Verbrannt: Gedenksymbol zur Hexenverfolgung eingeweiht

„Schuldig – Unschuldig“ ist der Titel eines Gedenksymbols für Opfer der Hexenverfolgung in Marburg. Auf dem Lutherischen Kirchhof wurde es jetzt eingeweiht.
An die Menschen erinnern, die in Marburg in der Frühen Neuzeit unschuldig als angebliche „Hexen“ hingerichtet wurden, möchte die Universitätsstadt Marburg mit einem Gedenksymbol. Die künstlerische Arbeit mit dem Titel „Schuldig – Unschuldig“ haben Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, die Stadtverordnetenvorsteherin Dr. Elke Neuwohner, Dekan Burkhard zur Nieden sowie die Initiatorin Dr. Elke Therre-Staal gemeinsam mit der Künstlerin Antje Dathe auf dem Lutherischen Kirchhof feierlich eingeweiht.
„Zwischen 1517 und 1712 ist unseren ehemaligen Mitbürger*innen hier in der Universitätsstadt Marburg systematisches Unrecht widerfahren“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Gemeinsam mit Stadtverordnetenvorsteherin Neuwohner, Dekan zur Nieden und Initiatorin Therre-Staal gedachte er der Frauen, Männer und Kinder, die Opfer der Hexenverfolgung wurden. „Sie wurden auch in Marburg – vor allem im 17. Jahrhundert – wegen eines Vergehens gefoltert und ermordet, das es gar nicht gab: wegen Hexerei“, erklärte der OB.
„Obwohl alles schon ganz lang zurückliegt, war das Bedürfnis in der Stadtgesellschaft, sich in dieses Thema einzubringen, sehr groß“, blickte Spies auf das Themenjahr „Hexen – Glaube – Verfolgung“ zurück. „Wir haben gelernt, dass kein systematisches Unrecht geschieht, an dem nicht auch die Gesellschaft als Ganze beteiligt wäre.“ Mit Blick auf die Gegenwart betonte er: „Die Geschichte lehrt uns, dass wir jeder Form von Diskriminierung und Ausgrenzung schon von Beginn an entgegenwirken müssen.“ Die ehemalige Stadtverordnete Therre-Staal hatte zu dem Thema angeregt –
unter anderem um zu verstehen, wie es damals zu diesen Exzessen kommen konnte. „Menschen, denen Gewalt angetan wurde, geben wir ihre Würde zurück“, erklärte Therre-Staal. Mit dem Erinnern werde für Gerechtigkeit und soziale Verantwortung eingetreten.
Die Idee wurde vom Magistrat 2018 beschlossen. Das Jahr 2020 stand dann als Themenjahr unter dem Titel „Andersartig.Hexen.Glaube.Verfolgung“. Trotz der Corona-Pandemie fanden verschiedene Veranstaltungen statt – Vorträge, Lesungen und Gottesdienste -.
Darüber hinaus wurde ein Audioguide zur „Hexenroute“, einem Stadtspaziergang zum Hören, entwickelt, „Heilpflanzenoasen“ errichtet und eine eigene Stadtschrift zum Thema veröffentlicht. Dabei wurden die verschiedenen Aspekte von Hexenglauben und Hexenverfolgung beleuchtet und mehreren Fragen nachgegangen, etwa was wirklich geschah, wie viele Menschen umgekommen sind und wer Täter und wer Opfer waren.
Mit dem Gedenksymbol sei für das Themenjahr auch etwas geschaffen worden, das bleibt, erklärte Stadtverordnetenvorsteherin Neuwohner. Dekan zur Nieden sagte, der Glaube an Zauberei sei bis Ende des 17. Jahrhunderts wissenschaftlicher Mainstream gewesen. Es hätten nicht etwa Lynchmobs getobt, sondern alles sei seinen rechtlichen Gang gegangen, teils auch mit Gutachten von der Universität. Nachbarn und Menschen, die sich Tisch und Bett geteilt hatten, hätten sich gegenseitig angezeigt.
„Als evangelische Kirche stellen wir uns unserer Verantwortung“, sagte der Dekan. „Die Hexenverfolgung ist Teil unseres Erbes, wir wollen es nie vergessen.“
Alle namentlich aufgeführten Opfer seien evangelisch gewesen. Nach der wissenschaftlichen Aufarbeitung sollen die Opfer der Hexenverfolgung im Raum Marburg nun auch symbolisch durch die Aufstellung eines Gedenksymbols rehabilitiert werden. Die Künstlerin Antje Dathe aus dem Erzgebirge hat dazu nach einem bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerb eine künstlerische Arbeit gestaltet.
Auch sie nahm an der Gedenkstunde teil. Die Installation stehe auf einem „dunklen amorphen Fleck, den die damaligen Ereignisse hinterlassen haben“, so Dathe. Der weiße Ring dagegen stehe für Unschuld und bilde den Übergang zur Gegenwart.
„In der Achse des Gedenksymbols kann man die Richtstätte sehen“, erklärte die Künstlerin mit Blick auf den „Rabenstein“. Auf dem weißen Ring sind die Namen der 24 Opfer zu lesen. Sie wurden am Ende der Einweihung verlesen und für jedes Opfer eine weiße Rose niedergelegt.

* pm: Stadt Marburg

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