Tafeln mit Namen: Elisabeth Schellenberg, Rudolf Otto und Mascha Kaléko

Von A wie Abendroth bis W wie Wolff reicht die Liste der Marburger, denen eine „Historische Hinweistafel“ gewidmet ist. Diese Liste wurde nun um drei Namen ergänzt.
Elisabeth Schellenberg, Rudolf Otto und Mascha Kaléko werden nun auch durch solche Hinweistafeln gewürdigt. Kulturdezernentin Dr. Kerstin Weinbach stellte die neuen Tafeln am Donnerstag (27. April) mit der Projektbeauftragten Kristina Lieschke, mit einem Grimm-Forscher und mit Kulturamtsleiter Dr. Richard Laufner vor. An eine Dichterin, einen Theologen und eine Marburgerin, die den Brüdern Grimm Märchen vermittelte, erinnern die Tafeln an drei Häusern in der Marburger Innenstadt. Mascha Kaléko, die mit ihrem Erstlingswerk „Das lyrische Stenogrammheft –
Verse vom Alltag“ 1933 schlagartig bekannt wurde, lebte von 1916 bis 1918 in der Universitätsstadt Marburg.
Weil sie aufgrund der kurzen Zeit in Marburg die Kriterien für die eigentlichen Historischen Tafeln nicht erfüllt, erhält die Dichterin – wie vor ihr bereits vier weitere Persönlichkeiten – eine „Ehrentafel“.
Diese Personen müssen überregional und über ihre Fachgrenzen hinaus bekannt sein sowie einen relevanten Zeitraum in Marburg gelebt und eine wichtige Schaffensphase in Marburg verbracht haben. Zudem muss ein möglichst langjähriges Wohnhaus oder ein Nachfolgebau existieren, dessen Besitzer einer Tafelhängung zustimmt.
Die Ehrentafel von Mascha Kaléko (1907 bis 1975) befindet sich am Haus Wilhelmstraße 8a, in dem die Dichterin von 1917 bis 1918 lebte, bevor sie nach Berlin zog. Kalékos literarische Karriere wurde vom Nationalsozialismus gestoppt.
1938 musste die Jüdin in die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) emigrieren. 1960 siedelte sie mit ihrem Mann nach Israel über. Damit ist laut Laufner auch ein aktueller Bezug zum Jubiläum „700 Jahre Judentum in Marburg“ gegeben.
Die Würdigung des Theologen und Religionswissenschaftlers Otto mit einer Historischen Hinweistafel wiederum passt zum Reformationsjahr. Rudolf Otto (1869 bis 1937) wurde 1917 als Professor für Systematische Theologie an die Philipps-Universität berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1929 lehrte.
1927 gründete er die Religionskundliche Sammlung der Universität. Er lebte von 1921 bis zum seinem Tod 1937 im Haus Sybelstraße 8, wo seine „Historische Hinweistafel“ nun angebracht ist.
Elisabeth Schellenberg (1746 bis 1814) stammte aus Marburg und lebte wohl schon als Kind im Haus Mühltreppe 1, bis sie zwischen 1786 und 1802 ins Siechenhaus St. Jost eintrat. Aus dieser Zeit ist sehr genau bekannt, unter welchen Verhältnissen sie lebte, weil es Berichte der „Armenkommission“ gibt, wie der Märchenforscher Prof. Dr. Holger Ehrhardt aus Kassel bei der Präsentation der Tafeln an dieser Adresse erläuterte.
Dagegen ist aus den Jahren zuvor kaum etwas überliefert. Ehrhardt machte sich auf die Suche nach der Identität der „Märchenfrau“ aus Marburg, von der man wusste, dass sie den Brüdern Grimm die Märchen „Aschenputtel“ und „Der goldene Vogel“ vermittelt hatte.
„Es war gar nicht so kompliziert, herauszufinden, wer diese Märchenfrau gewesen ist“, erklärte Ehrhardt. Bekannt sei sogar, dass Jakob und Wilhelm Grimm häufig am Haus Mühltreppe 1 vorbeiliefen, um sich mit Schellenberg zu treffen.
Dass sie dort wohnte, dürften die beiden aber nicht gewusst haben. Sie wuchs als uneheliches Kind eines Gerichtsboten in sehr ärmlichen Verhältnissen auf, berichtete der Märchenforscher.
Ehrhardt meinte, es sei äußerst selten, dass Forschung solche schönen Ergebnisse habe wie die „Historischen Hinweistafeln“ in Marburg. Auch Weinbach betonte, dass mit diesem Projekt Geschichte an verschiedenen Orten erlebbar gemacht werde.
Zwar sei es schwierig, alle – nun über 40 – Tafeln auf einmal abzulaufen; punktuell könne man sich durch sie im Stadtbild aber sehr gut über historische Persönlichkeiten informieren. Das Projekt sei nicht abgeschlossen; man sei offen für neue Vorschläge und Ideen, erklärte Weinbach.
Für die erste Mai-Woche lädt die Projektbeauftragte Kristina Lieschke zu einem Spaziergang zu „Marburger Berühmtheiten“ entlang zumindest einiger der Tafeln ein. Der Stadtspaziergang findet im Rahmen des Sommerprogramms des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde (Zweigverein Marburg) statt.
Am Donnerstag (4. Mai) ist die Elisabethkirche um 18 Uhr Treffpunkt für Interessierte. Über 90 Minuten geht es bis hinauf auf den Marktplatz. Die Teilnahme ist kostenlos.

* pm: Stadt Marburg

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