Natur Bewahren: Goldene Ehrennadel für Jochen Friedrich

Zur Verabschiedung nach 35 Dienstjahren hat Fachdienstleiter Jochen Friedrich die goldene Ehrennadel der Stadt Marburg erhalten. Sie wurde ihm bei einer Feierstunde am Mittwoch (17. April) überreicht.
In seinen 35 Dienstjahren in der Stadtverwaltung hat Jochen Friedrich nicht nur das erste E-Auto in die Stadt gebracht und die Abfalltrennsysteme mitrevolutioniert, sondern war auch an der Einführung der Umweltzone, am Aufbau des Leihrad- und Carsharing-Systems und vor allem aber am ambitionierten Klimaaktionsplan 2030 für Marburg beteiligt. Bei der offiziellen Verabschiedung des Fachdienstleiters für Umwelt-, Klima-,
Naturschutz und Fairer Handel in die Altersteilzeit überreichte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies ihm die Goldene Ehrennadel der Universitätsstadt.
„Jochen Friedrich hat unsere Stadt verändert und im Klima-, Umwelt- und Naturschutz weit vorangebracht“, würdigte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies den langjährigen Leiter des Fachdienstes Umwelt-, Klima, Naturschutz und Fairer Handel bei der Feierstunde zur Übereichung der Goldenen Ehrennadel der Universitätsstadt. „Im Laufe seiner Dienstzeit hat sein Aufgabenspektrum eine dramatische Zunahme erfahren. Trotzdem hat er alle Aufgaben mit großem Engagement. Dafür bedanke ich mich – auch im Namen aller Bürger*innen.“ Geboren und aufgewachsen ist Friedrich in Marl. Unter dem Eindruck des –
durch den Steinkohleabbau und die Kokereien grau gefärbten – Ruhrgebiets kam Jochen Friedrich 1979 zum Studieren an die Philipps-Universität nach Marburg. Die Wahl des Studienfachs Geographie traf Friedrich, weil er sich besonders für Umwelt- und Naturschutz interessierte. Ab 1982 studierte er ergänzend das Fach Bodenkunde in Gießen, um sich tiefergehend mit der belebten Natur zu befassen.
Nach Abschluss des Studiums und einer zusätzlichen Ausbildung zum Umweltberater begann Friedrich seine Tätigkeit zunächst in der Gemeinde Cölbe. 1989 wechselte er als Diplom-Geograph in das damalige Umweltamt der Universitätsstadt Marburg. Als stellvertretender Fachdienstleiter für die Bereiche Umwelt und Natur und ab 2013 als Fachdienstleiter des Fachdienstes Umwelt-, Klima-, Naturschutz und Fairer Handel brachte Friedrich seine Expertise in zahlreichen Projekten in der Stadtverwaltung ein und prägt edamit die Universitätsstadt nachhaltig.
„Wir haben uns von Anfang an um ,Problemfälle‘ gekümmert, sei es die damals existierende Metallsammlung, die Verwertung von Elektroschrott, verunreinigten Bioabfall, Schadstoffe in Liegenschaften oder Luft- und Lärmprobleme“, beschrieb Friedrich seine Tätigkeit für die Stadt, ihre Natur, ihre Umwelt, ihr Klima und ihre Menschen. Lösungen fanden sich gemeinsam mit dem Team und anderen Fachdiensten teilweise auch in Kooperation mit dem Landkreis. „Eigentlich immer“, erklärte Friedrich. So wurde die Universitätsstadt zum Beispiel noch vor den heute gültigen gesetzlichen Regelungen zur Vorreiterin im Landkreis in der Beseitigung von Elektronikschrott, entwickelte die heute noch bestehende mobile Abfallberatung mit dem Team der Praxis gGmbH, veröffentlichte mehrsprachige Broschüren zur Abfall- und Wertstofftrennung und errichtete die Unterflursysteme für Glas an Orten in der Stadt, an denen ein oberirdischer Glascontainer keinen Platz findet.
Auch die Leitung des Klimaschutzes hatte Friedrich nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung (StVV) zur Ausrufung des Klimanotstandes 2019 inne. „In den Bereich Klimaschutz stecken wir aktuell viel Energie rein. Große Projekte waren und sind hier die Erstellung des Klimaaktionsplans 2030 und die zahlreichen Förderprogramme für Privatpersonen für Dämmung, Photovoltaik, Umstellung von Heizungen auf regenerative Energie, Elektroräder, E-Lastenräder und seit kurzer Zeit auch für Fahrradanhänger“, berichtete Friedrich.
