Darum strahlen Perowskite hell? Ein Forschungsteam aus der Physik erklärt, wie Materialeigenschaften zukunftsweisender Halbleiter zustande kommen.
Es klingt paradox: Das Halbleitermaterial „Perowskit“ ist zu besonders hellem Leuchten fähig, obwohl sein Grundzustand auf dunklen Exzitonen beruht. Warum das so ist, hat ein europäisches Forschungsteam unter Marburger Leitung beleuchtet, indem es theoretische Vorhersagen und Messungen zur Deckung gebracht hat. Die Gruppe berichtet im Fachblatt „Advanced Energy Materials“ über ihre Ergebnisse.
Als „Perowskite“ bezeichnet man Metall-Halogenide mit einer bestimmten Kristallstruktur, die einfache Herstellung und geringen Materialaufwand mit einem hohen Wirkungsgrad vereinen. Deshalb gelten sie als zukunftsweisende Kandidaten für Solarzellen oder andere Anwendungen. „Perowskite sind für ihre überragende Licht-Materie-Wechselwirkung bekannt“, erläuterte der Marburger Physiker Prof. Dr. Ermin Malic, der die Forschungsarbeit leitete. „Wenn man sie durch Licht anregt, zeigen sie selbst bei frostigen Temperaturen eine überraschend intensive Emission.“
Bestrahlt man Perowskite oder andere Halbleiter mit Licht, so entstehen elektrische Ladungen aus je einem negativ geladenen Elektron und einem positiv geladenen Loch, das einem fehlenden Elektron entspricht. Fachleute bezeichnen ein solches Elektron-Loch-Paar als „Exziton“. Wenn Exzitonen zerfallen, emittieren sie Licht.
„Es gibt aber auch Elektron-Loch-Paare, die nicht leuchten“, legte Malic dar. „Daher nennt man sie dunkle Exzitonen. Obwohl man dunkle Exzitonen nicht sehen kann, können siedie Lichtemission von Perowskiten entscheidend beeinflussen.“
Warum leuchten Perowskite so hell? „Die überraschend effiziente Emission hat die wissenschaftliche Gemeinschaft verblüfft“, berichtete Malic. Um den Grund für die intensive Abstrahlung herauszufinden, bestimmte das Team die Exzitonen-Feinstruktur und die Aufhellung dunkler Exzitonen bei geschichteten Perowskiten in Anwesenheit magnetischer Felder.
Dafür nutzte das Forschungsteam eine Kombination von magneto-optischen Messungen bei niedrigen Temperaturen, die in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Paulina Plochocka am französischen Forschungsinstitut CNRS in Toulouse durchgeführt wurden, mit einer ausgefeilten Vielteilchentheorie, die in Marburg entwickelt wurde. „Indem wir in dieser gemeinsamen Theorie-Experiment-Studie das Verhalten von dunklen und hellen Exzitonen unter einem Magnetfeld verfolgten, haben wir den Ursprung der überraschenden hellen Exzitonenemission in Perowskiten geklärt“, berichtete Malics Mitarbeiter Dr. Joshua Thompson. Er ist der Erstautor der Studie.
„Unsere theoretischen Vorhersagen passen hervorragend mit den Messergebnissen zusammen“, führte Malic weiter aus. Demnach beruhen die beobachteten Effekte darauf, wie organische Schutzschichten im Perowskitmaterial beschaffen sind. Das lässt sich nutzen, um Perowskite für technische Anwendungen maßzuschneidern, wie der Marburger Physiktheoretiker ausführte: „Wir sagen voraus, dass die chemische Bearbeitung der organischen Schutzschicht die Emission grundlegend verändern kann.“
Malic leitet die Arbeitsgruppe „Ultraschnelle Quantendynamik“ an der Philipps-Universität. Daneben beteiligten sich Universitäten und Forschungseinrichtungen aus Frankreich, Polen, Schweden, Großbritannien und den Niederlanden an der Forschungsarbeit. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das polnische Nationale Zentrum für Wissenschaft haben beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler finanziell gefördert.
* pm: Philipps-Universität Marburg