Verleumdet fühlt sich die Marburger Linke durch CDU und BfM. Ein gemeinsamer Antrag der beiden Fraktionen habe die Linke in die Nähe von Rechtsradikalen gerückt.
„Es ist ein Skandal, dass die CDU-Stadtverordneten Dirk Bamberger und Matthias Range den Widerstand der Marburger Linken gegen den Afföller-Verkauf in die Nähe von Nazi-Methoden rücken und dies im Stadtparlament nicht geahndet wurde“, erklärte die Linken-Fraktionsvorsitzende Renate Bastian am Dienstag (1. Oktober). Auf der Stadtverordnetenversammlung (StVV) am Freitag (27. September) hatten CDU und die Bürger für Marburg (BfM) einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, in dem die Fraktion der Marburger Linken und ihre Vorsitzende verleumdet wurden. Bastian wurde vorgeworfen, im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf eines städtischen Grundstücks am Afföller behauptet zu haben, „Grundstücksverkäufe (würden) vom Magistrat in Hinterzimmern und aufgrund von Unterstützungszahlungen getroffen“.
Außerdem widersprachen die Antragssteller angeblichen Verdächtigungen, einzelne Fraktionen oder Mandatsträger seien bestechlich. In der Debatte setzten die CDU-Stadtverordneten Bamberger und Range noch einiges drauf. Obwohl sie zugeben mussten, dass die Äußerungen aus Reihen der Marburger Linken rechtlich nicht zu beanstanden waren, warfen sie ihr moralisches Verhalten „auf niedrigster Stufe“ vor und verglichen ihre Politik mit der von Rechtspopulisten.
Bamberger verstieg sich zur Behauptung, der rechte und der linke Rand würden sich berühren. Hier vermisste die Linke einen Ordnungsruf der Stadtverordnetenvorsteherin Marianne Wölk, die noch kurz zuvor einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen gegen rechtsradikale Umtriebe in Marburg begründet hatte.
Bastian und ihr Fraktionskollege Jan Schalauske wiesen in der Debatte darauf hin, dass mit Verleumdung der Marburger Linken anscheinend die Diskussion über die Machenschaften der Deutschen vermögensberatung (DVAG) und des Pohl-Clans gestoppt werden soll. Bastian machte darauf aufmerksam, dass die Verkaufsverhandlungen zum Afföller bereits seit November 2018 liefen, aber noch Anfang des Jahres von allen Seiten geleugnet wurden und der Gestaltungsbeirat bereits mit den Bauplänen befasst war, obwohl kein Grundstücksverkauf stattgefunden hat.
Schalauske beleuchtete nicht nur die enge Verflechtung der DVAG vor allem mit der CDU und ihre Spenden auch an Marburger Regierungsparteien, sondern auch das Geschäftsmodell der DVAG („Drückerkolonnen“) und den vorauseilenden Gehorsam des Magistrats gegenüber dem Konzern. Den Abriss eines denkmalgeschützten Hauses in der Rosenstraße, das der DVAG-Zentrale im Wege stand, und die Benennung der Anneliese-Pohl-Allee abweichend vom Parlamentsbeschluss nannte er als Beispiele.
Da Kritik an der DVAG in Marburg anscheinend ein No-Go sei, habe der Marburger SPD-Vorsitzende Thorsten Büchner am CDU-BfM-Antrag nichts auszusetzen gehabt. Aber dass er der CDU die Nazivergleiche und Verleumdungen durchgehen ließ, erstaunte manchen im Saal.
Als es dann zur Abstimmung kam, zeigte sich dass der Kurs der Fraktionsspitze nicht bei allen 18 SPD-Stadtverordneten gut ankam. Auffallend viele Plätze der SPD-Fraktion waren bei der Abstimmung leer.
Die Stadtverordnetenvorsitzende meinte, bei der Auszählung der Ja-Stimmen gesehen zu haben, dass die SPD-Fraktion dem CDU-Antrag zugestimmt habe, weil sich vereinzelt Arme zaghaft erhoben hatten, wunderte sich dann aber, dass sie bei den Enthaltungen drei Stimmen in den SPD-Reihen gesehen hatte. Andere zählten sechs.
Obwohl sie eine Neuauszählung ablehnte, beschloss sie auf Antrag der SPD-Fraktion, die Sitzung zu unterbrechen und war anschließend mit einer neuen Abstimmung einverstanden, die das von der Fraktionsspitze gewünschte Ergebnis brachte. Jetzt stimmten alle SPD-Stadtverordneten für den CDU-Antrag.
Die Marburger Linke ruft die Marburger SPD dazu auf, sich aus der CDU-Umklammerung zu lösen. „Welches Zeichen will die SPD setzen, wenn sie die letzte größere Fläche in öffentlichem Eigentum an die Pohl-Familie verkauft, statt sie für Zwecke der Stadt zu nutzen zum Beispiel für ein Stadttheater? Wieso lässt sie nicht die vom Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies viel beschworene Bürgerbeteiligung zum Zuge kommen?“
Die Marburger Linke schlägt vor, eine Bürgerversammlung zum Thema Afföller-Entwicklung durchzuführen. Sie wird weiterhin die Unterschriftensammlung gegen den Afföller-Verkauf mit mittlerweile über 2.500 Befürwortenden verstärken und das Aktionsbündnis „Afföller retten“ unterstützen.
* pm: Marburger Linke