Der Wissenschaftsrat empfiehlt ein neues BSL-4-Labor in Marburg. Das „Marburg Centre for Epidemic Preparedness“ entsteht auf dem Campus Lahnberge der Philipps-Universität Marburg
In wenigen Jahren wird auf dem Campus Lahnberge der Philipps-Universität ein neues Labor der höchsten Sicherheitsstufe (BSL-4) für die Forschung an hochpathogenen Viren entstehen. Für den Bau hat sich jetzt der Wissenschaftsrat ausgesprochen.
Die endgültige Entscheidung fällt in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) Anfang Juli 2021. Die Empfehlung des Wissenschaftsrats gilt als wegweisendes Zeichen für den Bau.
Die Erforschung hochpathogener Viren gewinnt stetig an Bedeutung, weil Virusepidemien und -pandemien die Gesellschaft vor große Herausforderungen stellen. Derzeit wird das an der COVID-19-Pandemie deutlich, die politische, soziale und ökonomische Systeme maximal belastet.
Die Philipps-Universität will die Forschung zu epidemischen und pandemischen Viren im Marburg Centre for Epidemic Preparedness (MCEP) weiter vorantreiben, um besser auf künftige Virus-Epidemien reagieren zu können. Im neuen Forschungsbau der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (Biosafety Level 4, BSL 4) wird die sehr erfolgreiche Marburger Spitzenforschung an hochpathogenen und neu auftretenden Viren unter deutlich verbesserten Bedingungen fortgeführt und erweitert.
„Die Empfehlung des Wissenschaftsrates ist ein wichtiges und ermutigendes Zeichen“, sagte Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause. „Die Marburger Virologie unter ihrem Leiter Prof. Stephan Becker trägt seit Jahren mit hohem Verantwortungsbewusstsein durch Grundlagenforschung und Transfer zur Bewältigung großer epidemischer Krisen bei. Ich freue mich sehr, dass die Spitzenforschung zu hochpathogenen Viren in Marburg diese Anerkennung erfährt.“
Der Virologe Prof. Dr.Stephan Becker freute sich ebenso: „Das neue BSL-4-Labor wird unseren Forschungsarbeiten einen deutlichen Impuls verleihen. Die bessere Geräteausstattung und das verbesserte Raumangebot schaffen hervorragende Rahmenbedingungen für unsere Forschung zur Bekämpfung neu auftretender Viren“, erklärte der Direktor des Instituts für Virologie an der Philipps-Universität.
Ende 2023 soll der Bau des neuen Forschungslabors in direkter Nachbarschaft zum derzeitigen BSL-4-Labor beginnen. Nach der aktuellen Planung soll das neue BSL-4-Labor im Lauf des Jahres 2026 in Betrieb gehen.
Die Gesamtkosten für das neue Forschungslabor werden derzeit auf etwa 44 Millionen Euro veranschlagt. Darin enthalten sind etwa sechs Millionen Euro für Erstausstattung und Großgeräte. Nach der Fertigstellung des Neubaus soll das derzeit bestehende BSL-4-Labor nach langjährigem Betrieb generalüberholt und weiter für die Forschung genutzt werden.
Im Jahr 1967 führte der Ausbruch eines von Affen übertragenen und für den Menschen tödlichen Virus namens „Marburg-Virus“ dazu, die Erforschung von hochpathogenen Viren an der Philipps-Universität fest zu etablieren und in den folgenden Jahrzehnten konsequent auszubauen.
Hochpathogene Viren mit epidemischem/pandemischem Potenzial haben ihren Ursprung häufig im Tierreich und können nach Übertragung auf Menschen (Zoonosen) schwerste bis tödliche Erkrankungen auslösen. In jüngster Zeit kommt es vermehrt zu Virusepidemien und -pandemien, die durch teilweise neuartige, zoonotische Viren ausgelöst werden wie beispielsweise das Ebola-Virus, Zika-Virus, MERS- und SARS-Coronavirus.
Hochpathogene Viren dürfen nur in Forschungsgebäuden der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL-4) untersucht werden. In diesen Laboren wird unter Vollschutz mit von außen belüfteten Sicherheitsanzügen gearbeitet, so dass die Infektionsgefahr für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler minimiert wird. Das Labor selbst steht permanent unter Unterdruck und verfügt über ein umfangreiches System der Abwasser- und Abluftdekontamination, so dass von diesen Laboren keine Gefahr für die Umwelt ausgeht.
Von den vier deutschen BSL-4 Laboratorien sind drei an Bundes- oder Landesministerien angesiedelt, nur das Marburger Labor wird von einer Universität betrieben.
* pm: Philipps-Universität Marburg
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