Kann weg: Wollen wir diesen Wahnsinn wirklich wiederhaben?

„Wollen wir das wirklich wiederhaben oder kann das weg?“ Diese Frage werden sich die Menschen 2021 wohl öfter stellen müssen.
Hunderttausende Arbeitsplätze werden im Laufe des Jahres vermutlich verlorengehen. Der Ökonom Prof. Dr. Gabriel Felbermayr vom Kieler Institut für Weltwirtschaft rechnet mit dem dauerhaften Verlust von bis zu 600.000 Arbeitsplätzen. Betroffen seien dabei vor allem Luftfahrt und Tourismus.
Auslöser dieses massenhaften Jobverlusts ist jedoch nicht in erster Linie die lebensgefährliche Corona-Pandemie; sie hat diese Entwicklung nur beschleunigt. Grund für den Wegfall so vieler Arbeitsplätze ist vielmehr die Notwendigkeit eines raschen Umsteuerns hin zu mehr Umwelt- und Klimaschutz. Wie in vielen Bereichen fördert Corona auch in der Wirtschaft lange fortgeschriebene Fehlentwicklungen deutlich zutage.
Für die Universitätsstadt Marburg kann diese Entwicklung aber eine Chance werden. Mit nachhaltigem Tourismus und vielen Wochenendausflügen könnte sie davon sogar profitieren. Dafür müsste die Stadt allerdings Konzepte ausarbeiten, die das Anreisen mit der Bahn, kostenlose Bustickets für Hotelgäste und verschiedene Stadtrundgänge zu Sehenswürdigkeiten, den Wohn-
und Arbeitsorten historischer Persönlichkeiten wie auch inszenierte Events zum Eintauchen in Geschichten aus der Geschichte Marburgs beinhalten.
Unerlässlich ist zudem eine weitere Verringerung des Individualverkehrs in der Innenstadt. Straßenflächen müssen dem Auto weggenommen und der Natur sowie dem Rad- und Fußverkehr zurückgegeben werden. Dadurch gewänne Marburg massiv an Lebensqualität und Attraktivität für sanften Tourismus.
Ein selbstkritisches Nachdenken über Lehren aus der Corona-Pandemie führt zudem auch beinahe automatisch zur Infragestellung des neoliberalen Marktradikalismus und der damit verbundenen Wachstumsideologie. Mit seiner jahrhundertealten Tradition als „das soziale Herz Deutschlands“ ist Marburg kein schlechter Ort für neue Konzepte eines solidarischen Zusammenlebens im Einklang mit der Natur. Während sich Pflanzen und Tiere die Stadt als >Lebensraum allmählich zurückerobern, können die Bürgerinnen und Bürger der Stadt ihrerseits auch ein partnerschaftliches Verhältnis zu Flora und Fauna entwickeln.

* Franz-Josef Hanke

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