Frei am 1. Mai: Kurzarbeit am Tag der Arbeit

Der 1. Mai ist der „Tag der Arbeit“. 2021 droht er, zum „Tag der Kurzarbeit“ zu werden.
Nichts ist zu Zeiten der Corona-Pandemie so, wie es vorher war. Der traditionelle Umzug vom DGB-Büro an der Bahnhofstraße zum Marktplatz und gegebenenfalls auch weiter zur Mensa konnte schon am 1. Mai 2020 nicht stattfinden. Auch die Maifeier musste wegen der Pandemie ausfallen.
Dabei wäre jedoch gerade zu Zeiten der Krise ein Schulterschluss der Beschäftigten mit denen, die um ihre Existenz bangen, wichtiger denn je. Wichtig wäre auch die Solidarität mit all denen, die im Gesundheitswesenunermüdlich um das Leben und die Gesundheit von Infizierten kämpfen. Mitgefühl benötigen alle, die mit Kurzarbeitergeld auskommen müssen oder ihr Einkommen wegen der Schließung von Gaststätten und Kultureinrichtungen ganz verloren haben.
Solidarität ist gerade in der Krise unerlässlich, damit keiner zurückgelassen wird. Solidarität soll die Schwachen stärken und durch gemeinsame Stärke den Kampf für gewerkschaftliche Ziele erfolgreicher machen. Notwendige Veränderungen gibt es mehr als genug, für die die Gewerkschaften gerade jetzt kämpfen müssten.
Für Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter gehören Maiumzug und Maifeier zum alljährlichen Jahresplan wie Weihnachten und Ostern. Für viele ist besonders betrüblich, dass sie gerade jetzt denen ihre Solidarität nicht deutlich zeigen können, die sie in dieser Situation dringender benötigen denn je. Das ist bitter.
Bitter ist auch, dass Superreiche meist zu den Krisengewinnlern zählen, während sozial benachteiligte Menschen unter der Pandemie noch stärker leiden als alle anderen. In sogenannten „Sozialen Brennpunkten“ ist auch die Corona-Sterblichkeit deutlich höher als in wohlhabenden Vierteln. Darum sollten Stadt und Landkreis über Impfaktionen im Waldtal und auf dem Richtsberg nachdenken.
Alleinerziehende und Menschen mit Migrationserfahrung sind häufig auch die Opfer von Homeschooling und Homeoffice, weil sie entweder höhere Belastungen tragen müssen oder gar nicht über die dazu notwendigen Geräte verfügen. Sprachunterricht kann vor allem für Alphabetisierungskurse kaum online stattfinden. Behinderte und insbesondere Mehrfachbehinderte wurden bei der Impfpriorisierung leider übergangen.
Garantiert gäbe es genügend Themen für eine mitreißende Mairede. Wenn sie am Samstag (1. Mai) nicht – wie sonst – vor Hunderten oder gar Tausenden auf dem Marktplatz stattfindet, dann sollte sie vielleicht später nachgeholt werden. Möglicherweise gibt es in Marburg ja auch Menschen, die solch eine Mairede aufschreiben und online stellen?

* Franz-Josef Hanke

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