Medizinische Erklärung: Gemeinsame Bewegung von Zellen erforscht

Ein neu entdeckter Mechanismus zellulärer Kommunikation erklärt die gemeinschaftliche Bewegung von Zellen. Das berichtete die Philipps-Universität am Donnerstag (4. Februar).
Die Vorläufer von Muskelfasern wandern im Verbund, indem sie Kontaktstrukturen bilden, mit denen sie aneinander sowie am Untergrund haften. Wie die unterschiedlichen Zellkontakte entstehen und zur gemeinsamen Bewegung des Zellverbands beitragen, berichtet ein Marburger Forschungsteam aus Medizin, Biologie und Informatik im Fachblatt „Nature Communications“. Die Gruppe beschreibt erstmals im Detail, welcher molekulare Mechanismus dieser Art von Zellbewegung zugrunde liegt.
„Zellen wandern während der Entstehung des Körpers gemeinsam und gleichgerichtet, um Gewebe und Organe zu bilden“, erläuterte der Marburger Physiologe Prof. Dr. Sven Bogdan, der die Forschungsarbeit leitete. Die bisher bekannten Mechanismen erklären vor allem, wie Zellverbünde im Kollektiv wandern. Worauf beruht aber die Bewegung von Zellen, die zu Geweben verbunden sind?
Das Team untersuchte die Wanderungsbewegung von Myotuben, darunter versteht man vielkernige Vorläufer von Muskelfasern, die aus mehreren Zellen verschmolzen sind.
„Wir haben die Wanderung von Myotuben als Modell für gemeinschaftliche Zellbewegungen etabliert“, berichtete Bogdan. „Unser Modellsystem erlaubt es, Zellwanderungen in Organkulturen zu studieren und genetisch zu verändern, wobei wir lebende Zellen unter dem Mikroskop bei hoher Auflösung verfolgen können.“ Um sich fortzubewegen, bilden Myotuben fadenförmige Zellfortsätze –
sogenannte „Filopodia“ – anstelle der blattförmigen Ausbuchtungen anderer Zelltypen. Auch die genetische Steuerung ihrer Entstehung unterscheidet sich bei den verschiedenen Zellfortsätzen.
Die Filopodien erstrecken sich zwar in alle Richtungen; ihre Anheftung am Untergrund – der sogenannten „Matrix“ – ist jedoch stabiler als die zwischen den Zellen. „Kontakte zwischen den Zellen halten Positionsinformationen bereit, die den einzelnen Zellen im Gewebeverband die Richtung v#n“, erklärte Bogdans Mitarbeiter Dr. Maik Bischoff, der als Erstautor des Fachartikels firmiert. „Wenn die Zellen den Kontakt zueinander verlieren, stellen sie ihre Wanderungsbewegung ein.“
Die Zellen verhalten sich „wie ein Schwarm, der kein Voranlaufen von Führungszellen erfordert, die Verfolgerzellen mitziehen.“ fasste Bogdan zusammen. „Dass die Wanderung der Zellen von deren gegenseitigem Kontakt abhängt, dient der Synchronisation der Bewegung, wenn Organe entstehen.“ Gleichzeitig schützt der Mechanismus den Organismus vor „einem unkontrollierten Auswandern individueller Zellen, wie wir es bei invasiven Tumoren beobachten“.
Bogdan lehrt Physiologie Pund Pathophysiologie am Fachbereich Medizin der Philipps-Universität. Neben seiner Abteilung beteiligten sich die Biologin Prof. Dr. Renate Renkawitz-Pohl sowie der Informatiker Sebastian Lieb an der Forschungsarbeit, die beide ebenfalls der Philipps-Universität angehören. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) förderte die wissenschaftliche Arbeit durch ihr Marburger Graduiertenkolleg 2213.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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