Das EU-Projekt SciFiMed setzt neue Impulse in der Immunforschung. Entstanden sind wegweisende Werkzeuge und Testsysteme für Diagnostik und Therapie. Im Fokus steht die gezielte Analyse von Faktor-H-Proteinen – mit dem Ziel, präzise Diagnosen direkt am Patientenbett zu ermöglichen.
Das EU-finanzierte Projekt SciFiMed („Screening for Inflammation to enable personalized medicine“) hatte das Ziel, das menschliche Immunsystem besser zu verstehen – insbesondere eine zentrale Familie von Immunproteinen, die sogenannten Faktor-H-Proteine. Das interdisziplinäre Verbundprojekt lief viereinhalb Jahre und wurde von der Marburger Humanbiologin Prof. Dr. Diana Pauly geleitet. Acht europäische Partner entwickelten dabei neue Forschungswerkzeuge, darunter vier laborgestützte Nachweissysteme (ELISAs). Diese kommen bereits in Studien zu Nieren- und Augenerkrankungen, COVID-19 und Delir zum Einsatz.
Für den direkten Proteinnachweis am Krankenbett wurden Methoden für Schnelltests auf Basis eines Multiplex-Prinzips untersucht. Außerdem wurde ein innovativer liposomenbasierter Test zur Messung der Komplementaktivität entwickelt. Hinzu kamen neue Erkenntnisse zu molekularen Interaktionen der Faktor-H-Proteine, die als potenzielle therapeutische Zielstrukturen gelten. Die Europäische Kommission förderte das Projekt mit rund 3,6 Millionen Euro.
„SciFiMed zeigt eindrucksvoll, wie Grundlagenforschung aus unterschiedlichen Disziplinen sich ergänzen kann,“ sagt Prof. Dr. Gert Bange, Vizepräsident für Forschung an der Philipps-Universität Marburg. „Solche Projekte stärken nicht nur den wissenschaftlichen Austausch in Europa, sondern liefern konkrete Impulse für die Medizin der Zukunft.“
Hinter dem ambitionierten Projekttitel SciFiMed steckt nicht nur ein Wortspiel mit „Science Fiction“, sondern auch eine große Vision: Ein multifunktionaler Biosensor, der sieben Immunproteine quantitativ und funktionell direkt am Patientenbett analysiert. Auch wenn dieser Sensor noch Zukunftsmusik bleibt, hat das Projekt entscheidende Grundlagen dafür gelegt – mit neuen Assays, verbesserten Nachweisverfahren und einem tieferen Verständnis der biologischen Zusammenhänge.
Besonders hervorzuheben ist der Liposomen-basierte Komplement-Test. Er kann herkömmliche Verfahren mit Tierzellen in naher Zukunft ersetzen und die natürliche Immunreaktion im Reagenzglas nachbilden. „Die hohe Marktnähe und Interdisziplinarität des Projekts haben gezeigt, wie schnell translationale Forschung gelingen kann, wenn analytische Chemie, Biologie, Medizin und Industrie zusammenarbeiten“, erklärt Pauly.
Das Projekt wurde federführend von der Philipps-Universität Marburg koordiniert. Sie übernahm die Kommunikationsleitung und leistete zentrale Beiträge zur Grundlagenforschung und zu klinischen Studien. Am Verbund beteiligt waren Universitäten in Regensburg, Madrid, Budapest, Groningen und Sanquin sowie die Unternehmen Hycult und Microcoat GmbH. Gemeinsam entwickelten sie innovative Assays, Standardproteine, Antikörper, Schnelltests und marktreife ELISAs. Die enge Zusammenarbeit soll in Folgeprojekten fortgesetzt werden – etwa zur Testvalidierung oder zur therapeutischen Nutzung neu identifizierter Interaktionspartner.
„Das Projekt SciFiMed ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie aus einer visionären Idee konkrete Innovationen mit echtem Nutzen für Forschung und zukünftige Gesundheitsversorgung entstehen können“, kommentiert Pauly abschließend.
- pm: Philipps-Universität Marburg