„Einfach heiraten“ konnten Paare bei der Pop-Up-Trauung am Samstag (24. Mai) und Sonntag (25. Mai) in Marburg. Gottes Segen gab es in der Kirche, am Strand und auf der Drehleiter.
55 Paare wurden getraut oder gesegnet. es gab eine „Traufe“ (Trauung und Taufe in einem). Für ein Paar ging es auf knapp 30 Meter Höhe über den Niederweimarer See. In der Elisabethkirche war ein Mops namens Karl Gustav Trauzeuge.
„Einfach heiraten“ konnte man am Wochenende in ganz vielen Gemeinden der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW). Marburg hatte es 2024 bereits vorgemacht und in einer „Pop-Up-Trauung“ über 30 Paare getraut oder gesegnet. In diesem Jahr waren es 55.
Geheiratet haben sie gleich an mehreren Orten: Trauungen gab es in der Elisabethkirche und im Michelchen sowie am See in Niederweimar. Von langer Hand geplant ebenso wie ganz spontan. Eine „echte“ Trauung ebenso wie ein schlichter Segen, für das Paar oder für das ungeborene Kind oder die Hunde gleich mit.
„Das war perfekt: Alle haben geweint“, berichtete Heike Masuch. Nur Mops Karl Gustav hat geschmatzt, weil er mit einem Knochen bestochen werden musste. So laut, dass es auf dem Video klingt, als hätten die beiden im Schweinestall geheiratet.
Ihr Mann Benjamin erklärte: „Aber Karl Gustav musste unbedingt mit dabei sein. Ohne ihn hätten wir das nicht gemacht.“
Die beiden sind eigentlich schon seit 25 Jahren verheiratet. Und zu ihrer Silberhochzeit aus der Nähe von Weilburg nach Marburg zur Pop-Up-Trauung gekommen. Mit dabei waren ihre Söhne, die Schwiegertochter und Karl Gustav. Benannt ist der Mops nach dem schwedischen König.
Vor kurzem hat er seine Hunde-Ehefrau Mathilda verloren und kann deshalb nicht mehr allein bleiben. Außerdem macht ihm die Bandscheibe so zu schaffen, dass er nicht mehr gut zu Pfote ist. In seinem Hundewagen war er als Trauzeuge der Familie der Hingucker an der Elisabethkirche. Und was für „Seelen-Mops“ Karl Gustav und seine Mathilda galt, das trifft auch auf Heike und Benjamin zu, erklärten die beiden: „Das ist die ganz große Liebe.“
Seit 28 Jahren sind sie zusammen; und weil bei der Silberhochzeit die Kinder nicht dabei sein konnten und weil Heike Hochzeiten außerdem über alles liebt, war die Pop-Up-Trauung in Marburg der willkommene Anlass, noch einmal „Ja“ zu sagen. Es habe alles gepasst, schwärmten die beiden.
Der besondere Ort in der Oberkapelle der Elisabethkirche, die perfekte Traurede, die Stimmung vor Ort – „wie eine richtige Hochzeit“. Den Bedenken vieler, so eine Pop-Up-Trauung, das sei „Las Vegas“ oder „Fast Food“, halten Heike und Benjamin nach ihrer Erfahrung jetzt entgegen: „Das ist Fast Food Deluxe.“
Dass eine solche Veranstaltung natürlich Event-Charakter hat, bestätigte auch Pfarrerin Aline Seidel von der Gemeinde Dreihausen. Im Kirchenkreis Marburg ist sie zuständig für die Kasualagentur „Segenszeit“, die in diesem Jahr die Pop-Up-Trauung am zusätzlichen Standort am See in Niederweimar organisiert hat. „Worum es aber im Kern geht, das ist und bleibt der Segen Gottes“, so die Pfarrerin. Den sollen Paare aber auf ganz individuelle Weise erleben können. Und zwar alle Paare – gleich welchen Geschlechts, gleich welcher Religionszugehörigkeit. Auch darum geht es bei der Pop-Up-Trauung. Für die an den beiden Standorten mehr als 20 Pfarrerinnen und Pfarrer, Vikarinnen und Vikare, Prädikantinnen und Prädikanten im Einsatz waren. Und jede Menge Ehrenamtliche.
Propst Dr. Volker Mantey war erst auf dem Christenberg bei der Aktion des Kirchenkreises Kirchhain und am Nachmittag auch in Marburg mit dabei, Dekan Dr. Burkhard von Dörnberg übernahm zwei Trauungen. Und dessen Sohn Johannes sprang spontan gleich noch als Musiker ein. Das Motto, das die Evangelische Kirche von Deutschland (EKD) über die bundesweite Aktion gestellt hatte, lautet „einfach heiraten“. Das wollten auch die Verantwortlichen im Kirchenkreis und im Gesamtverband der evangelischen Kirchen in Marburg vielen Menschen ermöglichen: Ja sagen, ohne sich über das ganze „Drumherum“ Gedanken machen zu müssen. Kaffeetafel an der Elisabethkirche, Sektempfang im Hot Sport Seepark Niederweimar, bei jeder Trauung Musik – ein Rundum-Sorglos-Paket.
