Strahlende Streifen: Kaufrausch im Schuhgeschäft

Wunderschöne Schuhe lachen mich an. Unbedingt will ich sie haben.

Ich wollte Schuhe kaufen und ging in einen Laden in der Oberstadt. In einem Regal stand ein Paar Schuhe, die ich normalerweise nie kaufen würde. Sie hatten lilablaue Streifen, die Licht reflektierten.
Ich zog sie an um zu schauen, wie sie an mir aussehen. Als ich mich dann im Spiegel betrachtete kam in mir ein „High-Gefühl“ auf. Ich bin nur etwas wert, wenn ich die Schuhe kaufe, sagte dieses Gefühl. Ich kaufte die Schuhe. Dabei durchschaute ich nicht, dass dieses Gefühl nur eine dumme Täuschung war.
Ich fühlte mich wie ein Vogel. Mit meinen neuen Schuhen flog ich beschwingt in den siebten Himmel. Meine Augen leuchteten. Alles war lustig. Alles machte Spaß. Ich wollte, dass dieser Rausch niemals endet. Als ich zuhause ankam und mich im Spiegel anschaute waren meine Schuhe aber nicht mehr so schön. Das Gefühl allerdings war noch da. Ich wollte noch mehr kaufen, aber meine Vernunft brachte mich dazu, es nicht zu tun.
Hinter dem Kaufrausch verbarg sich die Suche nach Geborgenheit und Anerkennung. Ich spürte aber nur die Sucht. Ich hatte Entzugsgefühle, wenn ich mich mit anderen Sachen beschäftigte. Sie befahlen mir, mich wieder mit Geld zu beschäftigen. Ich unterdrückte dieses aber Gefühl nicht, sondern nahm es an. Es ist erschreckend zu sehen, welche Gefühle Geld und Waren im Menschen hervorrufen können.
Diese Erfahrung hat mir einiges gezeigt. Zum einen vermittelte sie mir, dass ich nicht alles kaufen soll, was mir auf den ersten Blick gefällt. Zum anderen kenne ich jetzt das Suchtgefühl und kann die Täuschung darin erkennen. Mögen Menschen mich etwa mehr, wenn ich strahlend schöne Schuhe trage? Dann sagt das mehr über sie aus als über mich.
Wie dumm die Sucht mich gemacht hat, habe ich nach zwei Tagen gemerkt. Ich ging zum Bäcker und war der einzige Kunde. Ich habe mich unter Druck gefühlt und wollte die Kassiererin nicht enttäuschen. Also kaufte ich schnell zwei Mohnbrötchen, obwohl ich sie gar nicht wollte. Meine anderen Bestellungen sagte ich dann sehr langsam auf. Vermutlich lag das daran, dass mein Gehirn nur angeregt wurde, wenn es um Geld ging. Die Kassiererin machte sich über mich lustig. Wer seine Sucht nicht kontrollieren kann, hat nichts anderes verdient.

* Luca Mittelstaedt

Ein Kommentar zu “Strahlende Streifen: Kaufrausch im Schuhgeschäft

Schreibe einen Kommentar