Bäume bis Bücher: Drei Akte, drei Tageszeiten, drei Orte

im August 2023 findet wieder ein Open Ait Sommerprojekt von Theater GegenStand statt. „Von Bäumen & Büchern“ ist eine Outdoor-Performance-Oper.

Ihre drei Akte finden zu drei Tageszeiten an drei Locations statt. Dabei war der Ausgangspunkt des Projekts eine eher zarte Frage: Was bedeutet es, dass Bücher aus Bäumen gemacht werden?
Für die Bäume, aber auch für die Bücher und die Menschen, die in ihnen lesen – nicht zuletzt Geschichten über Pflanzen, Bäume, Tiere. Denn ja, auch für besonders edles, holzfreies Papier werden Bäume zu kleinen Holzchips und dann zu einer ziemlichen Pampe verarbeitet, bevor sie schließlich – Magic! – in gigantische Rollen oder Bögen von Papier verwandelt werden. Dieser zarten Frage nach dem poetischen und materiellen „Stoffwechsel“ zwischen Bäumen und Büchern geht das Projekt in drei verschiedenen Akten an drei verschiedenen Tageszeiten und – man ahnt es – drei verschiedenen Orten nach. Alle drei Akte sind für sich genommen jeweils als eigenständige Performance konzipiert.
Das heißt, dass niemand alle drei Akte sehen muss. Zumindest bleibt, falls das doch gewünscht ist, die Reihenfolge jedem und jeder selbst überlassen.
Die Akte folgen in groben Zügen und großen Sprüngen der Menschheitsgeschichte: Akt 1 empfängt die Zuschauenden zu einem performativen Rundgang in einem Waldstück oberhalb von „Tabor“ am Ortenberg in Marburg. Er beginnt in der Frühe des Vormittags.
Geplant ist 10 Uhr. Dieser erste Akt widmet sich der Frühe der Menschheit als „der Zeit, als wir alle noch in den Bäumen lebten und uns von Ast zu Ast schwangen“. Das war eine Welt vielleicht mit Sprache und Kultur, aber definitiv ohne Bücher.
Erarbeitet und aufgeführt wird dieser Teil nicht zuletzt mit Unterstützung zahlreicher junger Darstellender und vor allem in Kooperation mit dem Kindergarten Schröck. In einem gewaltigen Zeitsprung führt Akt 2 die Zuschauenden ins 19. Jahrhundert und zudem an einen besonderen Ort ehemaliger Naturverwertung: Das ist der Alte Steinbruch am Lollarer Berg.
Je nach Wetter wird dort gegen 15 Uhr entweder das üppige Wuchern von Bodendeckern und Flechten oder aber die bunte Trockenheit derselben in einen Wettkampf treten: mit der grandiosen Natur des Buches ¬und der Natur, wie Bücher sie in Texte und Verse bannen. Ein Wettstreit, von dem beide Seiten überzeugt sind, ihn gewinnen zu können.
Akt 3 schließlich versammelt alle gegen 20 Uhr um einen riesenhaften Stumpf einer wirklich dicken Buche am Wegrand der Schächerbachtour in Homberg an der Ohm, die einer Zündelei zum Opfer fiel. Das ist ein majestätischer, trauriger und erhabener Ort, an dem das Leben natürlich trotzdem weiterwuchert und gefeiert werden möchte. Im Dreisatz der Oper verbindet sich in diesem Akt die Zukunft mit der Vergangenheit.
„Es geht um die Bücher und Geschichten, die wir gelesen haben, die Familienbücher, die uns geprägt haben, und die Zukunft, die sie uns ins Buch des Lebens geschrieben haben. Abstammung, Verantwortung, solche Dinge“, schrieb Theater GegenStand am Montag (3. Juli) in seinem Ankündigungstext. Die ökologischen Fragen im Zentrum der Performance sind auch bei der Umsetzung der Performance ein anhaltendes Ausrufungszeichen. Das Team will keine Materialschlacht und keinen technischen Overkill.
Zumindest Letzteres sollte an Orten ohne Stromanschluss jedenfalls ein Leichtes sein. In Zeiten, in denen auch die Kultur sich fragt, wie so etwas wie „green culture“ aussehen kann, wird diese Outdoor-Oper zum Testfall. Die Oper will sich an die Gegebenheiten des am Ort Vorgefunden anpassen, muss die richtige Lautstärke finden sowie Rücksicht nehmen auf den Wald und leider auch die rauschenden Motoren der Stadtautobahn B3A.
Zudem hat sich das Team zum Ziel gesetzt, die manchmal überraschende und manchmal deprimierende Leistungsfähigkeit des regionalen öffentlichen Nahverkehrs im Rahmen des Projekts sichtbar zu machen. Rechtzeitig vor den Performance-Tagen im August werden sich auf der Projekt-Homepage www.theater-gegenstand.de/produktionen/grossprojekte/von-baeumen-und-buechern/ sämtliche Annäherungswege per Bus, Bahn, Fahrrad und zu Fuß wiederfinden. Sicher wird dann auch die eine oder andere Lücke deutlich, die mit der Bildung von Fahrgemeinschaften gestopft werden muss.
Auf der Projektseite werden sich zu gegebener Zeit ebenfalls Infos zur Barrierefreiheit wiederfinden sowie alle Informationen, die sich im weiteren Entwicklungsprozess Schritt für Schritt ergeben – wie beispielsweise die Namen aller Darsteller*innen sowie der Kooperationen mit Partnern vor Ort in Lollar und Homberg (Ohm). Gefördert wird das Projekt durch den Mittelhessischen Kultursommer, vom Fachdienst Kultur Marburg sowie der Sparkasse Marburg-Biedenkopf. Geplante Termine sind Samstag (5. August), Sonntag (6. August), Samstag (12. August) uns Sonntag (13. August).
Akt 1 findet dann jeweils ab 10 uhr im Wald oberhalb von Haus Tabor an der Dürerstraße statt. Akt 2 folgt um 15 Uhr im Alten Steinbruch am Lollarer Berg. Um 20 Uhr schließt das Tagesprogramm dann mit Akt 3 bei der Buche Schächerbachtour Homberg an der Ohm ab.

* pm: Theater GegenStand, Marburg

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