Gebietsreform und Geburtstag: Landkreis feierte 50-jähriges Bestehen

Am 1. Juli 1974 ist der Landkreis Marburg-Biedenkopf entstanden. Sein 50-jähriges Bestehen hat der Kreis am Montag (1. Juli) im Landratsamt gefeiert.
Durch das „Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg vom 12. März 1974“ wurden die vorherigen Landkreise Biedenkopf und Marburg mit der damals kreisfreien Stadt Marburg zum 1. Juli 1974 zusammengelegt. Das fusionierte Gebiet trägt seither den Namen „Landkreis Marburg-Biedenkopf“. Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens hatten Kreistagsvorsitzender Detlef Ruffert und Landrat Jens Womelsdorf zu einer feierlichen Sitzung des Kreistags am Montag (1. Juli) ins Landratsamt eingeladen.
Auf die zurückliegenden 50 Jahre blickte Kreistagsvorsitzender Ruffert mit großer Genugtuung. Alle vorherigen Besorgnisse, die Bewohner des Altkreises Biedenkopf könnten von denen des Altkreises Marburg „untergebuttert“ werden, hätten sich nicht erfüllt. Zum Beleg dafür nannte er die Herkunftsorte der bisherigen Landräte, die bis auf Landrätin Kirsten Fründt größerenteils aus dem Biedenköpfer Gebiet stammten.
Anwesend waren die früheren Landräte Prof. Dr. Kurt Kliem und Robert Fischbach. Eine besondere Würdigug erhielt der ehemalige Kreisbeigeordnete Klaus Weber. Der Kreistag hat ihm für 50 Jahre Mitarbeit in Gremien des Landkreises den Kreislöwen verliehen. 39 Jahre lang war der Kirchhainer Kreisbeigeordnete sowie elf Jahre lang Kreistagsabgeordneter.
Seine Verbundenheit mit Marburg-Biedenkopf betonte der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich in seinem Grußwort. Als Gerichtspräsident des Landgerichts Marburg kenne er die Region und viele Menschen sowie Strukturen hier aus eigener Erfahrung gut. Er lobte die Zusammenarbeit seiner Behörde mit der Kreisverwaltung in Marburg ausdrücklich.
In verschiedenen Reden wurden die Bedenken angesprochen, die vor 50 Jahren noch gegen die Zusammenlegung von Stadt Marburg, Landkreis Marburg und dem Landkreis Biedenkopf bestanden. Inzwischen seien derartige Vorbehalte kein Thema mehr im Kreis, meinten die Redner aber einhellig. Mehrmals wurde die Notwendigkeit betont, zum Wohle der Bevölkerung auch interkommunale Zusammenschlüsse zu bilden und dabei auch die Kreisgrenzen zu überwinden.
„Dass ich als Marburger Oberbürgermeister heute hier rede, das wäre vor 40 oder vielleicht sogar noch vor 20 Jahren kaum denkbar gewesen“, erklärte Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies in seinem Grußwort. Inzwischen habe sich die Zusammenarbeit zwischen der Universitätsstadt Marburg und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf eingespielt und sei aus der alltäglichen Praxis nicht mehr wegzudenken. Allerdings sei auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass ein Drittel der Bewohnerschaft des Kreises in der Stadt Marburg lebt.
In ihrem Festvortrag „Zwischen Effizienz und Legitimität. Die kommunale Neugliederung in Hessen in den 1970er Jahren“ verglich Prof. Dr. Sabine Mecking von der Philipps-Universität die unterschiedlichen Herangehensweisen der bundesdeutschen Länder bei ihren damaligen Gebietsreformen. Hessen habe die erhoffte Effizienzsteigerung der Kommunalverwaltungen zunächst durch freiwillige Zusammenschlüsse mit finanziellem Anreiz durch die Landesregierung erreichen wollen, bevor das Land dann Mitte der 70er Jahre die Zusammenlegung von Gemeinden und Landkreisen durch Gesetz verfügte. Im Gegensatz zur Gründung der Stadt „Lahn“ durch Zusammenlegung von Gießen und Wetzlar, die 1979 nur zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten wieder zurückgenommen werden musste, habe sich die Gebietsreform in allen übrigen Fällen als richtig erwiesen. In jedem Fall handele es sich bei der kommunalen Gebietsreform aber immer um einen schwierigen Akt, der einen Ausgleich zwischen den Anforderungen der Menschen an eine moderne und effiziente Verw altung einerseits und ihrem Anspruch auf wohnortnahe demokratische Entscheidungsstrukturen andererseits gut austarieren müsse.
Einen Blick in die Zukunft unternahm Landrat Womelsdorfzum Schluss der zweieinhalbstündigen Festveranstaltung. Der Landkreis sei gut vorbereitet auf die drohenden Krisen wie den Klimawandel und weitere Herausforderungen. In dieser Erwartung bestärke ihn die Erfahrung mit dem Umgang des Kreises bei vorangegangenen Problemen. Auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung sei dabei immer Verlass gewesen, betonte er abschließend.
Die Festveranstaltung im Kreistagssitzungssaal wurde am Dienstagabend per Videostream übertragen. Interessierte können die Aufzeichnung auch noch nachträglich anschauen.

* Franz-Josef Hanke

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