Unerwartete Trauer: Dr. Thomas Schäfer ist tot

Politiker tragen eine riesige Verantwortung. Der völlig unerwartete Freitod des hessischen Finanzministers Dr. Thomas Schäfer ist ein Schock für alle.
„Er wirkte wie ein Fels in der Brandung“ schrieb Wolfgang Türk vom Hessischen Rundfunk (HR) in seinem Nachruf auf hessenschau.de. Was den Suizid des 54-jährigen Vorsitzenden des CDU-Kreisverbands Marburg-Biedenkopf ausgelöst hat, ist der Öffentlichkeit unbekannt Möglicherweise haben aber seine Nerven der Last der Verantwortung nicht standgehalten.
In Marburg konnte man den gewichtigen großen Mann aus Biedenkopf häufig erleben. Oft vertrat er die Hessische Landesregierung bei Ehrungen oder der Übergabe von Bescheiden sowie bei Festakten. In seinen Ansprachen bewies er Humor und menschliche Größe.
Selbst in die große deutsche Literatur hat es Schäfer geschafft: In seinem Bestsellerroman „Grenzgang“ verwurstete der Biedenköpfer Schriftsteller Stephan Thome den einstigen Bankangestellten 2019 etwas hämisch als „Träger der Aktentasche des Ministerpräsidenten“. Schäfer lachte darüber nur und verwies auf seine gescheiterte Beziehung zur Schwester des Autors als möglichen Grund für dessen Antipathie. Darüber plauderte er bei einem marburgnews-Interview im August 2013.
Landrätin Kirsten Fründt kannte Schäfer nicht nur als Minister, sondern auch als langjährigen Kreistagsabgeordneten, CDU-Kreisvorsitzenden und engagierten Politiker. „Ich habe mit Dr. Thomas Schäfer unter anderem als Kreisvorsitzendem der CDU Marburg-Biedenkopf, als Landtagsabgeordnetem und Finanzminister partnerschaftlich zusammengearbeitet“, erklärte sie. „Auch wenn er eine andere politische Heimat hatte als ich, war sein Einsatz für unsere gemeinsame Heimat, Marburg-Biedenkopf, immer offen, ehrlich und engagiert. Da spielte Parteizugehörigkeit keine Rolle.“
Schäfer habe Wege geebnet sowie wichtige Projekte wie zum Beispiel die „Zeiteninsel“ abgesichert und vorangebracht. „Die Tatsache, dass ich bei der letzten Landtagswahl im Regierungsteam Thorsten Schäfer-Gümbels seine direkte politische Gegenspielerin war, stand nicht zwischen uns und änderte an seinem Engagement für den Landkreis nichts“, schrieb Fründt. „Der Tod Schäfers ist für die hessische Politik, für den Landkreis Marburg-Biedenkopf – aber auch für mich persönlich – ein schwerer Verlust. Ich bin sehr traurig und in Gedanken bei der Familie Thomas Schäfers.“
Geboren wurde Schäfer am 22. Februar 1966 im sauerländischen Hemer. Seine Schulzeit verbrachte er in Biedenkopf. Bereits mit 14 Jahren schloss er sich der Jungen Union (JU) an.
Nach dem Jurastudium und der Promotion an der Philipps-Universität arbeitete Schäfer zunächst als Justitiar der Commerzbank in Frankfurt. Dafür prädestierte ihn die Banklehre, die er zwischen Abitur und Studium absolviert hatte.
Mit der Regierungsübernahme 1999 wechselte er zunächst ins Ministerbüro des hessischen Justizministers Dr. Christean Wagner und später als Büroleiter des Ministerpräsidenten Roland Koch in die Hessische Staatskanzlei über. 2005 wurde Schäfer Staatssekretär im hessischen Justizministerium. 2010 übernahm er das Amt des Finanzministers.
2013 bewarb er sich erstmals um das Direktmandat für den Hessischen Landtag (HLT) im Wahlkreis 12 Marburg-Biedenkopf I und stellte sich dafür auch auf einem Video auf marburgnews.tv vor. Ins Landesparlament rückte er jedoch erst ein Jahr später über die CDU-Landesliste ein. 2018 gewann er das Direktmandat dann mit dem größten prozentualen Vorsprung aller Direktkandidaten in Hessen gegenüber dem Ergebnis ihrer jeweiligen Partei im betreffenden Wahlkreis.
Noch als Staatssekretär sanierte Schäfer den Rüsselsheimer Automobilhersteller Opel und dann als Finanzminister die Finanzen vieler hessischer Landkreise. Der von ihm erfundene „Kommunale Schutzschirm“ diente später anderen Bundesländern und auch dem Bundesfinanzminister Olaf Scholz als Blaupause für ähnliche Entschuldungsprogramme.
In Wiesbaden galt Schäfer als wahrscheinlichster Nachfolger des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier. Der an Krebs erkrankte CDU-Landesvorsitzende verliert nach seinem langjährigen Weggefährten Dr. Walter Lübcke nun innerhalb den zweiten politischen Mitstreiter auf ganz unerwartete Weise.
Schäfers Leiche wurde am Samstag (28. März) gegen 10.20 Uhr an einer ICE-Strecke bei Hochheim gefunden. Alle Umstände deuteten auf einen Suizid hin. Zudem hatte er auch einen Abschiedsbrief hinterlassen.
Erst am späten Abend wurde die Nachricht über die Medien verbreitet. Erschütterung und Entsetzen äußerten nicht nur seine Weggefährten, sondern auch viele politische Gegner. Seine Sachkompetenz und sein Humor hatte ihm –
gerade auch in Zeiten des Coronavirus und seines engagierten finanzpolitischen Einschreitens – großen Respekt und Zustimmung verschafft. Zudem schätzten viele auch seine humorvolle Art, auf Menschen zuzugehen.
„Pranke, Herr Hanke“, sagte Schäfer nach unserem letzten Treffen Monate vor dem Ausbruch des Coronavirus und hielt mir seine mächtige Hand hin. Schockiert hat mich am späten Samstagabend die Tatsache, dass es selbst so einen starken Baum umgehauen hat.

* Franz-Josef Hanke

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