Baustellenbegehung: Kanten ertasten mit Blindenstock

Mit Blindenstock durch die Baustelle gingen Teilnehmende bei einer Schulung des Fachdiensts Straßenverkehr. Ziel war die barrierefreie Gestaltung von Baustellen.
„Und Plötzlich wird es dunkel“: Bei einer speziellen Baustellenbegehung gehört auch eine Augenbinde dazu. Der Fachdienst Straßenverkehr der Stadt Marburg hat nun all jene zum Selbstversuch eingeladen, die an einer Baustelle beteiligt sind.
In Kooperation mit der Deutschen Blindenstudienanstalt (BliStA) ging es darum, die Teilnehmenden für die Bedürfnisse von sehbehinderten Menschen zu sensibilisieren. „Sehbehinderte Menschen sind ein Teil Marburgs“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Als Verwaltung ist es unsere Aufgabe, Gefahrenstellen – so gut es geht – an die verschiedenen Bedürfnisse unserer Bürger*innen anzupassen. Jede Baustelle, die wir sicherer machen, ist ein Gewinn für unser aller Zusammenleben.“
Los ging der Tag für die Workshop-Teilnehmenden am Servicehof des Dienstleistungsbetriebs Marburg (DBM). Mit dabei waren Bauunternehmer, Bau-
und Projektleiter, Mitarbeitende der Straßenverkehrsbehörde, des DBM und eines Verkehrssicherungsunternehmens.
Vor Ort erklärte der BliStA-Berater Manfred Fuchs den Teilnehmenden was bei der Absicherung einer Baustelle zu beachten ist. Dabei geht es vor allem um sichere Zu- und Ausgänge. Um klar ertastbare Kanten, Tastleisten und Absperrschranken für Menschen, die auf einen Blindenstock oder den Rollstuhl angewiesen sind. Mit Augenbinde und Blindenstock machten sich die Teilnehmenden zunächst alleine und später in Zweiergruppen auf den Weg, ihre unmittelbare Umgebung am Servicehof zu erkunden.
Verschiedene Gegenstände – zum Beispiel herumliegende Plastikrohre oder Holzbretter – stellten Hindernisse dar, die für sehbehinderte Menschen eine besondere Gefahr sein können. Aber es gab auch weit größere Barrieren zu „ertasten“. Dabei handelte es sich um Bauschuttcontainer, Lastwagen oder Zäune aus verschiedenen Materialien.
Nach den Feedbackgesprächen zu den jeweiligen Durchläufen ging es für alle gemeinsam zu einer echten Baustelle im Stadtteil Ockershausen. Dort ist derzeit ein Haus eingerüstet und der Fußgängerverkehr wird über einen Notweg um die Baustelle herumgeleitet. Dabei zeigte sich in der Praxis, wie eine Absperrung aussehen sollte.
Geschlossene, kontrastreiche Kunststoffelemente leiten durch die Baustelle. Rampen vom Gehweg auf die Fahrbahn sind mit dem Taststock sicher zu erkennen. Auch der Notweg ist für sehbehinderte Menschen gut ausgeleuchtet.
Die Kursteilnehmenden zeigten sich beeindruckt von den Ausführungen und Erklärungen von Fuchs sowie seinen Kolleginnen und Kollegen der BliStA. Die einhellige Meinung der Teilnehmenden lautete: „Es ist wichtig, hin und wieder die Perspektive zu wechseln. Nur wer sich darauf einlässt, wird verstehen, welches Sicherheits- und Schutzbedürfnis sehbehinderte Menschen haben.“

* pm: Stadt Marburg

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