Angedacht: Bürger diskutierten Zukunft des Temmler-Areals

Eine Informationsveranstaltung zum Temmler-Areal hat die Stadt am Freitag (9. Mai) durchgeführt. Bürgerinnen und Bürger gestalten so ein neues und lebenswertes Stadtgebiet mit.
Ein modernes, urbanes Quartier mit hohem Wohnanteil soll aus dem Temmler-Areal entstehen. Während einer Bürgerversammlung hat die Stadt gemeinsam mit dem beauftragten Planungsbüro den städtebaulichen Entwurf vorgestellt. Er basiert auf den Ergebnissen der öffentlichen Planungswerkstatt vom April 2024.
Entlang der sogenannten Entwicklungsachse „Ab in den Süden“ soll vom Südviertel über den Südbahnhof und die Frauenbergstraße bis zur Beltershäuser Straße unter Beteiligung der Bevölkerung ein neues und lebenswerteres Stadtgebiet entstehen, das den gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen gerecht wird. Das ganze Gebiet ist in mehrere Bauabschnitte und Bebauungsplan-Verfahren unterteilt. Wie sich speziell das Temmler-Areal vom bisherigen Gewerbestandort Temmlerstraße, Johann-Konrad-Schäfer-Straße, Frauenbergstraße und Cappeler Straße entwickeln soll und welche Ideen der Bürgerinnen und Bürger eingeflossen sind, das waren Themen der Bürgerversammlung am Freitag (9. Mai). Zur „Vorstellung des städtebaulichen Entwurfs für das Temmler-Areal“ hatte Stadtverordnetenvorsteherin Dr. Elke Neuwohner eingeladen.
„Laut Berechnungen des Regierungspräsidiums werden bis zum Jahr 2035 in Marburg 3.000 zusätzliche Wohnungen benötigt“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Eine der Flächen, die sich dafür anbieten, ist das Temmler-Areal. Dieses Gebiet in der Innenstadt ist gut mit dem Rad und Öffentlichem Personennahverkehr zu erreichen, es liegt in einer Talsenke und muss nicht mehr extra versiegelt werden.“
Stadtrat Dr. Michael Kopatz ergänzte: „Dieses Projekt zeigt sehr deutlich, dass wir wirklich ernsthaft dabei sind, den Mehrbedarf an Wohnungen zu decken und nicht leichtfertig auf einer grünen Wiese bauen.“ Er wies auch darauf hin, dass man mit der Umsetzung des Entwurfs Geduld haben müsse. Es handele sich um eine sehr langfristige Planung und es müssten noch viele offene Fragen geklärt werden. Bis alle Projekte umgesetzt sind, vergehen mindestens zehn Jahre.
Das Ziel ist, ein umweltgerechtes und sozial ausgewogenes Quartier zu entwickeln. Um das zu verwirklichen, fließen in die Planungen unter anderem eine nachhaltige Flächennutzung mit Grün- und Freizeitflächen sowie die Anpassung an die Folgen des Klimawandels ein.
An der Ausarbeitung des städtebaulichen Entwurfs hatten sich rund 60 Marburgerinnen und Marburger beteiligt: Am 20. April 2024 brachten sie in der Planungswerkstatt ihre Ideen, Anregungen und Fragen ein, um das Temmler-Areal zu einem neuen und lebenswerten Stadtgebiet mitzugestalten. Nachdem das Planungsbüro drei städtebauliche Varianten zur Gestaltung des Areals im April 2024 vorgestellt hatte, haben die Bürgerinnen und Bürger in Arbeitsgruppen Fragen zu unterschiedlichen n wie Verkehrs- und Wegeplanung, Grün- und Freiflächen, Gestaltung und Funktion des öffentlichen Raums, Bauen, Gebäudenutzung und Mobilität bearbeitet.
Die Anregungen und Ideen wurden dokumentiert und ihre Umsetzbarkeit geprüft. Die Ergebnisse der Planungswerkstadt flossen in den städtebaulichen Entwurf ein. Den Entwurf erarbeitete das Kasseler Planungsbüro „ebene4“ im Auftrag der Universitätsstadt Marburg. Federführend stellte Michael Linker die sogenannte Vorzugsvariante detailliert vor.
Leitmotiv ist eine effiziente Neuerschließung des Gebiets. Das bestehende Wohnquartier um den Südbahnhof soll von unnötigem Durchgangsverkehr entlastet werden. Verbunden damit ist auch ein Teilrückbau der Temmlerstraße etwa ab Höhe des Getränkemarktes bis zur Johann-Konrad-Schäfer-Straße. Im Zuge dieses Teilrückbaus soll außerdem das Ende der Temmlerstraße etwa am Getränkemarkt an die Cappeler Straße angeschlossen werden. Denn der südliche Teil der Frauenbergstraße ab der Johann-Konrad-Schäfer-Straße soll künftig nur für Bus, Rad und Fuß benutzbar sein im Sinne der Verkehrsberuhigung für künftige Anwohnende.
Zum Wohnen sollen offene Wohnhöfe mit verschiedenen Nutzungen der Freianlagen entstehen – eingebunden in Nachbarschaftsplätze, Grünflächen und Regenwasser-Rückhalteflächen. Die vier- bis fünfgeschossige Wohnbebauung soll voraussichtlich insgesamt 480 Wohneinheiten auf dem Temmler-Areal und dem Bauabschnitt Franz-Tuczek-Weg/Cappeler Straße/Frauenbergstraße – der Fläche am bisherigen Standort der 3U Holding AG – beinhalten.
Statistisch werde mit 1,9 Personen pro Wohneinheit gerechnet. Demzufolge könnten 800 bis 1.000 Menschen auf diesen beiden Arealen wohnen. Vorgesehen sind verschiedene Wohnmodelle, darunter geförderter Wohnungsbau und Mehrgenerationen-Wohntypen.
Im südlichen Teil des Temmler-Areals sind vorwiegend verbesserte Bedingungen für den bestehenden Lebensmittelmarkt sowie eine Quartiersgarage geplant: Sie soll bis zu 576 Stellplätze für Mitarbeitende der Sparkasse und die Anwohnerschaft bereitstellen. Für die Infrastruktur ist eine Kindertagesstätte geplant.
Insbesondere im südlichen Bereich des Areals könne über Stadtteilangebote nachgedacht werden. Denkbar wären zum Beispiel ein Café, Kultur, ein Ärztehaus, eine Bäckerei und ähnliches. Im süd-westlichen Teil ist Platz für einen Wochenmarkt eingeplant.
Das Areal umschließt auch private Flächen – auf Nachfragen der Anwesenden sprach Oberbürgermeister Spies von etwa 50 Prozent des Areals, das in städtischer Hand ist. Linker erklärte: „Wir sind darauf angewiesen, dass die Eigentümer*innen mitziehen.“
Darüber hinaus stellte er klar: „Das ist noch nicht der Bauplan, sondern das Grundgerüst für die Erschließung. Teilweise ist bei diesem Entwurf hier und da auch Spielraum.“
Nach der Präsentation gab es Gelegenheit zur Diskussion und zur Beantwortung offener Fragen. Mit der Bürgerversammlung ist der Beteiligungsprozess für den städtebaulichen Entwurf abgeschlossen. Nun folgt die Aktualisierung des Aufstellungsbeschlusses. Am formellen Bebauungsplanverfahren können sich die Bürgerinnen und Bürger dann erneut beteiligen. Geplant ist dieser nächste Schritt für November 2025.

* pm: Stadt Marburg

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