Die Bio-Bäckerei Siebenkorn in Marburg hat Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich besucht. Die zwei Geschäftsführer Meinhard Rediske und Holger Siemon haben ihm einen Einblick in das Unternehmen gewährt.
Begleitet in die Backstube an der Neuen Kassler Straße haben den Gießener Regierungspräsidenten der Marburger CDU-Landtagsabgeordnete Dirk Bamberger und Jan Theiß vom Regierungspräsidium Gießen (RP). Die Backstube wird um 200 Quadratmeter erweitert. Dort soll die Konditorei einziehen.
Außerdem wird eine neue Silo- und Vermahlungsanlage angeschafft. Mehr als 330.000 Euro investiert das Unternehmen in dieses Projekt. Das Vorhaben wird mit fast 130.000 Euro im Rahmen des „Entwicklungsplans des Landes Hessen 2014-2020“ gefördert.
Der entsprechende Antrag wurde im RP bearbeitet. Dabei können sich die beiden Geschäftsführer über den höchsten Fördersatz von 40 Prozent freuen, berichtete der RP-Mitarbeiter Theiß, der das Projekt baufachlich betreut. Denn hier wird zu 100 Prozent Bio-Getreide von regionalen landwirtschaftlichen Betrieben bezogen und zu Bio-Backwaren verarbeitet.
Siebenkorn ist schon seit vielen Jahren eine feste Größe, wenn es um Bio-Produkte geht. 1985 gegründet, ist das Unternehmen stetig gewachsen und nach eigenen Angaben heute zweitgrößter Bio-Bäcker in Hessen. Seit Februar 2007 ist Siebenkorn anerkannter Demeter-Betrieb und arbeitet nach den strengsten Bio-Qualitäts-Richtlinien.
125 Mitarbeiter sind derzeit in den zwei Unternehmen „Siebenkorn GmbH“ und der gemeinnützigen Tochtergesellschaft zur Inklusion schwerbehinderter Menschen in das Arbeitsleben beschäftigt. In zehn eigenen Läden und Cafés sowie in über 80 Bio-Supermärkten, Naturkost- sowie Hofläden, Reformhäusern und auf Wochenmärkten werden Brot, Brötchen, Kuchen und mittlerweile auch Salate und Suppen verkauft. Allein 1.500 bis 2.000 Brote verlassen den Marburger Hauptsitz am Tag.
Das sei „eine beachtliche Entwicklung“, findet Ullrich. Vor allem gelte das vor dem Hintergrund, dass es nur noch zwei backende Betriebe in Marburg gibt, wie Bäckermeister Rediske zu berichten wusste. Früher habe es viele Bäckereien zum Teil mit vielen Filialen gegeben.
„Es ist bewundernswert, wie Siebenkorn das Handwerk hochhält“, betonte der Regierungspräsident. Rund 200 Tonnen Getreide – seit eh und je bezogen von regionalen Landwirten – verarbeitet das Unternehmen im Jahr.
Das wird künftig mit der neuen Anlage effizienter, vor allem was den Stromverbrauch angeht. Außerdem ist es dank der modernen Technik möglich, Schrote und Mehle staubfrei herzustellen. Die vorhandenen Lagerbehälter für Getreide werden durch vier Edelstahl-Silos ersetzt, die künftig die Befüllung und elektronische Überwachung der Entnahme ermöglichen.
Außerdem weisen sie eine größere Kapazität auf. Bevor Weizen, Dinkel, Emmer oder auch Roggen gemahlen werden, wird das Getreide gewogen und rezeptgenau in den entsprechenden Behälter befördert. Ein Industriecomputer mit Touchdisplay steuert den gesamten Prozess.
Dank der Investition kann Siebenkorn künftig alle Mehle selbst mahlen, freuen sich die beiden Geschäftsführer. Rediske geht davon aus, dass die neue Anlage im Oktober gebaut werden kann. Er rechnet mit einer etwa dreimonatigen Lieferzeit.
„Wir werden auf Vorrat mahlen“, erklärte er mit Blick auf die Übergangszeit. „Wir wollen durchgängig produzieren.“ Im Notfall werde das Mehl für ein bis zwei Wochen von einer Mühle bezogen.
Mit Blick auf die Investitionen sind die beiden Verantwortlichen froh, bisher gut durch die Corona-Krise gekommen zu sein. Das liege nicht zuletzt daran, dass 45 Prozent der Waren im Bio-Lebensmitteleinzelhandel verkauft werden. Während im Handel ein erhöhter Umsatz verzeichnet wurde, musste beispielsweise die Filiale in der Wetzlarer Fußgängerzone zeitweise ganz schließen – weil schlichtweg die Kunden fehlten.
Alles in allem rechnen die beiden Geschäftsführer damit, dass das Unternehmen fünf bis zehn Prozent unter dem Vorjahresumsatz von rund 4,9 Millionen Euro liegt. Landtagsabgeordneter Bamberger erwartet, dass Siebenkorn letztlich von der Krise profitiert, denn sie habe das Bewusstsein für Qualität bei Lebensmitteln verstärkt: „Ich hoffe, dass die Menschen wegkommen von der Discount-Mentalität.“
* pm: Regierungspräsidium Gießen