Im Rahmen des Millionen-Programms „Marburg Miteinander“ hat die Stadt auch ein Paket geschnürt, dass vor Verlust des eigenen Zuhauses schützen soll. „Wir wollen nicht, dass jemand wegen der Corona-Pandemie seine Wohnung verlieren muss“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies.
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben direkte finanzielle Folgen für viele Menschen. Damit durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie aber niemand sein Zuhause verlieren muss, stellt die Stadt mit ihrem 3,7-Millionen-Euro-Hilfspaket „Marburg Miteinander“ auch Geld bereit, um Menschen vor Wohnungsverlust oder dem Verlust ihres Eigenheims zu schützen.
Die Stadt rechnet mit 210.000 Euro zusätzlichem Aufwand für den Programmteil „Sicher Wohnen“. „Wir müssen dort unterstützen, wo Menschen in ihrer Existenz gefährdet sind und wo Maßnahmen von Bund und Land nicht weit genug reichen“, erläuterte Spies.
Im Rahmen von „Marburg Miteinander – gegen die Krise“ hat die Stadt ein Maßnahmenpaket „Sicher Wohnen in der Corona-Krise“ geschnürt. Sie erwartet, dass der Unterstützungs- und Beratungsbedarf von Mieterinnen und Mietern in den nächsten Wochen und Monaten deutlich zunimmt – insbesondere in Bezug auf die neuen gesetzlichen Mieterschutzregeln. Deshalb erhält der Marburger Mieterverein in diesem Jahr und im Jahr 2021 eine Sonderförderung.
Die gemeinnützige städtische Wohnungsbaugesellschaft GeWoBau verzichtet für 2020 und 2021 auf die Erhöhung von Bestandsmieten. Ausgenommen sind nur warmmietenneutrale Anpassungen nach energetischer Modernisierung. Oberbürgermeister Spies appelliert zugleich an alle Unternehmen der Wohnungswirtschaft, dem Beispiel des „Marburger Mietendeckels“ zu folgen.
Die Stadtwerke Marburg (SWM) werden bei Corona-bedingten Zahlungsausfällen keine Energie- oder Wasseranschlüsse ihrer Kundschaft sperren. Bei den Stadtwerken als kommunales Unternehmen, das sich in einer besonderen sozialen Verantwortung sieht, waren Sperrungen von Versorgungsleistungen auch vor der Corona-Pandemie schon eine Rarität. Während der Krise werden sie gar nicht mehr vorgenommen.
Die Universitätsstadt Marburg unterstützt die Forderung des Deutschen Mieterbunds (DMB) nach Einrichtung eines „Sicher-Wohnen-Fonds“ zur Vermeidung von COVID-19-bedingten Mietausfällen an die Bundesregierung und das Land. Dabei sollte die besondere Situation der Universitätsstädte mit vergleichsweise höherem Mietniveau und erheblichen Einnahmeausfällen beispielsweise bei geringfügig beschäftigten Studierenden in der Corona-Krise berücksichtig werden.
Zudem plant die Stadt, einen Notfallfonds einzurichten. Mit diesem Fonds sollen die Menschen, für die Hilfen von Bund und Land nicht ausreichend sind, vor dem Verlust ihrer Wohnung geschützt werden. Hilfe soll es geben für Menschen, denen eine Räumung droht, die Corona-bedingte Einnahmeverluste und keine eigenen Reserven haben.
Insbesondere junge Familien mit kleinen oder mittleren Einkommen haben angesichts der günstigen Zinslage in den vergangenen Jahren vermehrt Wohneigentum gekauft. Wenn Kredite durch Einkommensverluste nun nicht bedient werden können, kann das unter anderem die jungen Familien in Notlagen bringen. Die Stadt Marburg führt daher bereits Gespräche mit Kreditinstituten, um sie dazu zu bewegen, Möglichkeiten zu finden, dass es nicht zu Corona-bedingten Immobilienverlusten, Zwangsräumungen und Zwangsversteigerungen kommt.
„Wohnen ist ein Grundrecht“, erklärte das Stadtoberhaupt. „Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist für mich daher ein besonderer Schwerpunkt, den wir in Marburg gemeinsam angehen.“
In den vergangenen Jahren habe die Stadt durch massive Maßnahmen – etwa die Sozialwohnungsquote und den Neubau von Wohnungen durch die städtische GeWoBau – viel erreicht, um dazu beizutragen, die Mietentwicklung in Marburg zu bremsen und mehr Wohnraum zur Verfügung zu stellen. „Dadurch sind wir in der jetzigen Krise schon besser aufgestellt als es viele andere Kommunen nun sind“, stellte Spies fest. „Aber wir müssen unsere Arbeit gerade jetzt noch verstärken, um mögliche Notlagen für Menschen in Marburg dauerhaft abzuwenden.“
Direkt nach Beginn der Corona-Krise hat die Stadt Marburg bereits an den Stellen Soforthilfe angeboten, wo es besonders nötig war – und führt diese Hilfe auch weiter. Zu den ersten Hilfen zählen der Schutz besonderer Personengruppen.
So hat die Stadt zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten für obdachlose Menschen geschaffen, um sie vor einer möglichen Ansteckung zu schützen. Dazu hat die Stadt etwa Wohnungen der GeWoBau und Pensionszimmer angemietet. Bisher wurden diese Angebote trotz intensiver Bekanntmachung nicht in Anspruch genommen. Außerdem hat sie zusätzliche Unterkünfte geschaffen für Frauen und Familien, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Schließlich hat die Stadt Marburg die Belegung der Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete so gestaltet, dass die Einhaltung der Hygieneregeln möglich ist.
„In der Corona-Krise dürfen wir nicht den Blick auf die Menschen verlieren, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen“, warne Spies. „Deshalb unterstützen wir Mieter*innen mit stabilen Mieten, helfen Wohnungslosen und helfen auch an anderen Stellen, wo wir können. Wir appellieren außerdem an alle Wohnungsgesellschaften, dem Beispiel der GeWoBau zu folgen und auf Mieterhöhungen zu verzichten.“
* pm: Stadt Marburg