„Viele schöne Erinnerungen verbinde ich auch mit den Aktionen zum ,Fairen Handel‘. Hier bin ich mit unglaublich engagierten Bürger*innen in Kontakt gekommen, die über positives Feedback zurückgespiegelt haben, dass wir den Nerv der Zeit treffen.“ Unter seiner Leitung wurde Marburg zur ersten Fairtrade-Stadt in Hessen und erreichte 2009 den ersten Platz im Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“.
Ein Bereich, der den Diplom-Geographen während seiner gesamten Dienstzeit beschäftigt hat, ist die Abfallwirtschaft. Friedrich wirkte bei der Erstellung der Abfallsatzung und der Einführung neuer Abfalltrennsysteme für Verpackungsmüll und Bioabfall mit. Ein weiterer Arbeitsbereich ist der Umweltschutz. Hier legte Friedrich großen Wert auf Umweltpädagogik, initiierte Exkursionen und Bildungstage an Schulen und Umwelterfahrungsangebote wie den Flusskindergarten an der Lahn, weil sich laut Friedrich „die Kleinsten am ehesten begeistern und motivieren lassen und das Gelernte anschließend mit ins Elternhaus tragen“.
Im Rahmen von Umweltaktionstagen sorgte Friedrich mit seinem Fachdienst dafür, dass in Marburg erste Elektrofahrräder und -autos ausgestellt wurden. Die nicht-serienreifen E-Autos hatten damals noch eine Reichweite von etwa 60 Kilometern. Im Bereich Mobilität setzte Friedrich früh auf Systeme für Carsharing und Fahrradverleih. Pionier in der Verwaltung war das Umweltamt zum Beispiel bei der Nutzung von Carsharing für Dienstfahrten – mittlerweile ist dieses Vorgehen bei allen Fachdiensten üblich.
Ein weiteres großes Projekt stellt die Kooperation zwischen der Studierendenvertretung der Philipps-Universität und den Stadtwerken Marburg (SWM) mit dem Fahrradverleih „Nextbike“ dar – mittlerweile können alle Menschen in Marburg – egal ob einheimisch oder zu Gast – die Räder in der ersten halben Stunde der Ausleihe kostenfrei nutzen. Eine Herausforderung, an deren Lösung Jochen Friedrich in 2016 und den Folgejahren maßgeblich beteiligt war, waren die deutlich überschrittenen Grenzwerte für Stickoxide, denen mit den klassischen Maßnahmen nicht mehr beizukommen war. Die Lösung waren die Einführung einer Umweltzone im Stadtgebiet und die Erstellung des „Green-City-Plans“, der die finanzielle Förderung von Maßnahmen durch die Bundesregierung ermöglichte.
Als Fachdienstleiter war Friedrich ebenfalls Leiter der Unteren Naturschutzbehörde. Die Mitarbeitenden der Unteren Naturschutzbehörde initiierten zusammen mit dem Regierungspräsidium (RP) Gießen in den vergangenen Jahren beispielsweise die vielbeachtete Renaturierung der Gisselberger Spannweite und realisierten die zugehörige Errichtung der Aussichtsplattform entlang des Radwegs von Cappel nach Ronhausen.
Bei der Feierstunde zur Verleihung der Goldenen Ehrennadel würdigten auch Bürgermeisterin Nadine Bernshausen, Personalratsvorsitzender Steffen Kloske, Kollegin Beate Zimmermann sowie Gerlind Jäckle als Geschäftsführerin der Praxis GmbH Friedrich für seinen langjähriges Engagement, seine Beharrlichkeit in der Sache und seine große Freundlichkeit und Verlässlichkeit sowie Authentizität in der Zusammenarbeit. Das gab der Geehrte dann auch zurück: „In diesem Raum sind heute Menschen zusammengekommen, mit denen ich an zahlreichen Projekten gearbeitet habe. Der Dank für diese Arbeit gebührt nicht nur mir, er gebührt uns allen zusammen.“
Vermissen wird Friedrich in seiner Freistellungsphase der Altersteilzeit und in seiner Rente vor allem die Begegnungen bei einem Kaffee mit den Kolleg*innen und die produktive Zusammenarbeit mit den anderen Fachdiensten. Seine zusätzliche Freizeit möchte er nutzen, um mehr Zeit mit seinem Enkel zu verbringen und als passionierter Radfahrer größere und vor allem mehrtägige Radtouren zu unternehmen.

* pm: Stadt Marburg

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