Alle, die offiziell kirchlich heiraten wollten, sollten natürlich die nötigen Unterlagen und Voraussetzungen mitbringen. Sonst aber eben nichts. Und genauso waren alle willkommen, die ihr Ja-Wort ganz unbürokratisch noch einmal bestätigen oder einfach einen Segen haben wollten für sich, die Partnerschaft oder auch für das ungeborene Kind oder die Hunde. „Es waren wieder so viele berührende Geschichten“, resümmierte Seidel. „Und ich habe immer das Gefühl, der Segen, den wir spenden, der ist nicht nur für die Paare, der ist auch für uns selbst. Ich war total beseelt nach diesem Tag.“
Genauso sei es auch ihren Kolleginnen und Kollegen ergangen. „Wir haben uns superwohl gefühlt und wir haben gespürt, dass da bei allen ganz viel Herzblut drinsteckt“, lobte Stephanie Trautwein nach ihrer Pop-Up-Trauung am See in Niederweimar. Sie und ihr Mann Marcus Stößel waren extra aus Griesheim nach Marburg gekommen, weil es ihnen die Location so angetan hatte. Nach ihrer standesamtlichen Trauung im vergangenen Jahr wollten sie jetzt noch kirchlich heiraten. Ohne großen Aufwand und so, wie es eben zu ihnen passt. „Das war perfekt für uns“, lautete das Fazit am Wochenende. „Wir hätten selbst nicht gedacht, dass es SO schön wird.“
Familie und Freunde seien erst skeptisch gewesen. Aber ein befreundetes Pärchen habe danach gesagt: „Doch, vielleicht machen wir das nächstes Jahr auch.“ Und für die Eltern von Stephanie war der Tag etwas ganz Besonderes –
sie haben nämlich ihren 45. Hochzeitstag gefeiert. Dann stellte sich auch noch der Trauspruch der Tochter als derselbe heraus wie der bei ihrer Hochzeit 1980.
Ein Riesenzufall. Besondere Aufmerksamkeit lag auf Stephanie und Marcus, weil ein Team von RTL Hessen sie begleitet hat. Das haben sie aber kaum mitbekommen, sagten sie. So genossen haben sie ihren besonderen Tag. „Das war wie für uns gemacht.“ Es sei genau das „I-Tüpfelchen“ gewesen, das sie sich gewünscht hatten.
Für dieses Tüpfelchen nötig war jede Menge Organisation. Nach der Pop-Up-Trauung ist bekanntlich vor der Pop-Up-Trauung und so haben Seidel mit ihrem Team von „Segenszeit“ und ihr Kollege Ulrich Hilzinger, Besucherpfarrer an der Elisabethkirche, Monate mit der Vorbereitung auf diesen Tag verbracht, Manpower und alles von Sekt bis Traubogen organisiert. Regionale Musikerinnen und Musiker wie die Marburger Sängerin Kamilla Stubenrauch, „Das Eventduo“ Marco Schumertl und Anita Podinovic und die Band Ground Sound aus dem Ebsdorfergrund waren mit dabei und ebenfalls total begeistert von der Stimmung.
„Alle Paare, mit denen ich gesprochen habe, waren tief bewegt und zum Teil richtig euphorisch“, berichtete Hilzinger. „Es war so schön, miterleben zu dürfen, dass der Segen Gottes sehr viel für sie bedeutet. Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir hier offensichtlich ein Format gefunden haben, durch das wir viele Paare in ihrer Spiritualität dort abholen können, wo sie stehen.“
Genau das ist der Kern der Idee: Die individuellen Geschichten, Wünsche und Bedürfnisse der Paare aufzugreifen. So wurde jede Zeremonie zu etwas ganz Besonderem.“Spektakulär gestaltete sich die Neuauflage ihres Ja-Worts nach 25 Jahren für die Marburger Bianca und Tobias Büttner.
Bei ihrer Hochzeit am 27. Mai 2000 waren auch schon die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr in Cappel vor Ort. Allerdings nicht mit einer Drehleiter wie nun am Samstag am See. Pfarrerin Aline Seidel wollte eigentlich nur ein Foto mit den beiden im Drehleiterkorb machen – und wurde flugs mit auf fast 30 Meter Höhe gehoben. „So sind Sie Ihrem Chef glei“mal näher“, lautete der passende Kommentar. Und für Familie Burk war die Pop-Up-Trauung gleich ein „zwei in einem“-Event. Sarah und Dennis haben sich getraut und den jüngsten Sohn Jonathan gleich noch taufen lassen: „Traufe“. Kann die Kirche auch. Kirche kann auch anders. Einfach.
* pm: Evangelischer Kirchenkreis Marburg