Herausforderung ist es, eine gute Balance zwischen der Funktion als Helfer*in und der Hilfe zur Selbsthilfe zu finden“, erklärte Fachdienstleiterin Nancy Bartholomes von der Jugendförderung des Kreises. „Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen wissen, dass sie bei uns ein Netz haben, dass sie auffängt und ihnen hilft.“ Auf der anderen Seite sollten sie mit der Zeit lernen, dass sie sich mehr und mehr auch auf sich selbst und nicht nur auf andere verlassen können, damit sie selbständiger werden und die Hilfe mit der Zeit nicht mehr brauchen.“ Nur so könne die Hilfe nachhaltig wirken.
Diese vertrauensvolle Bindung zwischen Begleitenden und Ratsuchenden ist unter anderem auch deshalb so wichtig, weil nicht alle Jugendlichen auf die Unterstützung der Eltern zurückgreifen können. So ist es beispielsweise einem 20-jährigen Mann gegangen, der im Alter von 15 Jahren als Geflüchteter mit seinem Onkel nach Deutschland kam, der aber kurz darauf verstarb. Inzwischen besitzt der junge Mann einen Hauptschulabschluss und befindet sich bereits im zweiten Ausbildungsjahr zum Zahntechniker. Ihm hat die Jugendberufshilfe bei Bewerbungen geholfen und Kontakt zu Ausbildungsstellen aufgenommen.
* pm: Stadt Marburg