Den Verzicht auf Hessentrojaner und die geplante Stärkung des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) fordert die Humanistische Union Hessen. Für ihre Novelle zum Hessischen Verfassungsschutzgesetz hatte der Verein „Digitalcourage“ am Freitag (20. April) in Bielefeld der schwarz-grünen Regierungskoalition in Hessen den Big-Brother-Award“ verliehen.
„Dieser Negativpreis eines der bedeutendsten Datenschutzvereine in Deutschland ist Ausdruck der Sorge um Privatsphäre, Datensicherheit und Freiheitsrechte“, erklärte der HU-Landessprecher Jens Bertrams am Samstag (21. April) in Marburg. „Wer solche Gesetze vorlegt, sollte besser erst gar nicht zu einer demokratischen Wahl antreten, weil er seine Verachtung für die freiheitliche Demokratie damit klar zum Ausdruck gebracht hat“, ergänzte der stellvertretende HU-Landessprecher Franz-Josef Hanke.
Die vom Gesetz vorgesehenen Angriffe auf Datenschutz und Demokratie hatten Dr. Rolf Gössner und Jürgen Erkmann am Dienstag (17. April) bei einer Veranstaltung im Marburger Rathaus ausgiebig erläutert. Neben Straffreiheit für V-Leute und Verdeckte Ermittler, der Wiedereinführung grundrechtswidriger „Berufsverbote“, der Ausspähung von Beschäftigten bei staatlich finanzierten Projekten gegen Faschismus und Salafismus und der mangelhaften Kontrolle des Geheimdiensts ist auch der geplante Einsatz von Trojanern überaus gefährlich. Eigentlich hätten die Kompetenzen des sogenannten „Verfassungsschutzes“ nach dem Skandal um die Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) und der Verstrickung des Geheimdiensts beschnitten werden müssen, doch stattdessen wurden sie sogar ausgeweitet.
Die HU Hessen fordert die Wahlberechtigten auf, die Preisbegründung des Big-Brother-Award 2018 zu lesen und sich dann ihr eigenes Urteil über die demokratischen Kompetenzen der beiden prämierten Parteien zu bilden. Zudem kündigte die HU Marburg an, demnächst auch ein Video von der Marburger Veranstaltung mit Argumenten gegen das Gesetz online zu stellen.
„Noch hat der Landtag in Wiesbaden nichts beschlossen“, erläuterte Bertrams. „Noch können Grüne Hessen und CDU diesen verfassungswidrigen Gesetzentwurf zurückziehen und sich damit als rechtsstaatlich-demokratische Parteien qualifizieren. Bisher haben sie die einhellige Kritik aller Gutachter bei der Landtagsanhörung aber nur mit marginalen Änderungsanträgen aufgegriffen.“
Wahren Verfassungsschutz gibt es nach Überzeugung der HU nur durch das demokratische Engagement der Bevölkerung. Geheimdienste hingegen täuschten nur eine trügerische „Sicherheit“ vor, die jedoch auch die intensivste Überwachung niemals garantieren könne.
* pm: Humanistische Union Hessen
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