Beim 2. Marburger Wirtschaftsforum diskutierten Unternehmem live und online die Chancen von Corona und Digitalisierung. Die Pandemie bringe Gefahren und Chancen.
Die Corona-Krise hat für Gesellschaft und Wirtschaft viele Veränderungen gebracht. Beim 2. Marburger Wirtschaftsforum haben Unternehmer*innen sich über das innovative Potenzial dieser Krise ausgetauscht. Unter dem Titel „Die Wirtschaft nach Corona – so kommen Unternehmen sicherer durch die Krise“ diskutierte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies mit etwa 50 Gästen im Erwin-Piscator-Haus (EPH) und vielen weiteren über einen Live-Stream.
„Besser aus der Krise herauskommen, als wir hineingegangen sind: Das ist das Ziel“, sagte das Stadtoberhaupt zur Begrüßung beim zweiten Marburger Wirtschaftsforum im Erwin-Piscator-Haus. Andreas Steinle von der „Zukunftsinstitut Workshop GmbH“ gab dann einen Impulsvortrag: „In einer Krise bedarf es radikaler Akzeptanz“, stellte Steinle seinem Vortrag voran.
Erst wenn radikale Akzeptanz vorausgegangen sei, könne man in neue Richtungen arbeiten und entwickeln. Beispielhaft verdeutlichte er diesen Ansatz für die Anwesenden: Sei die Kernidee eines Angebots gut, brauche es oft nur einen Schritt in eine andere Richtung – wie die Reduzierung auf ein Teilangebot oder die Auslieferung der Produkte.
Viele fragten sich, wann wieder alles werde wie früher, sagte der Referent. „Das Verhalten der Menschen hat sich verändert“, stellte er fest. „Das lässt sich nicht mehr zurückdrehen.“
Digitalisierung sei ein Megatrend. Das Virus sei wie ein Beschleuniger für kulturellen Wandel; und die kommende Phase zeige auf, dass es zwischen Online-Handel und realem Handel kaum mehr eine Grenze gebe.
Noch vor drei Jahren hätten weniger als zwei Prozent der Arztpraxen eine Videosprechstunde angeboten. Heute seien es rund 34 Prozent.
Lokale Beispiele für diesen Einklang aus realem und Online-Handel während der Corona-Krise wurden in einem Video mit Anna Kochanow-Janssen von der Boutanique sowie Martin Meier von der „Metzgerei Meier III“ stellvertretend für Unternehmen aus der Region gezeigt. Während Kochanow-Janssen zunächst ihrer Kundschaft ihre Angebote über die App „Instagram“ zur Bestellung angeboten hat, wechselte sie schließlich aufgrund der hohen Nachfrage zu einem eigenen Onlineshop. Da sich die Trockenblumen zum Versenden sehr gut eigneten folgte schließlich die Erweiterung ihres Teams und damit einhergehend die Vergrößerung der Ladenfläche um das sechsfache.
Meier berichtete wiederum, dass er zu Beginn der Corona-Pandemie einen Lieferdienst angeboten hat, da er auch jene Kundschaft versorgen wollte, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in seinen Laden an der Universitätsstraße kommen konnte. Während dieser Zeit haben Meier und sein Team außerdem neue Produkte wie beispielsweise vegetarische Fertigprodukte aus dem Glas, entwickelt.
Anschließend diskutierten Oberbürgermeister Spies, der Impulsredner Steinle sowie vier Unternehmer*innen auf dem Podium unter der Moderation von Claudia Salowski über die Vor- und Nachteile des derzeitigen Umstiegs auf digitale Angebote. Spies berichtete aus der Stadtverwaltung, in der viele Services bereits vor der Corona-Krise online angeboten wurden. Dieser Digitalisierungsschub solle weiter vorangetrieben werden.
Im Handwerk sei das natürlich nur bis zu einem gewissen Grad möglich, führte Hartmut Pfeiffer von der Firma Holzbau Pfeiffer in Kirchhain aus. Wo körperliche Arbeit gefordert sei, habe man sich auf Abstandsregeln und Mundschutz in dieser Pandemie verlassen müssen.
Isatu Waag vom Fintech „ecozins“ sagte, ihre Firma habe ohnehin ein digitales Geschäftsmodell. Schwierig sei es jedoch, per Videotelefonat zu entscheiden, ob ein Investor für die Firma geeignet sei – das komme schließlich einer Hochzeit gleich.
Auch Gunter Schneider vom Maschinenbauunternehmen Schneider in Fronhausen teilte die Ansicht, dass persönliche Treffen unerlässlich seien, um beispielsweise Themen auszudiskutieren. Videotelefonate eigneten sich eher dazu, Informationen weiterzugeben. Dr. Andreas Ritzenhoff von der Firma Seidel berichtete hingegen, dass er zu dem Schluss gekommen sei, dass Flüge nach Paris oder New York für ein einziges Meeting oft auch verzichtbar seien – auch der Umwelt zuliebe.
Die rund 50 anwesenden Gäste verfolgten die Veranstaltung mit Mundschutz und unter Einhaltung der geltenden Abstandsregeln im Erwin-Piscator-Haus. Weitere Zuschauer verfolgten das Wirtschaftsforum über einen Livestream auf der Webseite der Universitätsstadt Marburg.
* pm: Stadt Marburg