Die Philipps-Universität ist an zwei LOEWE-Forschungsprojekten beteiligt, die ab Januar 2018 vom Land Hessen eine Auslauffinanzierung erhalten. Das gab die Universitätsleitung am Mittwoch (6. Dezember) bekannt.
Der LOEWE-Schwerpunkt „NICER“ erforscht Kommunikationstechnologien im Krisenfall und erhält 710.599 Euro. Der LOEWE-Forschungsverbund „Medical RNomics“ will fehlerhafte Prozesse in RNA-Netzwerken analysieren und so Ursachen für Volkskrankheiten wie Tumor-, Infektions- und Herz-Kreislauferkrankungen besser erforschen. Dafür erhält er 700.000 Euro.
„Networked Infrastructureless Cooperation for Emergency Response“ (NICER) steht für eine Vernetzte infrastrukturlose Kooperation zur Krisenbewältigung. Krisen, Katastrophen und Großschadensereignisse werden durch Naturgewalt, menschliches oder technisches Versagen sowie Gewalt und Terror ausgelöst. Sie bedrohen Menschenleben, die öffentliche Sicherheit im betroffenen Gebiet und die Wirtschaft überregional.
Technische Infrastrukturen werden beschädigt oder fallen aus. „Der LOEWE-Schwerpunkt NICER erforscht, wie infrastrukturlose Informations- und Kommunikationstechnologie im Krisenfall Menschen vernetzen und damit eine Kooperation zur Bewältigung der Krise ermöglichen kann“, erklärte Prof. Dr. Bernd Freisleben vom Fachbereich Mathematik und Informatik der Philipps-Universität .
Dazu adressiert NICER drei Leitthemen: Die Etablierung autonomer, dezentraler und robuster „Kommunikationsinseln“, den Aufbau von „Kommunikationsbrücken“ zwischen Kommunikationsinseln sowie den Betrieb eines „Gesamtnetzes“ mit Diensten und Anwendungen zur Ermöglichung einer Kooperation in der Krisensituation. Für diese Themen erarbeitet NICER wissenschaftliche und technologische Grundlagen, um langfristig die Leistungsfähigkeit von infrastrukturloser Kommunikation zu steigern. Damit ermöglicht NICER für großflächige und komplexe Schadenslagen – trotz Infrastrukturausfall – die Kooperation zwischen den direkt betroffenen Menschen sowie zwischen ihnen und Rettungskräften sowie technischen Rettungs- und Hilfssystemen wie beispielsweise Rettungsrobotern.
Die Federführung des Vorhabens liegt bei der Technischen Universität Darmstadt. Neben dem Fachbereich Mathematik und Informatik der Philipps-Universität ist außerdem die Universität Kassel beteiligt.
„Die bisher erzielten Ergebnisse des LOEWE-Schwerpunkts NICER dokumentieren, dass der Verbund der drei beteiligten hessischen Universitäten eine internationale wissenschaftliche Führungsrolle auf dem Gebiet der infrastrukturlosen Kommunikationssysteme einnimmt“, stellte Freisleben fest. „Die Auslauffinanzierung durch LOEWE erlaubt uns, die gemeinsamen Arbeiten zur Kommunikation zwischen Rettungsrobotern, zur kooperativen Informationsverarbeitung, zur Erweiterung bestehender Notfall-Infrastrukturen und zur Etablierung mobiler Cloud-Dienste fortzuführen und langfristig zu verstetigen.“
Seit 2015 hat das Land Hessen den LOEWE-Schwerpunkt bereits mit rund 4,5 Millionen Euro gefördert. Die seit Förderbeginn im Kontext von NICER von den drei Partneruniversitäten zusätzlich eingeworbenen Drittmittel umfassen knapp 13 Millionen Euro.
Die Entdeckung neuer regulatorischer Ribonukleinsäuren (RNAs) hat die biomedizinische Forschung in den letzten Jahren revolutioniert. „RNA ist ähnlich aufgebaut wie DNA, kann aber vielseitigere Aufgaben übernehmen“, erläuterte Prof. Dr. Bernd Schmeck. Der Direktor des Instituts für Lungenforschung der Philipps-Universität ist stellvertretender Sprecher des Forschungsverbunds.
„RNAs können genetische Informationen in Proteine und damit Funktionen übersetzen“, fuhr er fort. „Sie sind außerdem an der Genregulation beteiligt.“ Dabei können allerdings fehlerhafte Prozesse auftreten, die zu Krankheiten führen.
„Durch die rasante Entwicklung von neuen Technologien der Hochdurchsatz-Sequenzierung können nun die gesamten Netzwerke regulatorischer RNAs und deren pathologische Veränderungen erfasst werden“, erläuterte Schmeck. Der LOEWE-Forschungsverbund will solche systemweite sogenannte „Medical RNomics“-Ansätze – auf wichtige Volkskrankheiten anwenden. Insbesondere denkt er dabei an Tumor-, Infektions- und Herz-Kreislauferkrankungen.
Das soll nicht nur neue Einblicke in die krankheitsverursachenden Prozesse erlauben, sondern vor allem neue diagnostische RNA-Biomarker liefern und neuartige Therapie-Strategien eröffnen. Die Federführung des Vorhabens liegt bei der Justus-Liebig-Universität Gießen. Am Verbund beteiligt sind neben den Fachbereichen Medizin, Biologie und Pharmakologie und dem Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (Synmikro) der Philipps-Universität die Goethe-Universität Frankfurt sowie das Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim.
„LOEWE Medical RNomics verbindet unsere medizinischen Schwerpunkte Infektions- und Krebsmedizin mit modernsten Methoden der RNA-Biologie“, sagte Schmeck. „Durch die exzellente Bewertung der Gutachter können wir nun die Ergebnisse unserer gemeinsamen Forschung zu neuen Diagnose- und Therapieverfahren weiterentwickeln.“
Seit 2015 hat das Land Hessen den LOEWE-Schwerpunkt bereits mit rund 4,4 Millionen Euro gefördert. Darüber hinaus wurden allein in Marburg über acht Millionen Euro an zusätzlichen projektrelevanten Drittmitteln eingeworben.
„Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz“ (LOEWE) ist der Titel des Forschungsförderungsprogramms des Landes Hessen. Die Landesregierung unterstützt mit dem LOEWE-Programm die Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Hessen bei ihrer weiteren Profilierung und der Umsetzung strategischer Ziele. LOEWE fördert herausragende wissenschaftliche Verbundvorhaben sowie insbesondere auch eine intensive Vernetzung von Wissenschaft, außeruniversitärer Forschung und Wirtschaft.
* pm: Philipps-Universität Marburg