Retten statt richten: Mahnwache vor dem EPH gegen das Sterben im Mittelmeer

Eine Mahnwache gegen das Sterben im Mittelmeer findet am Samstag (6. Juli) um 16 Uhr vor dem Erwin-Piscator-Haus (EPH) statt. Organisiert hat diese Kundgebung die „Seebrücke Marburg“.
Diese Demonstration für eine unbehinderte Seenotrettung auf dem Mittelmeer ist Teil einer europaweiten Protestkampagne in mehr als 90 Städten. In hessen gibt es am selben Tag auch Demonstrationen in Frankfurt, Gießen und Kassel.
Mit ihrer Aktion möchte die europaweite Bewegung „Seebrücke“ der Kapitänin Carola Rackete den Rücken stärken, die ihr Schiff „Sea Watch 3“ trotz eines Verbots des italienischen Innenministers Matteo Salvini in den Hafen von Lampedusa gesteuert hat. Ihr drohen eine Strafe wegen angeblicher Beihilfe zu illegaler Einwanderung sowie die Beschlagnahme des Rettungsschiffs.
Mit 65 Schiffbrüchigen an Bord hat inzwischen auch das Rettungsschiff „Alan Kurdi“ Kurs auf Lampedusa genommen. Das Schiff wird von der Regensburger Hilfsorganisation „Sea Eye“ betrieben. Erneut droht Salvini mit harten Strafen, sollten die Schiffbrüchigen in Lampedusa an Land gehen wollen.
Das mörderische Verhalten des italienischen Innenministers widerspricht allen Verpflichtungen des Internationalen Seerechts und den vielgepriesenen „europäischen Werten“ von Humanität. Würde es sich bei den Schiffbrüchigen um Touristen handeln, ließe er sie sicherlich sofort an Land. Darum erweist sich Salvini hier als Rassist und Faschist, der selbst den Tod von Menschen in Kauf nimmt, um mit populistischen Positionen Wahlen zu gewinnen.
Nicht minder schändlich ist allerdings auch das Verhalten seines deutschen Amtskollegen Horst Seehofer. Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies hat auf sein Schreiben an Seehofer, dass die Stadt Marburg bis zu 200 Geflüchtete zusätzlich aufnehmen möchte, ebensowenig eine Antwort erhalten wie ein gutes Dutzend weiterer deutscher Städte mit dem gleichen Ansinnen.
Mit großer Mehrheit hat der Deutsche Evangelische Kirchentag in Dortmund beschlossen, ein eigenes Rettungsschiff ins mittelmeer zu entsenden. Weit mehr als 1 Million Euro Spenden kamen innerhalb weniger Tage zusammen, um die Kapitänin Rackete und die Seenotrettung im Mittelmeer zu unterstützen. Knapp zwei Drittel des Geldes wurden in Deutschland gesammelt, ein gutes Drittel aber auch in Italien.
Eine deutliche Mehrrheit der Befragten hat sich in einer Umfrage für die Seenotrettung ausgesprochen. Alle Weltreligionen verlangen Hilfe für Menschen in Not. „Wer einem Menschen das Leben rettet, der rettet die ganze Welt“, heißt es sowohl im Koran wie auch im Talmud und der Bibel.
Kein Mensch darf sich zum Richter über Leben und Tod erheben. Seenotrettung ist nicht nur eine moralische Pflicht, sondern auch nach dem Seerecht wie dem deutschen Strafrecht verpflichtend. Wenn Seehofer und Salvini sie aktiv behindern, dann machen sie sich zumindest moralisch schuldig am Tod von geflüchteten Menschen.
Für ihr ehrenamtliches Engagement auf dem Rettungsschiff „Sea Watch 3“ wird die Marburger Ärztin Ruby Hartbrich am Dienstag (9. Juli) um 15 Uhr im Historischen Saal des Rathauses das „Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte“ erhalten. Gemeinsam mit der Gießener Ärztin Kristina Hänel wird sie den undotierten Preis aus den Händen von Oberbürgermeister Spies entgegennehmen. Die Laudatio auf die beiden Frauen werden die langjährige Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth und Prof. Dr. marita metz-Becker von der Philipps-Universität halten.
Leider sind beide Preisträgerinnen heftigen Anfeindungen ausgesetzt. Umso wichtiger ist die Solidarität mit ihrem mutigen Eintreten für Humanität und das Selbstbestimmungsrecht von Menschen in Konfliktsituationen.

* Franz-Josef Hanke

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