Den Ehrenbrief des Landes Hessen hat Bürgermeisterin Nadine Bernshausen zwei verdienten Marburger*innen überreicht. Mit großem Engagement haben sie sich für die Landsynagoge Roth und für alte Obstsorten eingesetzt.
Für den Erhalt der Landsynagoge Roth und für die Erinnerungskultur engagiert sich Dr. Annegret Wenz-Haubfleisch seit mehr als 25 Jahren. Für den Erhalt von alten Obstsorten engagiert sich Dr. Norbert Clement mit großem Einsatz. Beide haben für ihr ganz unterschiedliches – aber jeweils sehr wertvolles –
ehrenamtliches Engagement den Ehrenbrief des Landes Hessen aus den Händen von Bürgermeisterin Nadine Bernshausen erhalten.
„Oft wäre die gesellschaftliche Entwicklung, wie wir sie haben, ohne ehrenamtliches Engagement nicht möglich“, stellte Bürgermeisterin Nadine Bernshausen fest. „Das Ehrenamt erstreckt sich über alle Lebensbereiche und ist auch in unserer Stadt unglaublich vielschichtig und vielfältig. Unzählige Menschen setzen sich mit ganzer Leidenschaft in Bereichen ein, die ihnen besonders am Herzen liegen.“ Mit Wenz-Haubfleisch und Clement überreiche sie zwei Menschen den Ehrenbrief des Landes Hessen, „die sich in ganz unterschiedlichem Sinne für Geschichte, für Erhalt und Erinnerung einsetzen und beide auf ihre Weise seit vielen Jahren einen ganz wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten“.
Wenz-Haubfleisch war 1996 Gründungsmitglied des Arbeitskreises Landsynagoge Roth, ist seither Vorsitzende des Vereins. Von 1996 bis 1998 begleitete sie die Restauration der Landsynagoge Roth. „Ohne ihr Engagement könnte die ehemalige Synagoge heute nicht als Gedenkstätte genutzt werden“, erklärte Bernshausen.
Bereits seit 1980 pflegt Wenz-Haubfleisch einen engen Kontakt mit Überlebenden und Nachkommen der jüdischen Familien aus Roth. „Dabei hat sie einen sehr einfühlsamen Umgang mit den Nachfahr*innen oder mit noch lebenden ehemaligen jüdischen Mitbürger*innen“, sagte Bernshausen. Die Geehrte konzipiert darüber hinaus Ausstellungen, stellt Kontakte und Verbindungen her etwa mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätte und Erinnerungsinitiative zur NS-Zeit und zur Muslimischen Gemeinde Marburg.
2013 hat sie die Initiative zur Stolpersteinverlegung organisiert, Dazu schrieb sie auch die Gedenkbroschüre „Namen und Schicksale“. Außerdem ist sie Ansprechpartnerin für die Gesamtschule Niederwalgern und für die Ricarda Huch Schule in Gießen, die die Landsynagoge Roth als außerschulischen Lernort nutzen. „Es ist unglaublich, was du in den vielen Jahren alles für die Synagoge getan und was für einen Ort des Lernens und der Erinnerungskultur du dort aufgebaut hast“, erklärte Kreistagsvorsitzender Detlef Ruffert.
„Diesen Ehrenbrief nehme ich nicht nur für mich, sondern für alle an, die daran mitgewirkt haben und denen ich danken möchte“, sagte Wenz-Haubfleisch. Es sei wichtig, einen Ort wie die Synagoge als Stätte des Gedenkens und des Lernens zu erhalten und zu nutzen.
Clement setzt sich wie kaum eine andere Person für den Erhalt alter Obstsorten ein. Er ist seit 2019 Vorsitzender des Vereins „Streuobstfreunde Marburg“ und war bereits von 2003 an Vorsitzender des Vorgängervereins „Verein zur Förderung historischer Obstsorten Görzhausen“
Bürgermeisterin Bernshausen bedankte sich: „Ihnen ist es zu verdanken, dass mit alten Obstsorten auch ein Kulturgut erhalten bleibt.“ Clement trage Sorge dafür, dass mit diesen Sorten gezüchtet werden könne – was auch ein wichtiger Beitrag ist, um die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen.
„In den vergangenen Jahrzehnten hat Dr. Clement in mühevoller Arbeit hunderte – in Deutschland und auch in Hessen verschollene – alte Obstsorten aufgespürt und damit den Erhalt dieser Sorten gesichert“, berichtete Bernshausen. Außerdem ist der Geehrte auch der Initiator des Projekts „Hessenwiese“. Seit Herbst 1997 entstand an der Straßenecke „Zum Kalkberg“ und „Im Boden“ in Michelbach eine Streuobstwiese mit hessischen Obstsorten. Im Umriss des Bundeslandes Hessen, gekennzeichnet durch Hecken mit weißen oder roten Früchten, steht auf jeder Fläche jede Sorte dort, wo sie auch in Hessen stehen würde.
„Auch ich möchte die Ehrung an alle Anwesenden weitergeben, denn so etwas kann man nicht alleine machen“, erklärte Clement. „Es macht sehr viel Spaß, mit so vielen Beteiligten zusammenzuarbeiten und zu sehen, dass auch die jüngeren Generationen Interesse zeigen und mitmachen.“
Die Veranstaltung begleitete Clement mit seiner Band „Manesse Hopp“ musikalisch. Darunter waren auch zwei Lieder, die die Band extra zu Ehren von Wenz-Haubfleisch spielte.
* pm: Stadt Marburg