Interaktion zur Immunabwehr: Forschende haben neues Netzwerk entdeckt

Forschende haben Bislang unbekannte Netzwerke aus RNA und Proteinen entdeckt, die Immunzellen steuern. Das ist ein Durchbruch für die RNA-Forschung.
Eine bisher kaum beachtete Klasse von RNA-Molekülen übernimmt offenbar eine Schlüsselrolle in der Immunabwehr gegen bakterielle Infektionen. Forschende um Prof. Dr. Leon Schulte vom Institut für Lungenforschung der Philipps-Universität haben im Fachmagazin „Nature Communications“ einen Atlas veröffentlicht, der zeigt, wie sogenanntelange „nichtkodierende RNAs“ (lncRNAs) gezielt Entzündungsprozesse in Immunzellen beeinflussen. Abschnitte des Erbguts, die lncRNAs codieren, galten lange als „Junk-DNA“ –
genetischer Ballast ohne Funktion. Mit einem neu entwickelten Analyseverfahren namens „GRADR „konnte das Team erstmals umfassend darstellen, wie lncRNAs mit Proteinen in Makrophagen – den „Fresszellen“ des Immunsystems – zusammenwirken. „Wir konnten zeigen, dass viele dieser RNAs direkt in Immunprozesse eingreifen und dabei helfen, Entzündungsreaktionen gezielt zu steuern“, erklärte Schulte.
Besonders auffällig ist, dass das RNA-Molekül „ROCKI“ gezielt einen zellulären „Aus-Schalter“ blockiert. So fördert es die Entzündungsantwort. „ROCKI und vier weitere – bislang kaum untersuchte – lncRNAs beeinflussen zentrale Signalwege der angeborenen Immunantwort“, ergänzte Dr. Nils Schmerer. Er ist Erstautor der Studie.
Die Forschenden berichten darüber im Fachmagazin „Nature Communications.“ Die Ergebnisse basieren auf einer Kombination moderner molekularbiologischer Methoden. Darunter sind RNA-Sequenzierung, CRISPR-Gentechnik und Proteomanalysen.
Das daraus entstandene Nachschlagewerk ist öffentlich zugänglich: Über die Webplattform „SMyLR“ können Forschende weltweit gezielt nach Immun-RNAs suchen, ihre Regulation nachvollziehen und passende Proteinpartner identifizieren. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass lange nichtkodierende RNAs ein bislang unterschätztes Steuerungselement in der menschlichen Immunabwehr darstellen“, sagte Schulte. Die Erkenntnisse könnten in Zukunft helfen, neue Diagnosemarker oder Therapieansätze für entzündliche Erkrankungen wie Sepsis oder Lungenentzündung zu entwickeln.
An der Studie waren zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität sowie Partnerinstitutionen aus Freiburg, Gießen, Berlin und München beteiligt. Gefördert wurden die Arbeiten von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Hessischen Wissenschaftsministerium, der Von-Behring-Röntgen-Stiftung und weiteren Unterstützern.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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