Zukunftsvision: Besichtigungen beim Tag der Architektur

Einen Blick hinter die Kulissen konnten Interessierte beim „Tag der Architektur“ am Samstag (29. Juni) werfen. Das Familienzentrum am Stadtwald und die Grundschule Marbach haben dazu ihre Türen geöffnet.
Anlässlich des bundesweiten Tags der Architektur hat die Stadt Marburg zwei Bauwerke für Besucherinnen und Besucher geöffnet. So hat das Architekturbüro Artec Architekten Interessierten das Familienzentrum am Stadtwald vorgestellt während das Büro Dirschl & Federle durch die erweitere Grundschule Marbach führte.
„Von Anfang an war die Idee, dass das Gebäude dem gesamten Stadtteil zugutekommen soll“, sagte Architekt Gerd Kaut vom „Artec Architekten“ während der Führung durch das Familienzentrum am Stadtwald. „Dieser Gedanke erklärt auch sehr gut die innere Struktur, die so aufgeteilt ist, dass sich der großzügige Kita- und Krippenbereich jeweils für sich abgetrennt betreiben lässt, während zum Beispiel Schüler*innen von der Bettina-von-Arnim-Schule den Bewegungsraum für Yoga oder Ähnliches nutzen können.“
Sowohl Küche und Mensa im Erdgeschoss als auch der Bewegungsraum im Obergeschoss und die Besuchertoiletten können bei Bedarf separat erschlossen werden und sollen so über die Kitanutzung hinaus für den Stadtteil nutzbar sein. Die Mensa des Familienzentrums kann bei Veranstaltungen zum Vorplatz geöffnet werden und ihre Möglichkeiten damit räumlich erweitern. Die Spielflächen wurden altersstufengerecht gestaltet. In beiden Etagen gibt es einen Spielflur, der mit großzügigen Fensterelementen nahezu natürlich belichtet ist und hohe Aufenthaltsqualität bietet. Rückseitig sind „dienende Räume“ angeordnet (Besprechung, Hauswirtschaft, Therapieräume).
Die Kita im Familienzentrum befindet sich in kirchlicher Trägerschaft und die Krippe ist eine Einrichtung der „Initiative für Kinder-, Jugend- und Gemeinwesenarbeit“ (IKJG). Die im Stadtteil ansässige Bettina-von-Armin-Schule benötigte zudem eine Erweiterungsfläche.
Beide Gebäude sind über die zugehörigen Außengelände miteinander verbunden. So wurde ein Ort mit vielseitigen Nutzungen geschaffen, um den Gedanken der Inklusion übergreifend zu verwirklichen. Die Zugänge zum Gebäude wie auch das Gebäude selbst sind barrierefrei.
Das Familienzentrum vereint Nutzen und Nachhaltigkeit. Der freistehende Massivbau ist mit begrüntem Flachdach und einer nachhaltigen Holzfassade ausgestattet. Das Regenwasser nimmt ein Naturspeicher mit integriertem Biotop auf. Über Abläufe wird es in den Wald zurückgeführt.
Die Wärmeversorgung erfolgt über Fernwärme von den Stadtwerken Marburg (SWM). Die Lüftung wird durch Geothermie vorgekühlt und gewärmt. Nachtauskühlung, Oberlichter, ein hoher Anteil von Sichtbetonflächen und Lüftungsöffnungen im Dach unterstützen den sommerlichen Wärmeschutz. Insgesamt wird das Gebäude durch nachhaltige Materialien, helle Räumlichkeiten und eine kindgerechte Gestaltung bestimmt.
Die Besucherinnen und Besucher interessierte vor allem, was die größten Herausforderungen sind, wenn ein solches Bauprojekt verwirklicht wird. Fachbereichsleiter Oliver Kutsch vom Fachbereich Immobilien und Freianlagen der Stadt Marburg erklärte, dass es im Falle des Familienzentrums zum einen die großen Erdmassen waren, die vor Ort ausgetauscht werden mussten, bevor mit dem Eigentlichen begonnen werden konnte. Zum anderen seien es die vielen verschiedenen und immer detaillierter werdenden Bauvorschriften, deren Prüfung und Einhaltung immer mehr Zeit in Anspruch nehme.
Der Erweiterungsbau der Grundschule Marbach ist mit dem Bildungsbauprogramm BiBaP der Stadt Marburg entstanden. Das Ziel der Baumaßnahme war, zusätzliche Unterrichtsräume zu schaffen und einen Bereich für die Cafeteria zu bauen. Grund für den Bedarf waren die steigende Zahl der Schülerinnen und Schüler sowie die Entwicklung zum Ganztag und die damit verbundenen längeren Aufenthaltszeiten zum Beispiel für Arbeitsgruppen und die Nachmittagsbetreuung.
Das Gebäude hat die Form eines Quaders und zwei Geschosse. Im Obergeschoss befinden sich zwei Klassenräume. Ein Raum bietet Bewegungs- und Rückzugsmöglichkeiten, der andere ist ein offener Bereich.
Im Erdgeschoss sind zwei Gebäudefronten vollständig mit großen Fenstern gestaltet. Dort sind Speisesaal und Foyer untergebracht. Eine Küche, in der vorgefertigte Speisen erwärmt werden können, ein Lager, Kühlräume und Sanitärräume sowie Technik finden dort ebenfalls Platz.
Das Gebäude ist nach hohem energetischem Standard gebaut. Es verfügt über eine Heizungsanlage mit Erdwärme, ein begrüntes Flachdach sowie Photovoltaik. Die Räume sind mit Sichtbeton, großzügigen Fensterfronten, warmen Materialien (Lärchenholz) und Linoleumboden in hellem Grün gestaltet.
In sogenannten „Lernwaben“ aus Holz können sich die Grundschülerinnen und Schüler zurückziehen. Der Höhenunterschied zwischen Straße und Erdgeschoss wird durch eine rollstuhlgerechte Rampe überwunden und das Gebäude somit barrierefrei erreichbar. „Die Räume sind multifunktional gestaltet“, erläuterte Architektin Kristin Dirschl vom Büro Dirschl & Federle bei der Führung durch die Grundschule Marbach. „Das gehört zum pädagogischen Konzept für das Gebäude. So hat die Mensa beispielsweise mobile Möbel, die bei Bedarf beiseite gerollt und somit Raum für Spiele geschaffen werden können.“
Die Clusterzonen sind durch gläserne Wände von den Klassenräumen getrennt, sodass eine Verbindung und Transparenz zwischen den Räumen entstehen. Die Räumlichkeiten lassen sich ebenfalls leicht umgestalten und stehen somit mehreren Nutzungsmöglichkeiten offen. Äußerlich wurde versucht, die neue Grundschule an die umliegenden Gebäude anzupassen.
Das Familienzentrum am Stadtwald und die Grundschule Marburg wurden von der Bundesarchitektenkammer für den Tag der Architektur ausgewählt. Die Beziehung zwischen Umwelt, Material, Mensch und Raum muss bei den ausgewählten Projekten im Mittelpunkt stehen, „damit für alle Lebensbereiche gute und nachhaltige Gebäude geschaffen werden, die auch zukünftigen Generationen als Fundament dienen“, wie die Bundesarchitektenkammer schreibt. Bezüglich der Auswahlkriterien hat sie auch den Austausch mit den Beteiligten sowie die Stärkung des Zusammenhaltes betont.

* pm: Stadt Marburg

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