Immer weiter: Koreanische Delegation informierte sich über Teilhabe Behinderter

Eine Delegation aus Korea hat sich über Inklusion und Barrierefreiheit in Marburg informiert. Die Stadt gilt als orbildlich beim Umgang mit Behinderten.
Teilhabe für alle zu ermöglichen, ist eines der Ziele der Stadt Marburg. So setzt die Stadt seit Jahren verschiedene Maßnahmen um, um die Universitätsstadt und ihre Angebote barrierearm zu gestalten. Eine Delegation des „Namyangju Northern Daycare Center for Disabled“ aus Korea interessiert sich für eben diese Maßnahmen und hat das Sozialamt in Marburg besucht, um sich über die Maßnahmen der Stadt für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu informieren.
„Menschen mit Behinderungen möchten ein selbständiges Leben sowie gleichberechtigte Teilhabe“, sagte Fachdienstleiter Ansgar Rohner vom Fachdienst Soziale Leistungen der Stadt Marburg im Austausch mit einer Delegation des „Namyangju Northern Daycare Center for Disabled“. „Sie möchten die gleichen Dinge tun können wie Menschen ohne Behinderungen. Dafür müssen die Bedingungen geschaffen und die jeweiligen Barrieren abgebaut werden.“
Bei dem Center handelt es sich um eine staatliche Einrichtung in Korea, die sich der Arbeit mit Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen widmet. Die Delegation hatte verschiedene Städte in Deutschland besucht, um sich darüber auszutauschen, welche Wege die jeweilige Stadt geht, um Barrieren im Alltag zu beseitigen.
„Marburg scheint da schon sehr früh angefangen zu haben und daher sehr weit zu sein“, sagte Abteilungsleiterin Jeung Yeon Lee vom Namyangju Northern Daycare Center for Disabled. „Aus diesem Grund möchten wir unseren Schwerpunkt bei Marburg setzen und sehen, welche Maßnahmen wir auch bei uns umsetzen können.“
Rohner bestätigte diese Wahrnehmung: „In Marburg ist bereits ein hohes Bewusstsein für die Belange von Menschen mit Behinderungen und damit auch für deren Rechte zu beobachten.“ Das hänge zum einen damit zusammen, dass in Marburg Menschen mit Behinderungen in der Stadtgesellschaft sehr präsent seien. Zum anderen setzten sich Stadt, Politik und Zivilgesellschaft für die Belange von Menschen mit Behinderungen ein. So gibt es bereits seit 1997 einen Behindertenbeirat in Marburg, der sich für Behindertenthemen engagiert.
Der Behindertenbeirat setzt sich zusammen aus 16 gewählten Menschen mit Behinderungen und je einer Vertretung der gewählten Fraktionen des Stadtparlaments. Beratend gehören ein Magistratsmitglied, Vertretungen der Wohlfahrtsverbände sowie eine Vertretung des Sozialamts dem Beirat an. Der Beirat steht der Stadt Marburg und der Politik beratend zur Seite. Denn für die Stadt Marburg ist es wichtig, dass die Betroffenen selbst gefragt und beteiligt werden.
Um Teilhabe in allen Bereichen zu ermöglichen, müssen die Betroffenen die Möglichkeit haben, mitzuteilen, was Ihnen Probleme macht. Jede Behinderung ist anders und jeder Mensch mit Behinderung braucht etwas anderes. Über den Barrierenmelder können Bürger*innen beispielsweise Barrieren melden, auf die sie gestoßen sind.
Daneben arbeitet die Stadt Marburg daran, möglichst viele Gebäude barrierefrei zu gestalten. Bei Neubauten wird das bereits in den Planungen berücksichtigt. Bei Gebäuden im Bestand wird der Zugang zu Behörden beispielsweise für Menschen im Rollstuhl durch Rampen und Aufzüge ermöglicht.
Für sehbehinderte Menschen gibt es Leitsysteme auf dem Boden, Aufmerksamkeitsfelder, Tastmodelle, sprechende Aufzüge, Brailleschrift – zum Beispiel auf Tasten in der Aufzugskabine- etc. Zudem gibt es Bescheide in einfacher Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Bei Behördengängen und öffentlichen Veranstaltungen stellt die Stadt Gebärdensprachdolmetscher*innen bereit.
Durch die Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) wurden in Deutschland verschiedene Schritte zur Umsetzung von Barrierefreiheit eingeleitet. Dazu zählt unter anderem die Vorgabe, bis wann die Bushaltestellen in Deutschland barrierefrei ausgebaut sein müssen. Die Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr ist in Marburg durch verschiedene Maßnahmen sichergestellt.
Das sind die Ansage der Abfahrtszeiten, die an der Anzeigetafel zu sehen sind, Auffindestreifen an den Haltestellen für Blinde, sehbehindertengerechte Ausstattung in Bussen (Kontraste der Haltestangen zur Umgebung und die Ansage der nächsten Haltestelle). Für gehbehinderte Menschen ist der ÖPNV gut nutzbar, da es nur noch Niederflurbusse gibt. Damit das Ein- und Aussteigen mit Rollstuhl auch aus Niederflurbussen möglich ist, muss die Bushaltestelle eine entsprechende Höhe haben. Im Innenstadtbereich sind die meisten Bushaltestellen schon barrierefrei ausgebaut. Und jedes Jahr werden weitere Bushaltestellen barrierefrei umgestaltet. Zudem werden Fußgängerinnen und Fußgänger auch über einen Ton darüber informiert, dass die Ampel grün und es sicher ist, die Straße zu überqueren. Für blinde Menschen gibt es das Angebot eines Mobilitätstrainings durch die Deutsche Blindenstudienanstalt (BliStA), um sich in Marburg zurechtzufinden. Dies wird vom Eingliederungshilfeträger finanziert.
Außerdem bietet die Stadt Marburg einen Behindertenfahrdienst für Rollstuhlfahrende aus freiwilligen Leistungen an. Der Fahrdienst bringt sie innerhalb Marburgs direkt von Wohnungstür zu Wohnungstür, egal zu welchem Ziel in Marburg, ob zum Einkaufen, zu einem Ärzt*innenbesuch, einem Behördengang oder zur Teilhabe an einer Veranstaltung. Dafür können Betroffene Fahrscheine bei der Stadt beantragen, die sie bei den jeweiligen Taxi-Fahrer*innen abgeben. So gibt es beispielsweise Taxen, die so gebaut sind, dass ein Rollstuhl einfach hineinfahren kann, oder das Auto verfügt über eine Hebevorrichtung. „Das Angebot wird gut angenommen. Manche nutzen alle zwölf Fahrscheine, die sie im Monat nutzen können, andere nutzen diese nur ab und zu – eben nach Bedarf“, sagte Rohner.

* pm: Stadt Marburg

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